Überwiegend gute Stimmung im Berliner Mittelstand

Berlin ist eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen Europas. Als beliebter Geschäfts- und Forschungsstandort florieren einerseits bereits bestehende Firmen in der Hauptstadt, andererseits werden junge Unternehmen aus der klassischen wie auch der wissensbasierten Industrie von Berlin magisch angezogen. Das Ergebnis sind eine gute Wirtschaftslage und steigende Beschäftigungszahlen. Mit dem KMU-Report 2014 liefern Creditreform Berlin und die Investitionsbank Berlin im vierten Jahr in Folge relevante Zahlen zur Berliner Wirtschaft in Form eines branchen-übergreifenden Stimmungsbarometers des Berliner Mittelstandes (Kleine und Mittlere Unternehmen/KMU)

Wirtschaftswachstum und kein Ende? Das könnte beinahe der Eindruck sein, der entsteht, wenn man die Erfolgsmeldungen der letzten Monate rund um die Berliner Wirtschaft betrachtet. Um jedoch belastbare Aussagen treffen zu können, braucht es genaue Zahlen. Die Creditreform Berlin Wolfram KG und die Investitionsbank Berlin haben auch in diesem Jahr wieder eine repräsentative Erhebung zur aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Situation von Berliner Firmen durchgeführt. Wie schon in den Vorjahren haben über 1 000 in Berlin beheimatete Mittelstands-Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Handel, Dienstleistungen und Bau bei der Befragung mitgemacht und über ihre Standorteinschätzung, geschäftliche Zufriedenheit und ihre Zukunftspläne Auskunft gegeben. Wie ist die Lage aktuell, und welche Erwartungen verbindet man mit der Zukunft? Der Report liefert Ergebnisse, Bewertungen und Prognosen und erlaubt somit eine verlässliche Interpretation der wirtschaftlichen Stimmungslage.

2013 war ein gutes Jahr für die mittelständische Wirtschaft in der Bundeshauptstadt – Berlins Bruttoinlandsprodukt legte um 1,2 Prozent zu. Wie wird die Entwicklung in diesem Jahr sein? In den vergangenen Monaten ist das gesamtwirtschaftliche Umfeld sogar noch freundlicher geworden. Das liegt nicht zuletzt an dem milden Winter, der etwa die Bautätigkeit in der Stadt durch geringe Beeinträchtigungen begünstigte. Vor allem aber daran, dass die unternehmensnahen Dienstleistungen, die mehr als 20 Prozent der Berliner Umsätze insgesamt ausmachen, im ers-ten Quartal 2014 mit 5,9 Prozent kräftig gestiegen sind. Allerdings zeichnen sich auch neue Risiken ab – Stichworte sind hier Rente mit 63, Ukraine-Krise oder Energiewende. Wie beurteilen also die kleinen und mittleren Unternehmen Berlins die Entwicklungen der letzten Monate? Sind Unterschiede zur Einschätzung des Vorjahrs festzustellen? Wie sehen die Pläne der Unternehmen aus? Und haben sich die Finanzierungsbedingungen verbessert oder eher verschlechtert? 

Die Stimmung stimmt

Nach der aktuellen Konjunkturlage befragt, bezeichneten mit 58 Prozent mehr als die Hälfte der Unternehmen ihre Lage als „sehr gut“ oder „gut“. Die Einschätzungen der Berliner Firmen liegen damit im Bundestrend. Eine günstige Wirtschaftslage war besonders im Baugewerbe auszumachen. Die Aussagen der Dienstleister sind etwas zurückhaltender als im Vorjahr. 

Jedes zweite befragte Unternehmen erzielte ein Umsatzplus (50,6 Prozent). Einbußen beim Umsatz mussten dagegen 18,1 Prozent der Unternehmen hinnehmen. Damit war die Umsatzentwicklung etwas weniger dynamisch als im Jahr zuvor. 

Mehrheitlich positive Erwartungen

Der Berliner Mittelstand geht zuversichtlich von einer Fortsetzung des Aufschwungs aus. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen (44,8 Prozent) rechnet mit einem Umsatzplus in diesem Jahr. Eine große Zahl zuversichtlicher Meldungen kommt aus dem Dienstleistungssektor und dem Handel. Vor diesem Hintergrund erscheint die Einstellungsbereitschaft in 2013 etwas verhalten: Mit 32,3 Prozent gibt zwar rund ein Drittel der Befragten an, im Jahresverlauf die Mitarbeiterzahl aufgestockt zu haben, das ist aber ein Rückgang um gut vier Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. 

Dagegen ist der Anteil der Unternehmen, die ihren Personalbestand verkleinert haben gegenüber dem Vorjahr leicht auf 12,2 % angestiegen. Die künftigen Personalplanungen der kleinen und mittleren Unternehmen sind weiter expansiv, allerdings weniger deutlich als im Vorjahr. Mit 26,7 Prozent hat gut ein Viertel der Unternehmen eine Aufstockung des Personalbestandes angekündigt (Vorjahr 30,8 Prozent). Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe wird neues Personal benötigt, während die Personalplanungen der Dienstleister zurückhaltender sind.

Investition und Finanzierung

Die Investitionstätigkeit ist in der gesamten Breite des Mittelstandes hoch – 54 Prozent der Befragten haben ein Investitionsvorhaben geplant. Das ist zwar weniger als im Vorjahr (58,8 Prozent), liegt aber über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 52 Prozent. Auffällig ist ein starker Rückgang investitionswilliger Unternehmen im Handel. Die Ertragslage ist anhaltend gut: für 45,2 Prozent der Befragten lagen die Erträge im Jahr 2013 höher als im Vorjahr. Starke Einbußen gab es allerdings im Handel.  Die weitere Ertragsentwicklung wird insgesamt positiv eingeschätzt: 40,2 Prozent rechnen mit einem Plus, und nur etwa jeder Achte (12,9 Prozent) erwartet einen Rückgang, wobei der Handel hier deutlich pessimistischer ist als im Vorjahr.

Tendenziell verbessert haben sich die Eigenkapitalquoten im Mittelstand. Rund 26,7 Prozent der Unternehmen verfügen über eine Eigenkapitalquote von mehr als 30 Prozent (Vorjahr 24,9 Prozent). Die aktuellen Finanzierungsbedingungen werden von den klein- und mittelständischen Unternehmen weitgehend als „sehr gut“, „gut“, oder „befriedigend“ bezeichnet (56,8 Prozent; Vorjahr 51,8 Prozent). Die Bedeutung des Bankkredits als Finanzierungsquelle hat im Vergleich zum Vorjahr jedoch leicht abgenommen. Die Unternehmen setzen dafür mehr Eigenmittel ein.

Edith Döhring

59 - Sommer 2014