An einem Abend im September steht der Philosoph Walter Benjamin vor der Haustür der Exilantin Lisa Fittko im französischen Badeort Banyuls-sur-Mer. Als Jüdin selbst vom Naziregime verfolgt, hatte sie etlichen über die grüne Grenze nach Spanien geholfen. „Gnädige Frau“, erinnert sie sich, „entschuldigen Sie bitte die Störung, hoffentlich komme ich nicht ungelegen.“ Fittko schrieb später: „Die Welt gerät aus den Fugen, dachte ich, aber Benjamins Höflichkeit ist unerschütterlich.“ Anlässlich seines 75. Todestages ist bei Lehmstedt der Band „Begegnungen mit Benjamin“ erscheinen. Walter Benjamin gilt als Melancholiker, Einzelgänger und Pechvogel, obwohl ihm so vieles gelungen ist. Menschen, die ihm nahestanden, liebten sein Lachen, seine Begabung zur Freundschaft und die Fähigkeit zum Genuss. Er zockte, nahm an Drogenexperimenten teil, er reiste, er liebte, oft unglücklich; vor allem anderen aber schrieb er. Wer war der Mann, der zu den einflussreichsten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts zählt? Der Band versammelt Erinnerungen, Berichte, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen – nahezu alles, was Freundinnen, Freunde, Kollegen und flüchtige Bekannte über Benjamin erzählt haben.
Information
Begegnungen mit Benjamin
Herausgegeben und mit einer Einleitung von Erdmut Wizisla
Leipzig: Lehmstedt Verlag, 2015
ISBN 978-3-95797-009-1
24,90 Euro