Von allem zu viel

Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke [Foto: Berlin vis-à-vis]

Plastik ist die Pest des 20. Jahrhunderts, sagt Schauspieler und Aktivist Hannes Jaenicke, bekannt aus vielen deutschen Fernsehproduktionen und den teils preisgekrönten ZDF-Dokus „Im Einsatz für ...“ 

Millionen Tonnen Müll treiben in großen Strudeln der Ozeane und bilden gigantische Inseln. Laut dem deutschen Umweltbundes-amt sind es bis zu 140 Millionen Tonnen Abfall, die in den Meeren liegen, schwimmen oder an die Küsten und Strände treiben. 

Für den Schauspieler und Autor, der sich privat für Umweltschutz, Menschenrechte und Tierschutz engagiert, ein guter Grund, der PET-Flasche den Kampf anzusagen. In Berlin treffen wir den 55-Jährigen  auf einem Hausboot am Tiergartenufer während eines Fotoshootings, das für Leitungswasser wirbt.

Sie gehören zu den wenigen deutschen Prominenten, die sich privat für Umweltthemen, Menschenrechte und Tierschutz massiv einsetzen,  haben zwei Bücher darüber geschrieben und sind an einer eigenen, überaus erfolgreichen  Fernsehdokumentation beteiligt. Manche Medien verübeln Ihnen das.

Meine Arbeit kommt beim Publikum besser an als bei einigen Medien. Das liegt auch zum Teil an der Mentalität hier in Deutschland.  Man wird schnell als Gutmensch oder Weltverbesserer belächelt, wenn man sich als Prominenter engagiert. Oder einem wird PR in eigener Sache unterstellt. Mir geht’s nicht darum, was die Presse schreibt, sondern darum, etwas bewegen zu können. 

Wie erklären Sie sich negative Presse für eine gute Sache?

Das betrifft ja auch nur die sogenannten Leitmedien hierzulande, die sich einen Sport daraus machen,  mich regelmäßig zu verreißen.  Ich kann es sogar ein bisschen verstehen, die meis-ten dieser Kollegen schreiben selbst Bücher und dann kommt so ein  dahergelaufener Schauspieler und steht wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerlis-te. Ein Buch über den Papst oder Frau Merkel kann da nicht mithalten.   

Also der berüchtigte Neid der Deutschen ...

In Amerika ist das kein Thema. Als George Clooney sich für das Referendum im Südsudan engagiert hat, fanden die Deutschen das toll. Wenn Jan Josef Liefers nach Syrien fährt,  wird er von der Presse dafür geschlachtet, weil ihm unterstellt wird, PR für sich zu machen. Das ist die kranke Haltung der deutschen Medien, die immer mit Häme draufhauen und einem unlautere Motive unterstellen. 

Was ist Ihr Motiv,  gegen Plastik zu protestieren?   

Da ich Plastik für eine absolute Pest des 20. Jahrhunderts halte, die im 21. Jahrhundert  als solche immer noch nicht begriffen wurde, machen wir eine Antiplastikkampagne. In Deutschland greift das Thema immer noch nicht so wie im Ausland. In Irland kostet die Plastiktüte 50 Cent. Seitdem liegt der Pro-Kopf-Verbrauch auf der Insel bei 16 Tüten im Jahr, bei uns sind es fast 70, weil sie immer noch viel zu billig sind. In Teilen der USA sind Plastiktüten mittlerweile verboten und für PET-Flaschen gibt es eine Mindestgröße. Andere Länder sind längst weiter als wir.

Woran liegt das?

Zum einen am Lobbyismus hierzulande und auch am Verbraucher. Ein gutes Beispiel ist die Drogeriemarktkette dm. Dort wurden die Tüten abgeschafft und mussten wieder eingeführt werden, weil die Kunden sich beschwert haben. Es liegt also nicht nur an der Politik, sondern leider auch am Verbraucher.

So auch bei den Getränken aus Plastikflaschen? 

PET  ist eine völlig überflüssige Erfindung. Es ist ungesund,  das Wasser aus  den Flaschen schmeckt nicht und es ist ein Ölprodukt, das so gut wie nicht recycelbar ist.  Nur ein sehr kleiner Teil wird zu Rezyklaten verarbeitet. Hinzu kommt, dass 96 Prozent des deutschen Trinkwassers sauberer sind als die meisten Mineralwässer und trotzdem schleppen sich die Leute mit Wasserflaschen ab. 

Was empfehlen Sie?

Einen  Wassersprudler anzuschaffen, wenn man kohlensäurehaltiges Wasser trinken möchte.  Das hat auch einen gesundheitlichen Vorteil, weil dann im Durchschnitt automatisch mehr Wasser getrunken wird. Man muss es ja nicht mehr nach Hause schleppen. Abgesehen von den Müllteppichen in den Meeren. Das sind unfassbare Bilder, an die die Leute natürlich nicht denken, wenn sie  sich an der Tankstelle kleine PET-Flaschen kaufen. Da muss etwas passieren. 

Sie engagieren sich für viele verschiedene Themen im Umweltschutz. Welche großen Organisationen finden Sie besonders unterstützungswürdig?

Ich finde die Arbeit von PETA großartig;  Sea Shepherd, die für die Rettung  der Wale vor Fangflotten kämpfen und die es seit jüngerer Zeit auch in Deutschland gibt, unterstütze ich aktiv. Und zu Greenpeace bin ich bereits als Teenager gegangen.   

Sie versuchen, Ihren Konsum einzuschränken. Fällt Ihnen das manchmal schwer? 

Das Problem ist, dass wir von allem zu viel haben. Je weniger ich besitze, desto besser geht es mir. Ich bin nicht besonders schick angezogen und habe auch keine Lust auf einen vollen Kleiderschrank. Man muss auch nicht immer das neueste Handy oder die neueste Kamera besitzen. Ich habe weitestgehend alles reduziert, weil ich auch viel reise. Man vereinfacht sich das Leben immens, wenn man aus diesem Konsumrausch aussteigt. 

Danke für das Gespräch. 

Ina Hegenberger

 

63 - Sommer 2015
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