Die Aloe vera ist die wohl älteste Heilpflanze der Welt.
Seltsam, wie Dinge fast in Vergessenheit geraten und dann auf wundersame Weise mit Macht wiederkehren. So auch eine bescheidene, stachelige Pflanze, die in den Küchen unserer Großmütter ihr Dasein fristete und die Sie heute noch in Mexiko oder auf den Kanaren wild im Vorgarten wachsend finden können. Und bisweilen sehen Sie Einheimische, die sich ein Blatt abschneiden und den austretenden Saft auf eine Schnittwunde oder Verbrennung träufeln. Die Rede ist von der Aloe vera, genauer, da es zahlreiche Arten dieses Liliengewächses gibt, der Aloe vera Barbadensis Miller (oder Linné). Blicken wir weit zurück in die Geschichte: Wir finden sie erwähnt in altägyptischen Papyri, Hippokrates kannte und schätzte sie, Christopher Kolumbus führte sie auf seinen Reisen mit, den Indianern war sie heilig, die Araber kannten sie, und von dort wurde sie durch die Kreuzritter nach Zentraleuropa gebracht. Hier nahm sich Paracelsus ihrer an und berichtete über die „mysteriöse und geheimnisvolle“ Pflanze.
Eine erstaunliche Kontinuität, und eine erstaunliche Karriere für ein schmuckloses Wüstengewächs, welches heute einen Boom erlebt und selbst in Geschirrspülmitteln zu finden ist.
Einiges allerdings ist dabei zu beachten: Direkt unter der harten Schale befindet sich ein Stoff, der bitter schmeckt und unverträglich ist: das Aloin. Er ist auf jeden Fall zu entfernen, die wertvollen Substanzen stecken im Blattmark. Dies schmeckt leicht süßlich, aber es ist höchst sauerstoff- und temperaturempfindlich. Mittlerweile gibt es unzählige Aloe-Produkte auf dem Markt, teils zu astronomischen Preisen, leider achten nur wenige Hersteller auf die Empfindlichkeit des Marks und die Aloinfreiheit.
Was macht die Pflanze zu so etwas Besonderem? Der Saft aus dem Blattmark enthält unglaublich viele Substanzen, deren Zusammenwirken bis heute noch nicht wissenschaftlich ausdefiniert ist. Er kann innerlich und äußerlich angewendet werden, und sein nahezu hautidentisches Polysaccharid fördert und beschleunigt natürliche Regenerationsprozesse. Er wirkt so wie ein natürlicher Feuchtigkeitsbrunnen, frisch, regenerierend und aktivierend. Eine wichtige Substanz dieser Pflanze ist auch das Acemannan, welches in den ersten Lebensjahren vom menschlichen Körper selbst gebildet wird und eine wichtige Rolle in der Immunabwehr spielt. Bemerkenswert ist auch, dass Menschen über Jahrtausende von der Aloe vera so überzeugt waren, dass sie weltweite Verbreitung fand und dass es eine Fülle positiver Erfahrungsberichte gibt. Da es schulmedizinisch nur wenige auswertbare Ergebnisse gibt, bleibt es jedem überlassen, sich zu informieren und auszuprobieren.
Rainer Sommer