Berlin bewegen

Eine Gruppe von Berliner Unternehmern möchte die mittelständische Wirtschaft in der Stadt stärken und engagiert sich mit ihrer Initiative „Made in Berlin“ unabhängig und regierungskritisch für den Standort. Berlin vis-à-vis sprach mit Gründungsmitglied Joachim Spitzley.

Wie dynamisch ist Berlin für Sie?

Joachim Spitzley: Sehr! Berlin ist kreativ, chaotisch und bietet Freiraum. Aber Unternehmertum ist in der öffentlichen Wahrnehmung wenig präsent und wird eher ambivalent bis skeptisch betrachtet.

Was heißt für Sie nachhaltig handeln im wirtschaftlichen Sinne?

Als Unternehmer bedeutet nachhaltiges Handeln, nicht nur in Quartalen, sondern generationenübergreifend zu denken! Mitarbeiter und Unternehmer sollten sich als Vermögensverwalter verstehen, deren Aufgabe es ist, langfristig den Wert des Unternehmens mit kalkulierbaren Risiken zu steigern. Für uns als Berliner Unternehmen bedeutet „nachhaltig“ aus ökonomischen und ökologischen Aspekten, beim Einkauf nach dem Kieselstein-Prinzip in konzentrischen Kreisen, zuerst in Berlin, dann im Umland, dann in Ostdeutschland usw. nach möglichen Lieferanten zu suchen.

In der aktuellen Debatte zum Tempelhof-Entscheid und Oeynhausen bewegt Berlin sich bei den Kritikern eher Richtung Kleingärtnermetropole anstatt Weltstadt. Wie denken Sie, geht es mit dem Hype um die Hauptstadt weiter?

Wie jeder Hype, wird auch der Hype um Berlin mal zu Ende gehen. Bis dahin sollten wir die Zeit für Stadtentwicklung nutzen. Infrastruktur, Wirtschaftsförderung, Standortentwicklung, Wohnraum schaffen, Erholungsgebiete definieren, eine neue Baukultur entwickeln u. v. m. müssen von Politik und Bürgern geleis-
tet werden. Es ist noch immer nicht gelungen, Ost und West zusammenzuführen. Hier muss eine gemeinsame Version für die Hauptstadt Berlin entwickelt werden.

Was nervt Sie an Berlin?

Überbordende und ineffektive Verwaltung.

Und was schätzen Sie besonders?

Freiheit und Toleranz! Jeder kann nach seiner Fasson sein Leben gestalten!

Ihr Verein hat einen Förderpreis geschaffen, mit dem Sie Unternehmen auszeichnen, die mit ihren Produkten oder Dienstleistungen nachhaltig den wirtschaftlichen Standort Berlin stärken.

Mit unserem Siegel „Made in Berlin“ wollen wir auf die Vielzahl von tollen Menschen und Unternehmen in Berlin aufmerksam machen und diesen eine Heimat und ein Sprachrohr bieten. Der Verbraucher soll die Möglichkeit erhalten, sich für ein Produkt oder eine Dienstleistung „Made in Berlin“ zu entscheiden. Darüber hinaus verleihen wir einmal jährlich einen mit 3 000 Euro dotierten Förderpreis. Bewerben können sich engagierte Unternehmen, die mit ihren Produkten oder Dienstleistungen nachhaltig den wirtschaftlichen Standort Berlin stärken. 

Welche Leute sprechen Sie mit „Made in Berlin“ an?

Alle Unternehmer, aber auch Sportler, Künstler und Wissenschaftler, vom Start-up bis zum unbekannten Weltmarktführer, dem sogenannten Hidden Champion, vom kleinen Unternehmen bis zum großen Mittelständler. Wir verstehen uns als Stadtbürger, die frei, selbstverantwortlich und unabhängig vom politischen Mainstream, Lösungen für Berlin entwickeln.   

 

Information

Bewerbungen für den Förderpreis über: www.madeinberlin-ev.de
Die Verleihung findet im Rahmen des 2. Salons, Made in Berlin, am 9. September 2014, im Ephraim-Palais statt. 

 

59 - Sommer 2014