Auch das ist Brandenburg: Tief eingeschnittene Täler, zu den Füßen schlängelt sich ein Bach, der auch zum Flüsschen werden kann. Statt Kiefern wachsen vor allem Eichen und Buchen. Es gibt geheimnisvolle Moore, stille Seen und saftige Wiesen: Wir sind im Schlaubetal, Deutschlands östlichstem Naturpark und einem der schönsten Bachtäler Brandenburgs. Namensgeber ist das Flüsschen Schlaube. Die Weichseleiszeit hatte einst das landschaftlich so vielfältige Tal als Glaziale Rinne geformt. So erinnert unweit des Ortes Kobbeln ein Riesen-Findling, der seinen Ursprung auf der Insel Bornholm hat, an das skandinavische Erbe. Jürgen Sobeck ist Wanderführer im Schlaubetal und kann sich eigentlich nur wundern, dass dieses so reizvolle Gebiet noch immer relativ unbekannt ist. „Nicht einmal unter den zehn beliebtesten Ausflugszielen der Berliner ist das Schlaubetal dabei“, sagt er.
Das Städtchen Müllrose ist das Tor zu diesem Landstrich, ein großer See grenzt unmittelbar an. Die schmucke Seepromenade und der Yachthafen bringen maritimes Flair in die Oder-Spree-Stadt. Der Müllroser See lässt sich auf einer neun Kilometer langen Wanderung umrunden. Wer länger bleiben will, dem ist das Hotel Kaisermühle zu empfehlen. Der frisch sanierte dreistöckige Fachwerkbau mit den liebevoll hergerichteten Themenzimmern ist idyllisch gelegen, direkt an der Alten Schlaube. Einen Besuch lohnt auch das Restaurant mit regionalen und mediterranen Speisen. Müllrose bietet sich als Ausgangspunkt für Tagesausflüge, Rundwanderungen und eine längere Tour quer durchs Schlaubetal an. Eine insgesamt 27 Kilometer Wanderung ist in etwa acht Stunden zu bewältigen. Denn die Talsrecken sind vom Deutschen Wanderverband als Qualitätsweg zertifiziert. „Wer es geruhsamer angehen will, kann auch Teilstrecken erwandern. In der Saison fährt am Wochenende und feiertags schließlich der Ausflugsbus A 400 durchs Schlaubetal", empfiehlt der Wanderführer Jürgen Sobeck.
Am Ostufer des Großen Müllroser Sees geht es los. Auf schönen Waldwegen hat man rechter Hand den See im Blick, links die Hügellandschaft. Durch die Wustrower Berge geht es bis zum tiefer gelegenen Belenzsee. Von dort aus ist es nicht weit zur Ragower Mühle, einer der schönsten Mühlen im Schlaubetal. Sie ist heute Restaurant, Pension und technisches Denkmal in einem. Auf der anderen Seite des Tals setzt sich der Pfad entlang der Schlaube fort. Es führt an einem Auwald vorbei, der vielen Pflanzen und Tieren Lebensraum bietet. „Etwas Besonderes sind die eigenwillig und skurril geformten Bauminseln auf der Schlaube und den Seen, durch die sie fließt“, schwärmt Jürgen Sobeck. Tausend Pflanzen- und 140 Vogelarten sowie zahlreiche Schmetterlinge leben im Naturpark. So finden sich im Schlaubetal die seltene Sumpf-Wolfsmilch, das Ebensträußige Gipskraut, der Fieberklee und das Sumpf-Herzblatt. Eisvogel, Drosselrohrsänger und Bekassine sind in der Landschaft ebenso zu Hause wie seltene Insekten. „Allein 380 der hier vorkommenden Tierarten stehen auf der Roten Liste“, sagt Sobeck.
Wem wieder nach Einkehr ist, der wird bald in der Gaststätte Kupferhammer auf seine Kosten kommen. Im Biergarten hört man die Schlaube plätschern. Hier ist sie ein wirklich munteres Bächlein. Nur vierhundert Meter sind es vom Kupferhammer bis zum Schervenzsee, dem saubersten See des Schlaubetals – perfekt auch zum Schwimmen und Baden. Am Kupferhammer geht die Wanderung auf der anderen Seite der Schlaube weiter: ein wenig noch am Bach entlang bis zum malerischen Langesee. Teppiche von Seerosen geben dem stillen Gewässer im Frühsommer eine impressionistische Stimmung. Danach geht es am Kleinen Schinkensee entlang, bis mitten im Wald auf einem Hügel das Forsthaus Siehdichum auftaucht. Zentral im Naturpark gelegen, beherbergt es heute eine Pension mit Gaststätte. Wie meist im Schlaubetal wird Hausmannskost angeboten und als regionale Spezialität die Mandelforelle.
Mit viel Auf und Ab geht es später am Großen Treppelsee entlang weiter. Vor der Bremsdorfer Mühle zeigt ein Wegweiser „Himmel und Hölle“ an. So heißt ein höher gelegener Beobachtungspunkt, von dem aus sich eine herrliche Aussicht bietet und sich auch Wasservögel gut beobachten lassen. Die Bremsdorfer Mühle ist ein großzügig gestaltetes Ensemble mit Jugendherberge, Restaurant und Biergarten. Besonders zu empfehlen ist es, hier Kaffee zu trinken, denn das Kuchen- und Tortenangebot ist überzeugend. Außerdem können ein paar Kalorien mehr nicht schaden, denn ab diesem Punkt wird es noch einmal „bergig“. An der Kieselwitzer Mühle verläuft der Weg wieder auf der anderen Seite des Tals. Die Wanderung endet an der Schlaubemühle, einem Informationszentrum des BUND Naturschutz und Lernort für Gruppen. Ganz in der Nähe fährt dann auch der Bus nach Jacobsdorf zum nächsten Regionalbahnhof.
Karen Schröder