Der Unermüdliche

Freizeit ist ein Fremdwort für Hans-Jürgen Schatz. Neben seiner Karriere als Schauspieler und Rezitator widmet sich der gebürtige und überzeugte Berliner privat vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten. 

Sein Lebensmotto lautet: „Ohne Fleiß kein Preis!“ Wahlweise: „Sich regen bringt Segen!“ Solche altdeutschen Merksätze hat Hans-Jürgen Schatz verinnerlicht und hält sich daran.

Er ist ein Kreuzberger Gewächs, obwohl man ihn – seinem zurückhaltenden Auftritt nach – eher in Berliner Gegenden wie Westend, Grunewald oder Dahlem verorten würde. Journalisten haben ihm schon das Prädikat „Preußischer Saubermann“ verliehen. Das hört er nicht gern. „Ich bin zwar ein Perfektionist, aber kein Erbsenzähler“, stellt er richtig. Dagegen gibt er zu, „Berliner mit Leib und Seele“ zu sein. Als er am 10. Oktober 1958 zur Welt kam, wurde ihm nicht an der Wiege gesungen, später als Schauspieler Karriere zu machen. Obwohl – man hätte es ahnen können. Seine Mutter hat einmal gesagt: „Hans-Jürgen zottelte ja schon als Kind mit seinem Kasperle-Theater in die Schule, um seine Mitschüler zu unterhalten.“ Dieses Kasperle-Theater hatte ihm sein Vater gebaut, ein Maurermeister mit großem Zeichen- und Basteltalent. Schatz bewahrt es noch heute mit sämtlichen Handpuppen auf. Die aufgeschlossenen Eltern Schatz hatten auch keine Einwände dagegen, dass ihr Stammhalter schon als 13-jähriger Schüler des Kreuzberger Leibniz-Gymnasiums großes Interesse am Berliner Theatergeschehen zeigte. Mit 15 Jahren jobbte er dann nebenher als freier Mitarbeiter des RIAS. Unter anderem wertete er die Hörerpost des Senders aus. Sein Ziel war es damals noch, Journalist zu werden. Hans Rosenthal, der damalige Chef der RIAS-Unterhaltung, beschäftigte ihn gerne als „Vielzweck-Assi“. Schatz sagt heute: „Rosenthal gehört zu den Menschen, denen ich verdanke, was ich jetzt bin.“ Nach dem Abitur begann er Publizistik und Germanistik zu studieren, bis sein Leben eine völlig andere Wendung nahm. Die Schauspielerin Gabriele Schramm hatte sein Talent erkannt und schickte ihn, der nicht eine Stunde Schauspielunterricht genommen hat, zu seinem ersten Casting. Er gewann es mit Bravour. Schatz startete 1978 seine Karriere mit der männlichen Hauptrolle in dem Film „Flamme empor“. Kino-Filme und erfolgreiche TV-Serien folgten. Ebenfalls die elfteilige Chronik „Heimat“ von Edgar Reitz, in der er die Rolle des SS-Mannes Wiegand spielte, sowie 90 Folgen des Krimi-Hits „Der Fahnder“ an der Seite von Klaus Wennemann. Er brillierte in der Rolle des Bürokraten in den TV-Serien „Salto postale“, „Salto kommunale“ und „Salto speziale“. Trotz seiner Fernsehvollbeschäftigung vernachlässigte Schatz nie das Theater. Er spielte an bekannten Berliner und Münchner Bühnen mit berühmten Partnerinnen wie Sonja Ziemann und Anita Kupsch  und ging auf große Tourneen quer durch Deutschland. Frühzeitig erweiterte Schatz sein künstlerisches Angebot um Rezitationsabende und Lesungen. Er gastiert auch mit Musikern bei Konzerten, gestaltet Hörbücher wie „Der Zauberer von Oz“, das mit dem Preis der deutschen Schallplatten-Kritik ausgezeichnet wurde. Trocken bemerkt er: „Ich trete überall auf, wo man zwei Bretter über zwei Tonnen legen kann.“ Erstaunlicherweise mit dieser Fülle von Tätigkeiten noch immer nicht ausgelastet, widmet Schatz sich schon seit Jahren einem vielfältigen ehrenamtlichen Engagement. 2007 wurde ihm „in Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen Verdienste“ das Verdienstkreuz am Bande verliehen. Der Regierende Bürgermeister Berlins, Klaus Wowe-reit, hob beim Festakt im „Roten Rathaus“ insbesondere den Einsatz des Schauspielers für das Berliner Schloss Britz, die Max-Liebermann-Villa am Großen Wannsee sowie als Kuratoriumsmitglied des Vereins „Denk mal an Berlin“ hervor. Schatz ist ein Konservativer im besten Sinne. Deshalb kämpft er auch um die Erhaltung der beiden historischen Theater „Komödie und Theater am Kurfürstendamm“. Oft wird er gefragt, warum er sich so intensiv ehrenamtlich betätigt. Seine Antwort: „Darüber habe ich nie nachgedacht, sondern einfach gemacht, was ich für wichtig und richtig hielt.“ Schatz, der selbst mit scharfsinnigem Humor und schnellem Witz Berliner Art gesegnet ist, zählt Erich Kästner zu seinen Lieblingsdichtern. Und der hat gesagt: „Es gibt nichts Gutes – außer man tut es.“ In diesem Sinne handelt auch Hans-Jürgen Schatz.

Gudrun Gloth

 

56 - Herbst 2013