Im Garten Zu Hause

Ru-u-u-u-he! Vielleicht braucht der Mensch im Garten gar keine üpppige Blumenpracht, sondern nur: Ruhe. Eine Bambusbank vielleicht, darauf ein paar Kissen. Dazu Grün, wohldosiert. Wasser. Weniger ist mehr. Mit diesem Konzept wurde der Deutsche Reinhard Borsch gerade auf der Garten-Messe „Giardina“ in Zürich für seinen spektakulären Japan-Garten „Oase der Ruhe“ ausgezeichnet.

Weniger ist mehr! Obwohl Borschs Garten nicht gerade leer ist, im Vergleich zu einem üppigen deutschen Sommergarten ist er doch eine andere Kategorie. Zeitlos schön. Hier muss man nicht jeden Frühling überlegen, welche Blumensamen man kauft. Und ob irgendetwas im Trend liegt oder nicht. Menschen, die durch einen mit kluger und sanfter Hand angelegten asiatischen Garten schreiten, werden sich in hundert Jahren vermutlich noch genauso wohlfühlen wie heute. Woran das liegt? In der Liebe zur Perfektion. Und die ist häufig zeitlos. Wozu braucht ein Garten dann eigentlich Trends? Müssen auf dem Balkon die Blumen in den Farben der Saison blühen? Passend zur Handtasche, zu den neuen Schuhen und zum Nagellack? Ist das nun eine schreckliche Vorstellung oder im Gegenteil die Perfektion eines Menschenlebens? 

Wir sagen: Jedem seine Lieblingsblume! Und wenn die gelb oder himmelblau ist und nicht im Trend liegt – sei's drum. Aber Trends sind immer eine gute Inspiration. Es wäre Unsinn, jemandem zu empfehlen, dass er jedes Jahr seinen Garten neu gestalten soll. Ein Garten oder die Balkonbegrünung lebt schließlich auch davon, dass sie mit den Jahren wachsen dürfen, üppiger werden, ihre Pracht entfalten. Aber zwischendurch kann man ja ein paar Trendblumen streuen, die bei Gefallen länger bleiben. Einer der Haupttrends für diesen Sommer: Der Großstädter soll sich mit wenig Geld ein kleines Paradies schaffen. Gute Idee! Neu im Angebot sind zum Beispiel „MiniTrees“, die nur 50 Zentimer breit und zwei Meter hoch werden. Trotzdem muss man auf die erste Apfelernte warten. Und Geduld ist genau das, was vielen Großstädtern fehlt ... Schnelleren Erfolg versprechen Kräuter. Schnittlauch, Fenchel oder Petersilie zieren jeden Balkon oder Garten, natürlich sind es keine edlen Rosen, aber sie schmücken und man kann sie essen. Minze, Salbei und Rosmarin sind treue Küchengefährten und machen jeden noch so kleinen Balkon idyllisch. Und Lavendel gehört zu den geliebten Klassikern, er ist pflegeleicht und schön. Wer mehr Platz und Engagement hat, könnte noch Tomaten oder Kartoffeln pflanzen. Der Trend zum essbaren Paradies ist nun schon seit ein paar Jahren jeden Sommer wieder da, was dafür spricht, dass es sich um eine gute Idee handelt. 

Je kleiner die Fläche ist, die der Großstadtgärtner zur Verfügung hat, desto wichtiger ist natürlich eine genaue Planung. 

„Iss deinen Garten!“, empfehlen die Experten der beliebten Messe „Gartenträume“, die jeden Frühling in Berlin stattfindet. Aber vor dem Essen kommen die Mühen des Säens und Pflegens. Kräuter und Gemüse sind ein guter Anfang und auch auf kleinem Platz kann man ein Hochbeet anlegen. Ein Hochbeet ist ein kleines Wunder der Natur, das man sich selbst bauen kann. Es ist die perfekte Lösung für kleine Grünflächen, die Gartenarbeit konzentriert sich dabei nur auf einen sehr kleinen Raum. Auf rund 1,5 Quadratmetern bringt der kluge Hobbygärtner genau nach Plan so viele Pflanzen wie nur möglich unter, und wenn er alles richtig gemacht hat, kann er den ganzen Sommer lang Gemüse ernten. Die Philosophie: Mehr Ertrag pro Fläche, weniger Unkraut. Friedlich nebeneinander gedeihen Gurken, Bohnen, Zwiebeln, Möhren, Tomaten, Basilikum, Mangold, Radieschen, Paprika. Ein Hochbeet ist sozusagen der schlauste und kleinste Gemüsegarten der Welt. Grüner Tipp für Einsteiger oder Freunde des schnellen Erfolges: Wer nur ein bisschen Gemüse haben möchte, könnte auf seinem Balkon Tomaten pflanzen. Dann muss man nur noch hoffen, dass es ein Sommer mit viel Sonne wird. Es ist ein herrliches Gefühl, morgens in der Großstadt frische Tomaten für das Frühstücksbutterbrot zu ernten! Reisepläne sollte man dann allerdings nur schmieden, wenn man verlässliche Nachbarn hat, die täglich gießen. Noch ein Zauberwort: Das Insektenhotel. Ein zauberhafter Ort für kleine und große Kinder – und eine Oase für die kleinen Tiere. 

Ebenfalls eine gute Idee ist die Bepflanzung des Sandkastens, sobald die Kinder keine Sandkuchen mehr backen möchten. So haben die Kleinen gleich ihr eigenes erstes Beet, für das sie Verantwortung und Staunen übernehmen können. Wer gerne bastelt, kann eine Vogelscheuche entwerfen und bauen und sich den ganzen Sommer daran erfreuen. 

Die Briten, Meister der perfekten Gärten, haben erstaunlicherweise etwas gefunden, das sie sich von den Deutschen abschauen wollen: „New German Style“ ist die gute alte Blumenwiese, eigentlich keine deutsche Erfindung, aber hier genauso zu Hause wie in Italien, Schweden oder Griechenland. „German Style“ definieren die Engländer so: Rabatte mit einer wilden Mischung aus Gräsern, Stauden und Blumenzwiebeln. Warme Gelb- und Orangetöne werden dabei bevorzugt. Anlegen, wachsen lassen, genießen. Very easy – es lebe die Ringelblume!

Auch bei den Pflanzen gibt es natürlich Klassiker, Lavendel zum Beispiel sorgt für das Provence-Feeling an der Spree, Rosen gedeihen auch auf dem Balkon und Klassiker wie Geranien, Sonnenblumen oder Kapuzinerkresse sind pflegeleicht und zuverlässige Sommergefährten. 

„Hast du einen Garten und eine Bibliothek, dann hast du alles, was du brauchst“, erkannte der römische Staatsmann Marcus Tullius Cicero (106–43 v. Chr.). Hier ist unser Lesetipp: Ein besonders ergiebiges Gartenbuch ist „Garten Basics – Gärtnern für Anfänger“ von Mascha Schacht (Gräfe und Unzer, 160 Seiten, 16,99 Euro). Es ist das ideale Buch für Großstädter, die gerne gärtnern würden, aber nicht so genau wissen, wie das geht. Die Devise der Autorin lautet: „Gärtnern geht überall.“ Sie erklärt liebevoll alles vom Säen bis zur Ernte, nach Jahreszeiten geordnet.

Wer jetzt abends noch fernsieht, statt seine Tomatenpflänzchen zu hegen, dem können wir wirklich nicht helfen. Dem kann niemand helfen!

Silvia Meixner

 

62 - Frühjahr 2015