Bei der 66. Berlinale werden vom 11. bis 21. Februar mehr als 400 Filme gezeigt. Berühmte Namen versprechen die Wettbewerbsfilme. Wann gibt es im Kino schon Beifall, gar Szenenapplaus und eine popcornfreie Zone? Die Stimmung bei der Berlinale ist immer eine ganz besondere. Fast jeder Film ist eine Premiere, zu sehen auf riesigen Leinwänden im Berlinale Palast, in der Urania, im Friedrichstadtpalast; die Schauspieler sind mit ihren eigenen Stimmen zu hören. George Clooney spricht wirklich und nicht seine Synchronstimme. Und wo kommt man so schnell mit wildfremden Leuten ins Gespräch? Das sind scheinbare Nebensächlichkeiten, aber sie machen dieses Festival für jeden Besucher auf gewisse Weise sinnlich. Also auf – zu den 66. Internationalen Filmfestspielen. Den Vorsitz des Gremiums, das über Bärengewinner entscheidet, hat Meryl Streep. Sie als Jury-Vorsitzende gewonnen zu haben, darauf sind die Veranstalter stolz. Für welche Gewinner werden sich die Filmexperten entscheiden? Für den Eröffnungsfilm der Brüder Coen „Hail, Caesar!“ schon mal nicht. Diese Geschichte über das goldene Zeitalter Hollywoods läuft außer Konkurrenz, bringt aber vermutlich ein gewaltiges Staraufkommen auf den roten Teppich. Es spielen unter anderem George Clooney, Ralph Fiennes, Scarlett Johansson und Tilda Swinton. Der Film kommt übrigens noch während der Berlinale ins reguläre Kino (18.2.).
Einer, der es gleich mit seinem Debütfilm in den Wettbewerb geschafft hat, ist Michael Grandage mit „Genius“. Colin Firth spielt an der Seite von Jude Law und Nicole Kidman. Der Film erzählt von dem genialen Herausgeber Max Perkins, der Hemingway und F. Scott Fitzgerald den Weg in die Berühmtheit ebnete. Nun will er dieses auch für den Schriftsteller Thomas Wolfe tun, doch das gestaltet sich schwierig.
Ein internationales Team hat sich an Falladas „Jeder stirbt für sich allein“ versucht, unter anderem mit Daniel Brühl und Emma Thompson. Ebenfalls Bezug zu einer literarischen Vorlage weist Danis Tanovics „Death in Sarajevo“ auf. Grundlage ist der Text des französischen Philosophen Henry Levy anlässlich des 100. Jahrestages des Attentats von Sarajevo. Dies verspricht ein ebenso interessantes wie auch andersartiges Experiment zu werden. Der Film „Aus dem Leben eines Schrottsammlers“, für den der Regisseur 2013 einen Silbernen Bären bekam, zeichnete das Leben einer bosnischen Familie, die vom Schrottsammeln lebt, dokumentarisch auf. Der Protagonist Nazif Mujic bekam einen Bären als bester Hauptdarsteller, beantragte mit seiner Familie Asyl in Deutschland, wurde aber abgelehnt und abgeschoben.
Sicher ist der Wettbewerb das Kernstück des Festivals, aber eine wunderbare Besonderheit der Berlinale ist auch, dass sie Überblicksreihen bietet. Zum Beispiel von Michael Ballhaus: 2016 erhält er den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk und als Hommage gibt es zehn Filme von ihm am Stück.
Das Jahr 1966 stellt für die DDR und die Bundesrepublik einen filmischen Wendepunkt dar. Im Westen traten die Autorenfilmer auf den Plan, die entgegen dem „Heile-Welt-Kino“ Widersprüche in der Gesellschaft thematisierten. Im Osten wollten dies einige Regisseure auch tun. Das wusste die Zensur zu verhindern, die die Hälfte einer Filmjahresproduktion in den Giftschrank verbannte. Eine Retrospektive bringt die Filme dieses spannenden Kinojahres nach einem halben Jahrhundert nun auf die Leinwand. Und schließlich wären da noch die vielen Filme aus den diversen Sektionen wie dem Panorama, Forum oder den Berlinale Shorts, die es wirklich nur auf der Berlinale zu sehen gibt.
Martina Krüger