Bulli – Die sechste Generation

Fünf Generationen lang gehörte der VW-Bus, ob als Kleinbus, geschlossener Kastenwagen, Kombi oder Pritsche, unübersehbar zum täglichen Straßenbild. Von schwindendem Absatz kann keine Rede sein, im Gegenteil: Im vergangenen Jahr wurde der T5, die letzte Generation, nahezu 180 000 Mal verkauft. Wiederum ein Rekordergebnis, das aber nicht etwa verwundert, denn eine Legende stirbt nicht – und der VW-Bus, mit Kultnamen „Bulli“, ist eine solche. 

Dennoch ist auch ein Kultauto sensibel zu behandeln, denn allzu leicht kann ein Mythos Schaden nehmen. Deshalb haben die Wolfsburger Autobauer lange überlegt, wann die Zeit für eine neue Generation reif ist. Seit 2003 wird der T5 produziert und ohne Not hätte es noch keiner Modellpflege bedurft, gäbe es nicht den Stichtag 1. September. Ab da muss jeder neu zugelassene Pkw in der EU die Abgasnorm Euro-6 erfüllen. Weil nicht alle Bullis als Nutzfahrzeuge das Werk verlassen, mussten also neue Motoren her. Für die VW-Ingenieure lag es natürlich auf der Hand, den Modellwechsel nicht auf einen Motorentausch zu beschränken. So gibt es beim neuen T6 nicht nur sechs neue Motorisierungen, vier Diesel und zwei Benziner, auch neue Ausstattungsdetails tragen zu einer erheblichen Aufwertung der neuen Generation bei. Beim Design war Fingerspitzengefühl nötig, denn Wiedererkennungseffekt und Akzeptanz sind bei Sympathiemodellen entscheidende Kriterien. Mit der bullig wirkenden Bugschürze und dem sonst kantigen Design bei der Pkw-Variante sind die Designer dieser Vorgabe weitestgehend gefolgt. Zusammen mit der Zweifarblackierung ist die Verwandtschaft mit dem Samba-Bus der ersten Generation nicht zu übersehen. Insofern profitiert der T6 immer noch vom Mythos des legendären T1 Samba, der damals die perfekte Umsetzung des Lebensgefühls der 1950er-Jahre verkörperte. Zur ersten Automobilausstellung nach dem Krieg wurde das Modell in Frankfurt 1951 vorgestellt. Als Kleintransporter galt der Bulli in den 1960er-Jahren als Symbol des „Wirtschaftswunders“. Nachdem die Firma Westfalia den Auftrag erhalten hatte, den T1 wohnlicher zu gestalten, war dann der Bulli auch als Campingbus, bald mit umklappbarer Rückbank, Kocher, Kühlbox und Wassertank ausgerüstet, geboren – und sein Mythos, befeuert durch die bunt bemalten Hippiebusse in den 1960er- und 1970er-Jahren. Die von 1979 bis 1992 produzierte dritte Generation war die letzte Baureihe mit Heckantrieb. Der folgte ab 1990 mit dem T4 eine komplette Neukonstruktion, seit 2003 schließlich von der bislang letzten Baureihe T5 abgelöst. Der T6 wird mit Sicherheit die Erfolgsgeschichte des Bulli fortschreiben. Historische Modelle sind derzeit gefragter denn je, zumal sie ihr Oldtimer-Status vor jeglichen neuen EU-Normen schützt.   

 

Der Frauenversteher


Tesla hebt ab [Foto: David Dewhurst Photography]

Wenn es um Elektromobilität geht, kommt man derzeit am amerikanischen Elektroauto-Hersteller Tesla nicht vorbei. Mit dem Sportwagenmodell S betrat Tesla spektakulär die elektromobile Autobühne und legt jetzt mit dem Model X, einem SUV, nach. Angeblich sind dessen Vorbestellungen bereits so zahlreich, dass mit relativ langen Wartezeiten bis zur Auslieferung zu rechnen ist. Das neue Model X hat die gleiche technische Plattform wie das Model S, arbeitet mit zwei Elektromotoren und hat Allradantrieb. Die Energie wird von einer Batterie mit 60, optional auch 85 Kilowattstunden stundenweise geliefert. Spektakulär für diesen Geländewagen ist nicht nur dessen Beschleunigung – von Null auf Tempo 100 in unter 5 Sekunden –, auch die Flügeltüren, die das Einsteigen in die dritte Sitzreihe des Siebensitzers erleichtern sollen, verleihen dem SUV Exklusivität. Für den eigentlichen Hype um Tesla sorgten allerdings von Beginn an die besonders leistungsstarken Batterien, die Herzstücke der Elektroautos mit ihrer enormen Reichweite von bis zu vierhundert Kilometern. Derartige Batterien allerdings nur für E-Autos entwickelt zu haben, war dem umtriebigen Tesla-Gründer Elon Musk offensichtlich nicht visionär genug. Nun sollen die Batterien, unter dem Namen „Powerwall“ modifiziert, auch als Speicher für Solar- oder Windkraft-Strom in Haushalten Anwendung finden. Versuche, in Deutschland Solarstromspeicher an der Wand zu installieren, sind nicht neu, scheiterten aber bislang. Wenn sich nun Tesla berufen fühlt, sein Know-how für diese Art der Stromspeicherung zur Verfügung zu stellen, könnte das sogar teilweise die Energieversorgung revolutionieren. Denn alternativ erzeugten Strom in Gänze zu nutzen, ist ohne Speicherung nicht möglich. Der überschüssige Strom beispielsweise aus Solaranlagen kann in den Batterien gesammelt und 
später bei Bedarf genutzt werden.

 

Vorsprung verpflichtet


Das leichteste Auto seiner Klasse [Fotos: © Audi AG]

Als der Audi Q7 vor zehn Jahren seine Premiere hatte, stand da ein Schwergewicht von über zwei Tonnen. Dennoch füllte der Oberklasse-SUV eine Marktlücke, denn er verband sportlichen Habitus mit dem Premiumambiente einer Limousine.
Dass ein Nachfolgemodell jetzt dringend nötig war, hat zwei Gründe. Erstens musste der Q7 entschieden leichter werden und zweitens stimmte für die einstige Vorzeige-Geländelimousine der Werbespruch „Vorsprung durch Technik“ irgendwann nicht mehr. Im neuen Q7, der im Juni Marktstart hat, steckt deshalb leichteres Material und natürlich Technik vom Allerfeinsten: Damit der Vorsprung vor den anderen Premiummarken wieder stimmt. Allein die zahlreichen neuen Assistenzsysteme rechtfertigen den Anspruch, technisch wieder ganz vorn zu sein. Beispielsweise ist der neue Q7 mit einem sogenannten Effizienzassistenten ausgestattet. Im Zusammenwirken mit dem Navigationssystem ermöglicht er eine effektive Fahrweise. Das heißt, er erkennt Steigungen, Kurven, Geschwindigkeitsbegrenzungen u. a. im Voraus und gibt dann ein Signal ab, wenn Fahrweise und Kraftstoffverbrauch nicht optimal sind. Der Fahrer kann daraufhin die Geschwindigkeit drosseln oder das Signal ignorieren. Noch beeindruckender ist der Stauassistent. Er beschleunigt und bremst nicht nur auf mehrspurigen Fahrbahnen, sondern er lenkt auch selbstständig. Kameras und Radarsensoren lotsen so den Q7 sicher durch Staus und zähflüssigen Verkehr. Neu sind auch Ausstiegswarner und Querverkehr-Assistent. Der Ausstiegswarner warnt vor sich nähernden Radfahrern oder Autos, der Querverkehr-Assistent weist auf kreuzende Autos hin, beispielsweise beim Verlassen einer Parklücke. Wie viel neue Technik im Q7 steckt, zeigt sich allerdings auch am Preis. Der bewegt sich je nach Ausstattung zwischen 60- und 100 000 Euro. In diesem Jahr wird Audi den Q7 auch als Diesel-Plug-in-Hybrid anbieten, der in reinem Elektroantrieb bis zu 56 Kilometer weit fahren soll.

 

Neuer Platzhirsch


Fahrleidenschaft unter freiem Himmel [Foto: Alfa Romeo]

Es heißt, ein echter Sportwagen muss Emotionen wecken. Das beginne beim Design und höre beim Fahrspaß auf. Ein Alfa Romeo macht natürlich spontan neugierig, beim neuen 4C Spider stellt man allerdings keine Fragen mehr, da ist sogar so etwas wie Magie im Spiel. Dem Sportwagen sieht man unvermittelt an, dass er allein für den leidenschaftlichen Fahrer gebaut wurde, der einsteigt, startet und beschleunigt: Der Turbo-Direkteinspritzer mit 240 PS bringt den Spider in 4,5 Sekunden auf Tempo 100. Dann ist man derart infiziert, dass es schwer fällt, die Geschwindigkeit im Zaum zu halten. Immerhin ginge es bis 258 Kilometer pro Stunde. Mit dem nur 240 PS starken 1,7-Liter-Vierzylinder ist das mehr als beachtlich, aber nur deshalb, weil der Spider mit seiner Leichtbaukonstruktion weniger als eintausend Kilogramm wiegt. Damit hat er Supersportwagen-Qualität und hätte das Zeug, ein echter Konkurrent für die Platzhirsche zu werden, stünde dem nicht die geringe Produktionsstückzahl entgegen. Alfa Romeo liefert lediglich eintausend Stück pro Jahr aus.

 

Auffällig unauffällig


Offroader für leichtes Gelände [Foto: Citroën]

Französische Eleganz versprüht der Citroën Cactus wahrlich nicht. Eher wirkt er wie ein kleiner Offroader für leichtes Gelände: robust, widerstandsfähig, mit SUV-Attitüde. Kein Hingucker, könnte man meinen, doch das Gegenteil ist der Fall, und zwar durch eine kleine Applikation mit großer Wirkung: Lediglich seine sogenannten Airbumps, zwei Plastikpolster beiderseits an den Türen, verleihen dem sonst unspektakulären Auto etwas Besonderes. Rein praktisch sollen diese elastischen Plastikflächen als Stoßschutz vor Kratzern und kleinen Beulen beim Einparken oder im Straßenverkehr dienen; was ihre emotionale Wirkung betrifft, drücken sie allerdings unmissverständlich den speziellen Charakter des Cactus aus. Diese augenscheinliche Verbindung von Stil und Funktion wird noch durch die Dachträger verstärkt. Ansonsten wird beim Cactus die Kunst des Weglassens praktiziert: wenige Bedienelemente, flache Armaturentafel, keine üblichen Hightech-Features, gewichtsreduzierter Materialeinsatz mit unter eintausend Kilogramm Gesamtgewicht,  Benzin- und Dieselmotorisierungen mit Leistungsvermögen von nur 82 und 110 PS sowie 92 PS, Kraftstoffverbrauch nur 3,1 Liter Diesel und 4,6 Liter für den stärksten Benziner.
Citroën will mit dem Cactus nicht nur solche Käufer ansprechen, die Autos wie dem einstigen 2CV, der sogenannten „Ente“, nahestanden, sondern vor allem jene, für die aufwendige Technik keine Rolle spielt, ein freches Auto mit Geländewagen-Look Individualität verkörpert und preiswert ist sowie mit geringen Betriebskosten auskommt.

Reinhard Wahren

 

63 - Sommer 2015