Ob sonnenhungrig oder Schattenliebhaber – endlich ist Sommer und das Leben kann sich nach draußen verlagern. Damit man sich auch unter freiem Himmel oder Vordach wohlfühlt, gibt es eine kaum überschaubare Fülle an Outdoormöbeln.
Die Zeiten, als eine weiche Wolldecke genügte, um ein Picknick im Freien zu genießen, sind genauso vorbei, wie jene des althergebrachten und schlichten Klappliegestuhls. Vorbei die Zeiten des Einfachen? Nein, eben nicht! Genau das Schlichte, Entspannte und Unkomplizierte macht auch weiterhin das „Draußenleben“ wohltuend. Man braucht nicht viel: Sonne, blauer Himmel, Wölkchen und Wind. Und der Stuhl zum Liegen, der aus dem Süden, zumindest aus den Gärten der Vorstädte, bis in die Innenstädte hineinwanderte, um dort jedes Fleckchen Kies in einen Strand zu verwandeln, der das Meer gefühlsmäßig so nah rückt, allein schon, weil seine zumeist farblustige Segeltuchbahn und das bisschen Holzgestell so viel Leichtigkeit versprechen, ist aus dem urbanen Sommerleben nicht mehr wegzudenken.
Er hat den allgegenwärtigen Plastikstuhl der Neunziger – Ausführung zumeist weiß – überlebt, ohne dass wesentlich an seiner Form herumlaboriert werden musste. Die Distinktionsfrage lautet in dem Fall gerademal Buche oder Teak. Aber wo ist der Plastikstuhl? Es gibt ihn noch. Etwa der Stapelstuhl „Supernatural“ von Moroso aus glasfaserverstärktem Polypropylen mit perforierter Lehne. Auch er lässt sich stapeln und ist nur ein Beispiel lässiger Aktualisierung des einstigen Allerweltsmöbels. Doch manch einer fragt sich, warum im Liegestuhl fläzen, aus dem man sich womöglich nur mühevoll herauswinden kann (wenn er nicht gleich samt Gestell mit einem zusammenklappt), statt im Sofa zu chillen und dabei einigermaßen Haltung zu bewahren? Das Designeroutdoorsofa ist der Star der Loungemöbel, ein elegantes Teil für den Außenbereich. Der Designer Stefan Diez erfand das Sofa „Tropez“ für die spanische Firma Gandia Blasco (ImmCologne 2013). Hier geht es nicht um den postmodernen Sofa-Gestus, mit dem Philippe Starck sein „Bubble Club Sofa“ (K ll), ein Zwanziger-Jahre-Zitat industriefein offerierte, sondern um einen Wohlfühltransfer dank des wetterfesten Polstermaterials, das innen und außen gleichermaßen lebbar macht und obendrein wiederum an die eleganten Zwanziger anknüpft.
Die Sofa-gleich-nach-draußen-Idee verfolgt etwa auch die italienische Firma Cassina, indem sie den Le-Corbusier-Stahlrohr-Klassiker allwettertauglich herrichtet. Designideen sprießen für den Außenbereich wie Sommerblumen auf der Spielwiese: Auf allen Ebenen wird geforscht und entwickelt: Materialtransfer, Zitate, Neuinterpretationen, Hybridisierung (z. B. Stühle als Leuchten), Funktionserweiterungen (vom Grillplatz zur kompletten Outdoorküche). Die Räume selbst wandeln sich oder erfahren Interpretationen. Eine Wiese aber bleibt eine Wiese! Und manchmal genügt ein Tapeziertisch samt Hockern für ein Fest unter Weiden. Will man aber Exotik, den „Dschungel“ hierzulande, dann greift man zu sonnentransparenten Hängealkoven (Patricia Urquiola), exotisch bunten Sitzsäcken, Kübelpalmen ...
Designer und Architekten werden nicht müde, immer neue Möbel für Balkon, Garten, Terrasse, Bar, Strand oder Park, für neue Lifestyle-Landschaften zu kreieren. Dabei auch Statements zu Einfachheit und die Besinnung auf natürliches Material. Etwa bei Chris Kabel und Tomas Kral. Sie entschieden sich nicht allein für Weichholz sondern fragten sich offenbar, warum nur herumlümmeln, wenn man doch gleichzeitig etwas herstellen kann, so wie die emsige strickende Tante früher beim Kaffeeklatsch. Ihre hölzerne Schwingschaukel (Droog Design), die spröde Schwester der Hollywoodschaukel, ist zur „Low Tech Factory“ umgedacht. Wer schaukelt, strickt sich einen Hut.
Andere Firmen (DEDON) verbindet man mit opulenten Loungelandschaften, mit Rattan und Schaumstoff, Relaxliegen, mit Dolce Vita samt Pool und Meerblick. Mehr denn je womöglich richtet sich der moderne Mensch, lange genug im Jahr aufs Innensein fixiert, im Freien ein und dann soll es – egal ob Landlust, Küste oder Stadt – einladend, ja behaglich und irgendwie natürlich auch schick sein, zumindest so wie noch vor wenigen Jahren Ron Arads weißer Schalensessel auf Alubeinen („Tom Vac“/ Vitra), auf dem man längst nicht nur in den Birkenanlagen der Tate Modern in London seinen Kaffee Latte schlürfte. Echte, vom Wind gezauste und von Wettern ausgeblichene, Korbmöbel kommen, so könnte man glauben, nur noch in Filmen oder in Omas Schrebergarten vor. In der smarten Zukunft werden sie beschleunigt wachsend sich durch Werner Aisslingers Aluminiumkonstruktionen selbst hindurch flechten. Das Korbmöbel von heute aber besteht aus Alu-Gestell und Synthetikfasern, etwa aus WaRoLace, in Lübeck hergestellt, oder wie der Hocker „Ferrat“ aus Sunlux und fürchtet weder Regen noch UV-Strahlen.
Ob weich geformt oder nunmehr auch eckig – Polyethylenganzkörper (zeitgenössisch der japanische Sessel „GOEN“ von Setsu & Shinobu Ito oder der knallbunte Sessel O-Nest von Terd Boontje/Moroso) haben eine Geschichte die zumindest bis in die Fünfziger zurückreicht, wo Eero Aarnio für seine runde Pastille den Amerikanischen Industriell Award erhielt. Auch schöne, Schatten werfende Netzstrukturen floral oder geometrisch und in jeglicher Materialbeschaffenheit erinnern an das vergangene Midcentury mit Harry Bertoias filigranem „Asymetric Chair“ aus den frühen Fünfzigern.
Anita Wünschmann