Der Technologiepark Adlershof gilt als einer der erfolgreichsten Wirtschaftsstandorte der Hauptstadt. Doch dem Vorzeigecampus fehlte bislang städtisches Leben. Immobilienentwickler sind dabei, das bald zu ändern.
Von einem „Zukunftsort mit internationaler Strahlkraft“ war einst die Rede. Tatsächlich haben sich bislang weit über 900 Unternehmen, darunter wissenschaftliche Einrichtungen, Institute der Humboldt-Universität und viele Start-up-Unternehmen im Technologie- und Medienpark Adlers-hof angesiedelt und es werden immer mehr. Nahezu 15 000 Beschäftigte arbeiten im Wissenschafts- und Technologiepark, der sich zu einem weltweit beachteten Hightech-Standort entwickelt hat.
Doch das rege Treiben versiegt in den Abendstunden und an den Wochenenden. Die Mitarbeiter und Studierenden verlassen den Campus, denn sie wohnen und leben in anderen Stadtbezirken oder im Umland. Um aber dem Anspruch, auch eine „Stadt der Wissenschaft, Wirtschaft und Medien“ zu sein, gerecht zu werden, nimmt nun das städtebauliche Konzept „Wohnen am Campus“ Fahrt auf. Unterschiedliche Bauträger und Projektentwickler verwirklichen auf dem 14 Hektar großem Areal zwischen dem Campus der Humboldt-Universität und dem Natur- und Landschaftspark Johannisthal ihre Vorstellungen von städtischen Wohnformen, die am Forschungs- und Technologiestandort wirkliches urbanes Leben befördern sollen. Dabei legte die für das künftige Wohngebiet verantwortliche Adlershof Projekt GmbH bei der Vergabe der Grundstücke besonderen Wert auf Bauträger, die nachhaltige Energiekonzepte bevorzugen, wie zum Beispiel die NCC Deutschland GmbH. Sie errichtet 52 Townhouses unterschiedlichen Typs zwischen Newtonstraße und Katharina-Boll-Dornberger-Straße mit jeweils sechs Zimmern, großen Dachterrassen und integrierten Garagen. Die sechs Meter breiten Häuser mit Wohnflächen von 191 bis 206 Quadratmetern erfüllen den Standard des Energie-Effizienzhauses KfW-70. Ende Januar öffnet das erste Musterhaus seine Türen.
Ein weiteres Wohnungsbauvorhaben realisiert der Berliner Projektentwickler immexa am Standort Abram-Joffe-Straße/Katharina-Boll-Dornberger-Straße. Die immobilien-experten-ag baut dort 24 barrierefreie und en-ergieeffiziente Eigentumswohnungen nach KfW 55-Standard auf einem 1 720 m² großen Grundstück, das an den Landschaftspark (ehemaliges Flugfeld Johannisthal) angrenzt. Die Wohnungen haben eine Größe von 50 bis 150 Quadratmetern. Bereits mit dem Projekt „Oktogon“ tat sich immexa am Standort Rudower Chaussee 44 hervor. Dominantes Gebäude in dem Büro- und Gewerbekoplex ist der „Tower B5“ mit sieben Geschossen an der Rudower Chaussee Ecke Hermann-Dorner-Allee.
Da der angestrebte städtebauliche Charakter des Entwicklungsgebietes alleinstehenden Einfamilienhäusern keinen Raum gibt, engagieren sich auch verschiedene Wohnungsbaugesellschaften. Beispielsweise plant die degewo 75 Mietwohnungen an der Abram-Joffe-Straße, die Charlottenburger Baugenossenschaft 112 Genossenschaftswohnungen am Groß-Berliner Damm.
Zufrieden mit der bisherigen Wohnsituation kann vor allem auch die Humboldt-Universität nicht sein. Die Hochschule ist in Adlershof mit sechs Instituten und 8 500 Studenten vertreten, Studentenwohnungen sind aber Mangelware. Langfristig sind 320 Appartements geplant.
Derzeit macht allerdings das neue Studentendorf Adlershof von sich reden. Vorbild ist das Studentendorf Schlachtensee, das auch ab Ende des Jahres den Betrieb und die Vermietung übernehmen wird. Die 377 Wohnplätze sind auf zehn Gebäude verteilt und liegen in unmittelbarer Nähe zu den naturwissenschaftlichen Instituten. Die Studentendorf Adlers-hof GmbH ist ein Joint Venture der Studentendorf Schlachtensee eG und der Schweizerischen CoOpera Sammelstiftung PUK.
Zu den Ersten, die sich am Projekt „Wohnen am Campus“ engagierten, gehören die Architektenbüros Deimel Oelschläger, dmsw und die ZOOM Architekten GmbH. Gemeinsam entwickelten sie das sogenannte Newtonprojekt, benannt nach dem Standort Newtonstraße. Baubeginn war im vergangenen Jahr. Aufgeteilt in neun Baukörper, wird eine Plusenergie-Siedlung entstehen, die mehr Energie erzeugt als sie selbst verbraucht. Sie umfasst Townhouses, Appartements, Gemeinschaftsräume und Grünflächen. Das Newtonprojekt als Baugemeinschaftsmodell ist geeignet für alle, die gemeinsam mit Freunden oder Gleichgesinnten generations-übergreifend bauen und wohnen wollen. Dass Adlershof mehr und mehr städtisches Flair bekommt, dafür sorgen natürlich auch der eigene Autobahnanschluss, der neue S-Bahnhof, die Straßenbahn und die Nähe zum Flughafen. Um jedoch die Wohn- bzw. die damit verbundene Aufenthaltsqualität in Adlershof wesentlich zu befördern, ist der weitere Ausbau der Rudower Chaussee als Hauptachse mit entsprechenden Dienstleistungs-angeboten und Geschäften unumgänglich. In dieser Hinsicht trieb bereits die ID&A Immobilien GmbH den Lückenschluss zwischen S-Bahnhof und Rudower Chaussee voran. An der Ecke Rudower Chaussee 9/Am Studio 27 dominiert das Büro- und Geschäftshaus „Air Campus Adlershof“. Mit seinem turmähnlichen Eckgebäude könnte es repräsentativer und städtischer nicht sein.
R.W.