Paradies für Wasservögel und Naturliebhaber

Das Untere Odertal am östlichen Rand der Uckermark ist Deutschlands einziger Auennationalpark und das erste grenzüberschreitende Großschutzgebiet mit dem Nachbarland Polen. Der Nationalpark wurde 1995 eingeweiht und umfasst eine Fläche von 10323 Hektar. Das Gebiet gehört zu den artenreichsten Lebensräumen Deutschlands und zieht das ganze Jahr über Besucher an.

Naturliebhaber fühlen sich besonders angezogen. Denn das Untere Odertal mit seinen Auenlandschaften und dem Wasserreichtum gehört zu den attraktivsten Landschaftsgebieten Brandenburgs. Etwa zwei Autostunden von Berlin entfernt ist der erste Auen-Nationalpark Deutschlands hierzulande einer der artenreichsten Lebensräume. Um ihn nicht zu gefährden, wird auf sanften Natur-Tourismus gesetzt – das ganze Jahr über. So locken Kranichwochen im Herbst und Singschwantage im Januar jeweils tausende Besucher an. Zu Fuß, auf dem Rad und mit dem Kanu kann man die Natur im Odertal am besten erkunden. Dank Nationalparkstatus herrscht hier echte Wildnis – ein gutes Ziel für Stadtmenschen, die die Weite der Landschaft und die große Naturvielfalt schätzen. Zu jeder Jahreszeit. Wenn die Polderflächen im Winterhalbjahr überflutet sind, bietet sich ein atemberaubendes Bild. Bäume trotzen den Wassermassen, und Äste ragen knorrig heraus. Immer wieder sind kleine grüne Schilfinseln auszumachen. Unterschiedliche Wasservögel wie Bless- und Saatgänse, Löffel-, Krick- und Reiherenten bevölkern als Wintergäste den Fluss. Im Sommer, wenn die Deiche wieder geschlossen sind, führen auf dem Auenpfad einige Plattenwege durch das Tal. Wer mehr sehen will, für den ist eine geführte Wanderung mit einem der Ranger eine gute Möglichkeit, die naturnahe Flussaue zu erkunden und sich seltene Sumpfpflanzen wie den Schwimmfarn oder die Krebsschere zeigen zu lassen.

 


Auf der deutschen Seite grenzen 13 Orte direkt an den Nationalpark an

 

Je nachdem, ob die Anreise per Bahn oder mit dem Auto erfolgt, bietet sich als Ausgangspunkt für einen Besuch des Unteren Odertals die Stadt Schwedt an. Zu DDR-Zeiten für seine Petrolchemie bekannt, trägt die Industriestadt heute den Beinamen Nationalpark-Stadt. Der zehn Kilometer südlich gelegene Ort Criewen ist Sitz der Nationalparkverwaltung und gut mit dem Auto zu erreichen. Dort erwartet ein frisch restaurierter Gutshof samt Lenné-Park die Besucher. Das Schloss, das einst der Adelsfamilie von Arnim gehörte, ist heute ein Tagungshaus. Nebengebäude beherbergen unter anderem Einrichtungen des Nationalparks. Seit 20 Jahren ist im ehemaligen Schafstall das Besucherzentrum untergebracht.

Die umfangreiche Ausstellung informiert lebendig und interaktiv über die Natur im Unteren Odertal. Mittelpunkt ist ein 15 000-Liter-Aquarium mit über zwanzig heimischen Fischarten. Neben Hecht, Aland, Rapfen, Zander und Quappe sind so kleine Arten wie Steinbeißer, Stichling und Bitterling zu entdecken. Insgesamt kommen in der Oder 49 verschiedene Fischarten vor. Mit 236 Arten ist auch die Vogelwelt im Unteren Odertal stark vertreten. Dank Bluebox-System können Besucher auf dem Rücken einer Wildgans das unbeschwerte Gefühl vom Fliegen erleben.

Aber das direkte Naturerlebnis übertrifft sicherlich die beste virtuelle Aufbereitung. Gerade im Frühjahr tschilpt und flötet es eindrucksvoll aus dem Schilf. Das warme „Üpüpüp“ der Rotbauchunke stimmt dann in das Konzert der Vögel mit ein. Empfehlenswert ist eine Tour Richtung Süden nach Stolpe, ob zu zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Besonders reizvoll ist der Wanderweg durch den Quellwald, der den schönen Namen „Weg der Auenblicke“ trägt. Ein Schild warnt vor umgeknickten Bäumen. Wildnis ist hier Programm. Der Weg schlängelt sich einige Kilometer durch den Wald, bergauf, bergab. Feuchtgebiete und Trockenrasen wechseln einander ab. Vorbei an der Fuchsquelle geht es auf einem ausgebauten Bohlenweg mitten durchs Biotop. An verschiedenen Stationen erfährt man Wissenswertes über Flora und Fauna. Auf halber Strecke nach Stolpe liegt der Ort Stützkow. Hier empfiehlt sich unbedingt eine kleine Pause, um die Aussicht zu genießen. Eine Möglichkeit dazu bietet sich vom hölzernen Aussichtsturm in Flussnähe. Oder man erklimmt die als Himmelsleiter bezeichnete Treppe und schaut von den Oderhängen hinab in die Landschaft, bis hinüber nach Polen.

Nach etwa zehn Kilometern erreicht man Stolpe. Hier befindet sich der sogenannte „Grützpott“, ein mittelalterlicher Wehr- und Wohnturm, eine zusätzliche Sehenswürdigkeit. Der Turm ist mit 18 Metern Außendurchmesser der wahrscheinlich stärkste Bergfried Deutschlands. Er lässt sich auch besteigen. Und wieder bietet sich eine großartige Aussicht über die Oder.

Das Fahrradcafé „Fuchs und Hase“ ist ein willkommenes Etappenziel direkt am Radweg. Auf der sonnigen Terrasse werden am Wochenende hier selbst gemachtes Eis, frisch gebackener Kuchen und lokale Speisen angeboten.

Karen Schröder

 

86 - Herbst 2021