Die ewigen Eisbären

Zum siebten Mal geht der deutsche Meistertitel im Eishockey nach Berlin – zum dritten Mal hintereinander.

Eine Party im kleinen Kreis wäre es ohnehin nicht geworden. Zu viele Fans und Weggefährten hatten sich schon angesagt für den 10. August. Dann feiert Sven Felski im Wellblechpalast von Hohenschönhausen seine Abschieds­party von der Bühne, die für ihn das sportliche Leben bedeutete: die Eisfläche. Mit Mirko Lüdemann, Marco Sturm, Christoph Ullmann und sogar Uwe Krupp werden alle ehemaligen und aktuellen deutschen Stars aus der NHL dem „ewigen Eisbären“, der für seinen Berliner Verein genau 1000 Pflichtspiele bestritten hat, die Aufwartung machen.

Nun hat die Veranstaltung zusätzlich Fahrt aufgenommen. Mit dem siebten Meistertitel in der Deutschen Eishockey-Liga, der erste ohne den vor der Saison wegen einer langwierigen Verletzung zurückgetretenen 38-jährigen Publikumsliebling, ist der Abschied von „Felle“ gleichzeitig der endgültige Ausklang der langen Feierlichkeiten. „In dieser Saison hat die Mannschaft richtig Charakter gezeigt. Als nach der durchwachsenen Punkterunde alle schon abgewinkt hatten, schweißte das die Jungs erst recht zusammen. Sie haben Großes geleistet“, streichelt der Altmeister seine Nachfolger für den dritten Meister-Coup in Folge.

In der Tat war der siebte Streich des DEL-Gründungsmitglieds der außergewöhnlichste und wurde deswegen Ende April tagelang gefeiert. Beim üblichen Autocorso durch die Innenstadt drückte die Polizei beide Augen zu, Klaus Wowereit bat die Kufen-Helden wie immer ins Rathaus. Zuvor verzeichnete die Bar „New York“ am Olivaer Platz den Umsatz des Jahres und die treuesten Fans der Liga huldigten ihrer Mannschaft bei einer eigens anberaumten Fete auf dem Meister-Eis.

„Es ist sicher immer mal möglich, Meis­ter zu werden. Aber die Eisbären verteidigten die Krone – das ist das Besondere. Denn als Champion wirst du gejagt, gegen dich geben alle hundert Prozent“, verdeutlicht der ebenfalls vor einem Jahr zurückgetretene Ex-Eisbär Stefan Ustorf die große Leistung der Mannschaft aus Hohenschönhausen. Beachtlich ist, wie die Berliner die Lücke der Routiniers Felski und Ustorf schlossen. „Das war vor allem der 85er Jahrgang. André Rankel, Frank Hördler, Jens Baxmann und Florian Busch spielen seit der Jugend zusammen. Sie haben das Team stabilisiert und mit einem überragenden Rob Zepp im Tor das Übergewicht ausgemacht“, analysiert Felski.

Und im Freudentaumel nach dem entscheidenden Finalsieg gegen die Kölner Haie waren alle Trotzreaktionen der Anhänger vergessen. Wie schon so oft hatte man nach mehreren miesen Partien Trainer Don Jackson in Frage gestellt, der nun seinen Vertrag verlängern will. Auch der Boykott zu Beginn der Playoffs, als die Fans wegen der Erhöhung der Eintrittspreise für die nächste Saison nach dem Eröffnungsbully die Halle am Ostbahnhof verließen, ist nach Gesprächen mit der Vereinsführung – und Einigung auf moderate Ticketpreise – ausgestanden.

Wenn am 10. August die große Schar der Berliner Eishockey-Familie im „Welli“ zusammenkommt, wird nicht nur dem Liebling Sven Felski ein grandioser Abschied bereitet. Die Eisbären stimmen sich gleichzeitig ein auf den achten Streich als Deutscher Meister.

Hans-Christian Moritz

 

55 - Sommer 2013
Sport