Achtung Elch!

In Brandenburg werden immer öfter Elche gesichtet. Mittlerweile gibt es einen Managementplan für die Einwanderer. Es war kaum zu glauben: Im Herbst vergangenen Jahres spazierte ein junger Elch am Stadtrand von Templin durch die Straßen. Zahlreiche private Videos zeugen davon. Das Stadtgebiet hatte sich ihm als einzige Fluchtmöglichkeit geboten. Auf einer nahe gelegenen Obstplantage ließ er sich die reifen Äpfel schmecken und fühlte sich zunehmend gestört. Eine Stadt geriet in Aufregung. Polizei und Feuerwehr wurden eingeschaltet. 

In Brandenburg schaffen es die Elche immer wieder auf die Titelseiten der Regionalzeitungen. Noch gehören sie hierzulande nicht wieder zum Alltag wie mittlerweile die Wölfe. Im vergangenen Jahr gab es 25 Elch-Beobachtungen. Dazu zählen Fachleute Sichtungen, Fährten, Totfunde und Unfälle, auch Mehrfachbeobachtungen sind nicht auszuschließen. Die Zahl also ist noch nicht hoch. Doch das könnte sich bald ändern. „In Brandenburg mit seinen Feuchtwiesen und weitläufigen Moor- und Bruchwäldern finden die Tiere ideale Lebensbedingungen“, so Andreas Kinser von der Deutschen Wildtierstiftung. Elche sind Einzelgänger und immer auf der Suche nach einem neuen Revier. Ob Elche in Brandenburg bereits Junge zur Welt gebracht haben, ist umstritten. Es gibt Quellen, die darauf hindeuten. Eine Elchkuh ist neun Monate trächtig und bringt ein oder zwei Junge auf die Welt. 

Die meisten der Elche sind zweifellos wie die Wölfe auch aus Polen zu uns gekommen, wo sich die Population bereits ausgebreitet hat. Bis zu 20 000 Exemplare der mächtigen Pflanzenfresser wurden im Nachbarland zuletzt gezählt, wobei die Angaben hierüber extrem schwanken. Als gute Schwimmer bildet die Oder für Elche kein unüberwindbares Hindernis. An Land bewältigen sie täglich größere Distanzen. Weil das so ist und die Tiere weder in Deutschland noch in Polen bejagt werden dürfen, wird in Brandenburg mit immer mehr Tieren gerechnet. In der Landesregierung gibt es deshalb bereits einen Elch-Managementplan. Dort wird unter anderem der richtige Umgang mit den mächtigen Huftieren beschrieben, um Problemen vorzubeugen. „Jedoch ist es nicht Ziel des Elch-Managementplanes, auf eine Ansiedelung oder Förderung des Elchwildes, beispielsweise mit gezielten Biotop verbessernden Maßnahmen, hinzuarbeiten“, heißt es.

Elche sind überaus imposante Tiere. Zoologisch gelten sie als die weltweit größten Vertreter in der Familie der Hirsche. So können männliche Tiere des europäischen Elches eine durchschnittliche Höhe von über zwei Metern und eine Körperlänge von bis zu zwei Meter siebzig erreichen. Allein der Schädel ist über einen halben Meter lang. Stolze 800 Kilo kann ein Elch schon mal auf die Waage bringen. Eine Besonderheit ist sein Geweih. Wie bei einheimischen Hirschen auch tragen nur die Männchen einen solchen Kopfschmuck. Anders als bei den Alaska-Elchen ist es allerdings kein ausladendes Schaufelgeweih, sondern ein eher bescheidenes Stangengeweih. 

Um ihren massigen Körper mit genug Energie zu versorgen, müssen die Elche fressen, viel fressen. An manchen Tagen kommen sie auf bis zu 40 Kilo Biomasse. Lieblingsspeisen sind die jungen Triebe von Laubbäumen, Blätter, auch Rinde und Wasserpflanzen. Wie viele Wiederkäuer verbringen Elche sehr viel Zeit mit der Nahrungsaufnahme. Da sie im Winter einen großen Teil ihres Körpergewichts verlieren, müssen sie sich im Sommer genügend Energie- und Fettreserven anfressen, denn der nächste Winter kommt bestimmt. 

Mit diesen Ernährungsgewohnheiten hängt auch eines der Probleme zusammen, die mit der Rückkehr des Elches in Verbindung gebracht werden. Vor allem Waldbesitzer könnten den Verlust vieler ihrer jungen Bäume beklagen. Da die Zahl der Elche noch gering ist, musste bislang nicht über diesbezügliche Entschädigungszahlungen verhandelt werden. Ein anderes großes Problem ist die Verkehrssicherheit. Elche haben nämlich kein ausgeprägtes Fluchtverhalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Verkehrsunfälle verwickelt werden, ist deshalb relativ groß. Das weiß man nicht zuletzt aus Schweden. Entsprechende Zäune an Autobahnen wären angezeigt. „Es gelten dennoch dieselben Verhaltensregeln wie bei anderen Wildtieren auch: angemessene Geschwindigkeit, bei Sichtung abblenden, abbremsen und hupen“, so Kornelia Dobiáš, Leiterin der Forschungsstelle für Wildökologie und Jagdwirtschaft beim Landesbetrieb Forst Brandenburg. Sie ist auch die „Elch-Beauftragte“ des Landes und leitet das Monitoring, denn „die Maßnahmen müssen immer wieder an neue Situationen angepasst werden“.

Der Templiner Elch ist in Sicherheit. Ein Veterinär hatte ihn schließlich betäubt und er konnte in das nahe gelegenen Wildgehege Kleptow verbracht werden. Mittlerweile hat er Besuch bekommen aus Templin. Grundschüler haben ihm den Namen „Börni“ gegeben. Als Dank an den Tierarzt Ingo Börner, der sich um den Elch-Bullen gekümmert hat. 

Karen Schröder

 

Information
Wer einen Elch sieht, sollte das melden. Das Land Brandenburg stellt eigens dafür ein Online-Formular zur Verfügung. 

 

73 - Winter 2018