Hier putzt Chef mit

Das Berliner Dienstleistungsunternehmen 3B setzt Maßstäbe in Sachen Mitarbeiterführung und Karrierechancen.

Dass Facility-Management mehr bedeuten kann, als Putzkolonnen durch Mietskasernen zu schleusen, zeigt das Berliner Dienstleistungsunternehmen 3B. Das auch den Namen 1A tragen könnte, schaut man auf den Beliebtheitsgrad des Unternehmens oder die unterschiedlichen Preise und Auszeichnungen, die es eingeheimst hat. Aber Namensgeber sind nun mal die drei Benthins. Jörg Benthin hat das Unternehmen 1982 gegründet. Seit einem Jahr hat er sich komplett aus der Geschäftsführung zurückgezogen und diese an seine beiden Söhne Thorsten und Timo abgegeben. Dennoch kommt er noch regelmäßig ins Büro. Dazu hat er all die Jahre zu viel Herzblut hineingesteckt. 

So ist 3B zu dem Unternehmen geworden, das es heute ist. Was zu dritt begonnen hat, zählt inzwischen 3300 Mitarbeiter, die sich auf acht Gesellschaften verteilen. Die Firma reinigt täglich über 150 Hotels und mehr als 2000 Gebäude. Und setzt dabei auf Kontinuität. „Wir wollen unsere Mitarbeiter  das ganze Jahr über beschäftigen – trotz der zahlreichen saisonabhängigen Außentätigkeiten“, so Thorsten Benthin.

Aber es wird nicht nur geputzt, auch wenn dieser Bereich den Löwenanteil ausmacht. Neben der Gebäudereinigung samt Glas und Fassaden zählen zum Beispiel auch der Hotelservice, die Grünanlagen- und Baumpflege, der Hausmeisterservice oder die ambulante Hauskrankenpflege zum Unternehmen. Bereits im Jahr 1991 expandierte das Familienunternehmen nach Dresden, 1996 nach Leipzig. Seit Mai dieses Jahres ist der Dienstleister ISO-zertifiziert: „Damit dies gelang, musste einiges optimiert werden“, sagt Thorsten Benthin, „aber es hat sich gelohnt.“ Der Unternehmer und sein Bruder haben es geschafft, als bester Arbeitgeber Deutschlands in ihrer Branche ausgezeichnet zu werden, im Januar 2015 hat das Magazin Focus diesen Preis vergeben. Die beiden machen es ihren Mitarbeitern aber auch nicht schwer, sich mit ihrem Unternehmen zu identifizieren. Wo sonst kann man schon mit seinem Chef gemeinsam auf Reinigungstour gehen? Man muss nur ein ungerades Jubiläum erreichen, für das es auch noch andere Annehmlichkeiten gibt, und schon gilt das Motto: „Book the Boss“. Thorsten und Timo Benthin kennen die Tätigkeiten aber auch schon von der Pike an. Bereits als Schüler haben sie im väterlichen Unternehmen ihr Taschengeld aufgebessert. Darüber hinaus müssen alle angehenden Führungskräfte ein zweiwöchiges Praktikum als Reinigungskraft absolvieren, bevor sie ihren Dienst antreten. Der Vorgesetzte soll schließlich wissen, mit welchen Problemen sein Mitarbeiter womöglich zu kämpfen hat. Es gilt das Prinzip der offenen Türen, die beiden Chefs sind fast immer da und auch ansprechbar. 

Der Kontakt zu den Mitarbeitern ist den beiden Benthins sehr wichtig, was  in der Branche eher ungewöhlich ist. Es gibt etliche Anreize, die von Gesundheitswochen mit Ernährungsberatung und Nackenmassagen, Team-Events wie Bootstouren und gemeinsamen Laufgruppen reichen. Beim Sommerfest stehen die Chefs persönlich an der Zapfanlage und am Grill. Und der frischgeborene Nachwuchs wird gleich schon mit einem 3B-Baby-Strampler ausgestattet. 

Am interessantesten sind aber sicher die Aufstiegsmöglichkeiten. „Wer möchte, kommt bei uns weiter. Bei uns arbeiten Abteilungsleiter, die als ungelernte Reinigungkräfte angefangen haben“, so Thorsten Benthin. Interne und externe Seminare machen diese Karriereentwicklung möglich. Somit ist die Fluktuation der Mitarbeiter sehr gering. Selbst bei Sponsoringkampagnen werden die Mitarbeiter mit einbezogen. Ebenso werden von Angestellten vorgeschlagene soziale Projekte umgesetzt, so dass schon ein Kinderbauernhof ein neues Dach für den Pferdestall bekommen hat und Schulen mit neuen Vorhängen ausgestattet wurden, um den Klassenraum verdunkeln zu können.

Annette Kraß 

 

 

64 - Herbst 2015