Premieren auf der IAA

Es kam schon so etwas wie Aufbruchsstimmung auf. Da hatte es ein bedeutender Autobauer tatsächlich wahr gemacht und seine Vorstellung von zukünftiger Mobilität in Form eines alltagstauglichen und zudem umweltfreundlichen Autos präsentiert: Die Weltpremiere des BMW i3 in diesem Jahr geriet zum Ereignis, über das die Branche ausführlich berichtete. Nicht etwa nur um des Elektroantriebs willen, der Kleinwagen verkörpere mit seiner ganzen Präsenz die Zukunft der innerstädtischen Mobilität. So wollten es zumindest die Protagonisten aus München verstanden wissen.

Auf der IAA nun hatten die zukünftigen Käufer, noch im Herbst steht der i3 bei den Händlern, die Möglichkeit, diesem Verständnis näherzukommen. Äußerlich besticht das eigentümliche, etwas futuristisch anmutende Design, im Inneren beeindruckt die Geräumigkeit des Kleinwagens. Dass die Karosserie vollständig aus Karbon besteht und auch die Sitze und andere Details dem Prinzip „Weniger ist mehr“ folgen sowie nachhaltige Materialien zum Einsatz kommen, macht den i3 nicht nur zum Leichtgewicht, sondern zu einem wirklichen Zukunftsautomobil. Der Akku mit 22 Kilowattstunden reicht für 160 Kilometer.

 


Der Einstieg ins Elektrozeitalter, VW e-up! [Foto: VW]

Die Ladestation für die heimische Steckdose wird mitgeliefert. Ausgerüstet mit einem Range Extender, ein 650er Benziner, fährt der i3 sogar 300 Kilometer weit bis zur nächsten Aufladung. Der Elektromotor leistet 170 PS und beschleunigt das Auto in 7,2 Sekunden von Null auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit wird mit 150 Kilometer pro Stunde angegeben. Für rund 35 000 Euro ist die reine Elektrovariante des i3 zu bekommen, mit Range Extender 5 000 Euro mehr.

Messepremiere hatte auch die Elektroversion des VW Up. Ebenso mit einer Reichweite von 160 Kilometern ist der Kleinwagen das erste voll elektrische Modell aus Wolfsburg. Zum Aufladen wird eine Schnellladestation mitgeliefert. Damit kann der Akku in 30 Minuten an der heimischen Steckdose aufgeladen werden. Er besitzt dann 80 Prozent seiner Ladekapazität. Der Elektromotor hat 55 PS, beschleunigt den e-Up in 12,4 Sekunden von Null auf Tempo 100. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 130 Kilometern pro Stunde. Mit einer für einen Kleinwagen überdurchschnittlichen Ausstattung bietet VW den Elektro-Up zum Preis von 26 900 Euro an.

 


Schneller Seriensportler, Ferrari 458 Speciale [Foto: Ferrari]

Ein ganz neues 308er Modell präsentierte Peugeot in Frankfurt. Außen wie innen ist das Kompaktauto nicht wiederzuerkennen. Basismotor ist ein Dreizylinder-Benziner mit 1,2 Litern und 82 PS. Der Verbrauch liegt bei 5 Litern. Auch zwei Dieselvarianten des neuen 308 sind bestellbar, natürlich mit sparsamerem Verbrauch. Der neue Franzose folgt ebenso wie der VW Golf der Plattformstrategie, d.  h., an den zukünftigen Modellen von Peugeot wird man das Baukastenprinzip wiedererkennen. Zum Preis ab 16 500 Euro ist der neue Peugeot 308 als Alternative zu deutschen Kompaktwagen angetreten. 

Komplett mit neuer Attitüde gab sich auch  Ferrari auf der IAA. Der italienische Sportwagenhersteller hat das Kunststück fertiggebracht, in Anlehnung an die beiden Modelle 458 Italia und 458 Spider einen noch schnelleren Seriensportler zu präsentieren, den 458 Speciale. Von Null auf Tempo 100 in 3 Sekunden, mit einer Motorleistung von 605 PS – mehr muss über dessen Sprintqualitäten nicht gesagt werden. Technisch noch innovativer als die bisherigen Supersportler der Baureihe, ist der Ferrari 458 Speciale auch aerodynamisch weiter optimiert.

 

Porsche-Doppel


 Nur fliegen geht schneller, Porsche 911 GT3 [Foto: © 2013 Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG]

Gleich zwei neue Modelle der 911er Baureihe kamen im Sommer zu den Händlern: der Porsche 911 GT3 im August und der 911 Turbo S im September.

Der GT3 beschleunigt zwar „nur“ – im Vergleich zum neuen Ferrari – in 3,5 Sekunden von Null auf Tempo 100, aber im Grunde ist er dem Italiener ebenbürtig, auch mit ähnlich hoher Querbeschleunigung, d. h., so unglaub-lich schnell und stabilsicher in den Kurven. Ganz neu ist im Übrigen die automatische Schaltung, die bislang beim GT3 fehlte.

Das Turbo-S-Modell allerdings scheint das derzeitige Nonplusultra der Baureihe zu sein, glaubt man dem Hersteller. Mit 560 PS erreicht der Sportwagen Tempo 100 in 3,1 Sekunden. Neu ist unter anderem ein dreiteiliger Frontspoiler, der dafür sorgt, dass je nach Geschwindigkeit der Druck auf die Vorderachse variiert. Dadurch ist der Wagen stets optimal ausbalanciert. Der einfache Turbo kommt erst im Dezember in den Handel.

 


 Modell 911 Turbo S [Foto: © 2013 Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG]

 

E-Offensive made in USA


Tesla Model S, der Akku-Roadster aus Kalifornien [Foto: Tesla Motors]

Der kalifornische E-Autobauer Tesla setzte mit dem Tesla Roadster das erste Ausrufungszeichen in puncto Elektromobilität. Der Supersportwagen, rein elektrisch angetrieben, kam 2008 auf den Markt und brachte der jungen Autofirma zunächst zwar nicht den Durchbruch, doch das technische Know-how beeindruckte die Autobranche nachhaltig. In 3,7 Sekunden beschleunigt der Sportwagen von Null auf Tempo 100. Seine Reichweite wird mit 400 Kilometern angegeben, dank eigener Hightech-Batterietechnik und konsequentem Leichtbau.   

In Deutschland wurden bislang nur etwa 300 Tesla Roadster zum Preis von 120 000 Euro verkauft.

Nun kommt auch das zweite Modell der Firma mit der Bezeichnung Model S nach Deutschland, eine Luxuslimousine mit reinem Elektroantrieb. Zum Preis von rund 70 000 Euro ist diese in der oberen Mittelklasse angesiedelt und hat so eher Chancen, breiter vermarktet zu werden. Die derzeitige Nachfrage bestätigt das. Vor allem die beachtlichen Reichweiten von 370 Kilometern für die 60-Kilowattstunden- Variante und 480 Kilometern für die 85-Kilowattstunden-Variante – das Model S wird mit zwei unterschiedlichen Akkus angeboten – veranlassten Tesla, die Limousine auch in Europa anzubieten. Vornehmlich hat die Firma solche Käufer im Blick, die Model S auch als Hightech-Produkt sehen. Anstelle der üblichen Bedienelemente fungiert ein großer Touchscreen auf der Mittelkonsole als zentrale Steuereinheit, die beispielsweise auch anzeigt, wo die nächste spezielle Schnellladestation ist und das Elektroauto in etwa 20 Minuten aufgeladen werden kann.

Diesem Vorstoß in Sachen Elektromobilität folgt auch die Traditionsfirma Detroit Electric. Angelehnt an Tesla, was die Technik betrifft, ist seit dem Spätsommer der Elektrosportler Detroit Electric SP auf dem amerikanischen Markt, zunächst limitiert. Offenbar mit ähnlichen Ambitionen wie die kalifornischen Autoerneuerer, sollen in Detroit reine Elektroautos die alte Firmentradition wieder aufleben lassen. Angetrieben wird der Electric SP von einem Elektromotor mit 204 PS, der den Sportwagen in 3,7 Sekunden von Null auf Tempo 100 beschleunigt. Der Strom kommt aus einem Batterieblock, dessen Ladung für etwa 300 Kilometer ausreicht. Dann muss vier Stunden lang aufgeladen werden. Seine Höchstgeschwindigkeit wird mit rund 250 Kilometern pro Stunde angegeben. Mit Hilfe des Smartphones sind die meisten Bedienfunktionen steuerbar. Der Preis von etwa 135 000 Dollar orientiert sich an Teslas Roadster. Es ist zu vermuten, dass auch Detroit Electric zukünftig nicht ausschließlich Elektrosportwagen der Luxusklasse im Blick hat.

 


Etwa 300 Kilometer mit dem Detroit Electric SP bis zur nächsten Ladestation [Foto: © 2013 Detroit Electric Holdings Ltd.]

 

Autos vom Band


Tin Lizzy, auch Blechliesel genannt, wurde ein riesiger Verkaufserfolg [Foto: © Ford]

Vor 127 Jahren begann die Geschichte des Automobils mit einem Dreirad, das Carl Benz als Patent-Motorwagen Nummer 1 patentieren ließ. Seine Frau Bertha zeigte dann der Welt 1888, dass es möglich war, die Strecke von Mannheim nach Pforzheim in einem „Pferdelosen Wagen“ zurückzulegen. Für die massenhafte Produktion von Automobilen sorgte allerdings ein anderer: Henry Ford. Vor 100 Jahren veränderte er die Arbeitswelt in den Fabriken mit einer Erfindung, die für viele ein eigenes Auto erst erschwinglich machte, für die unmittelbar betroffenen Arbeiter aber oftmals zum Fluch wurde: die Einführung des Fließbandes 1913. 

Dadurch wurde die Montage des Motors in aufeinanderfolgende Arbeitsschritte unterteilt, wobei sich das Band taktweise von Arbeiter zu Arbeiter bewegte. Jeder Arbeiter führte nur die Montagearbeit aus, die die Geschwindigkeit des Bandes zuließ. Dauerte die Montage eines Motors des legendären Models T bis dahin etwa zehn Stunden, verkürzte der Takt des Fließbandes so die Zeit um etwa 40 Prozent. Henry Ford erkannte jedoch, dass das allein nicht ausreicht, um wirklich effektiv zu sein. So gab er auch den Zulieferfirmen entsprechendes Material und Maße vor und verzichtete auf ein eigenes Teilelager. Und er begann mit dem, was wir heute Plattformstrategie nennen: Alle Modelle hatten das gleiche Chassis. 1910 verkaufte die Ford Motor Company bereits fast 35 000 des Modells T, das später unter der Bezeichnung Tin Lizzy populär wurde, zum Preis von 780 Dollar. Zehn Jahre später waren es bereits knapp 5 Millionen. Der „Fordismus“, wie das System Ford in den 1920er-Jahren genannt wurde, verbreitete sich schrittweise auch in Europas Autoindustrie. Mit den preiswerten Autos vom Fließband war die Massenmobilität nicht mehr aufzuhalten. Die Ford Motor Company indes avancierte zum zweitgrößten Autobauer weltweit. Inzwischen sind die großen Zeiten des legendären Autokonzerns allerdings vorbei. Zwar hat der „Fordismus“ weltweit gesiegt, doch ist Ford heute nach Toyota, General Motors, Volkswagen und Hyundai nur auf Platz fünf zu finden.

Reinhard Wahren

 

56 - Herbst 2013