Stammzelltherapie in Brandenburg – Klinik in Frankfurt (Oder) mit JACIE-Gütesiegel

Sie gilt als das medizinische Wundermittel des neuen Jahrtausends: Die Therapie mittels Stammzellen. In Fachkreisen war zu hören, dass neben Leukämie in Zukunft auch Parkinson, Diabetes und Herzkrankheiten durch das neue Verfahren behandelbar sein könnten.

Jüngere Forschungen der Medizinischen Hochschule Hannover geben zu der Hoffnung Anlass, dass sich zum Beispiel Stammzellen des Nabelschnurbluts durch genetische Veränderungen in anderes Zellgewebe weiter entwickeln könnten. Wissenschaftler träumen in dem Zusammenhang gern von der Züchtung körpereigener
Organe. Doch das ist tatsächlich Zukunftsmusik. Frühestens in zehn bis 15 Jahren werden konkrete Anwendungsmöglichkeiten erwartet. Viele der Forschungen stecken noch im Versuchsstadium. Ende offen. Für Dr. Susanne Mildner von der Seracell Pharma AG, einem Anbieter von Stammzell- und Gewebetechnologie jedoch schon heute ein Grund für Eltern, Nabelschnurblut einzulagern. Es seien bereits über 45 000 Nabelschnurblut-Transplantate aus Deutschland, Spanien, Italien und Serbien, die bei minus 170 Grad im Kryolager von Seracell in Rostock lagern. Seracell ist ein Anbieter auf diesem relativ jungen Markt. Marktführer auf dem Gebiet der Einlagerung von Nabelschnurblut ist das Leipziger Unternehmen Vita34 AG. Ebenso in Deutschland auf diesem Gebiet tätig ist die Münchner
eticur) GmbH.

Während diese Option für junge Eltern sicher noch Glaubensfrage oder auch eine Frage des Geldbeutels ist, ist die Stammzelltherapie bei bestimmten Krebserkrankungen bereits heute ganz reale Praxis. Bei bestimmten Leukämien gilt die Stammzelltherapie oft als einzige Heilungschance. „Hochrisiko-Leukämien lassen sich beispielsweise mit Chemotherapie sehr schlecht bekämpfen. Die Stammzelltherapie wirkt hier deutlich besser“, erläutert Prof. Michael Kiehl, Chefarzt am Klinikum Frankfurt (Oder). 

Als erste Einrichtung in Berlin-Brandenburg hat das Klinikum in Frankfurt im letzten Jahr das JACIE (Joint Accreditation Committee ISH-EBMT)-Gütesiegel erhalten, eine international anerkannte Auszeichnung für medizinische Versorgung in der Stammzelltransplantation. Für Chefarzt Michael Kiehl eine Bestätigung seiner täglichen Arbeit. „Eine JACIE-Zertifizierung hat für den Patienten zwei Vorteile. Zum einen kann er sich sicher sein, dass die Arbeit nach internationalen Qualitätskriterien erfolgt und der regelmäßigen Überwachung unterliegt. Zweitens kann ein JACIE-zertifiziertes Zentrum neben den deutschen und den europäischen Spendern auch auf Spender aus Nordamerika zurückgreifen. Nur mit diesem Siegel wird man von den amerikanischen Dateien als qualifiziert genug betrachtet. Für unsere Patienten steigt also die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender zu finden“, erklärt Kiehl. 

Seit zehn Jahren werden in Frankfurt (Oder) Stammzelltransplantationen durch-geführt. Zuletzt in Zusammenarbeit mit der ebenso JACIE-zertifizierten Seracell Pharma AG aus Rostock, die die Stammzellen für die Patienten aufbereitet. 

In Frankfurt (Oder) wird dabei sowohl mit Spenderstammzellen als auch mit patienteneigenen Stammzellen gearbeitet. Fremde Stammzellen werden vor allem bei bösartigen Erkrankungen des Blutes transplantiert, während die eigenen Stammzellen des Patienten unter anderem zur Behandlung des Multiplen Myeloms, einer bösartigen Erkrankung des Knochenmarks, eingesetzt werden. Doch so hoffnungsvoll die Stammzelltherapie stimmen mag, sie ist nicht ohne Risiken. In einer Veröffentlichung des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie Leipzig werden die häufigsten Gefahren benannt. Das größte Problem bei Spenderstammzellen sei, dass das damit implantierte Immunsystem aus einem fremden Körper stamme und sich daher auch gegen gesundes Gewebe des Patienten richten könne. Es könne zur Schädigung von Organen bis hin zum vollständigen Organversagen kommen. Zudem trete bei jedem fünften Patienten die Leukämie nach der Transplantation erneut auf. Die Leipziger Forscher suchen nach Antworten: „Große Hoffnungsträger sind dabei monoklonale Antikörper: Sie binden spezifisch an die Oberfläche von Immunzellen und verhindern eine unerwünschte Reaktion der Immunzellen gegen das Gewebe des Patienten“, sagt Dr. Stephan Fricke, Klinikarzt und Gruppenleiter am Fraunhofer-Institut. Somit könne man die Zellen bereits vor der Transplantation dahingehend modulieren, dass sie das gesunde Gewebe des Patienten nicht angreifen. 

Karen Schröder

 

58 - Frühjahr 2014