Berlin ist keine reiche Stadt. Trotzdem fragen auch an der Spree immer mehr Menschen luxuriöse innerstädtische Wohnungen nach – was allerdings nicht bedeutet, dass alle Projekte in diesem Segment von Erfolg gekrönt wären.
Einsam und verloren steht der Pavillon an der Kommandanten-/Ecke Beuthstraße. Auf der anderen Straßenseite befinden sich Nachwende-Bürobauten in zweifelhafter Ästhetik, daneben erstreckt sich eine riesige Brache auf dem ehemaligen Mauerstreifen, und im Hintergrund ragen die Hochhäuser der Leipziger Straße in den Himmel.
Hier, an diesem alles andere als glamourösen Ort, will der niederländische Investor Harry C. van Caem den Berlinern beibringen, was Luxuswohnungen sind. Fellini Residences hat er sein vom Schweizer Architekten Marc Kocher entworfenes Projekt getauft, für das der Verkaufspavillon Werbung macht. Begehbarer Kleiderschrank, hochwertige Einbauküche und eine Musikanlage, die alle Räume mir programmierten 4000 Titeln beschallt, zählen zu diesem Luxus, allerdings auch ein innenliegendes Bad ohne Fenster. Zwischen 3.800 und 5.500 Euro pro Quadratmeter müssen Käufer bezahlen.
Das ist viel für eine Stadt wie Berlin, wo man für 1.500 Euro pro Quadratmeter eine sanierte Gründerzeitwohnung in einem ordentlichen Viertel erwerben kann. Doch die Fellini Residences stehen für einen Trend, der die Berliner Immobilienbranche seit einiger Zeit elektrisiert: den Aufschwung von Luxuswohnungen. „Die Hauptstadt erfährt zunehmend eine Nachfrage nach Luxusimmobilien, die bald nicht mehr bedient werden kann“, erklärte das Maklerunternehmen Winters & Hirsch schon vor Monaten. Und André Adami, Projektleiter Wohnen beim Beratungsunternehmen BulwienGesa, erwartet in den kommenden Jahren einen deutlichen Preisanstieg in dem von den Bauträgern gerne Premium-Segment genannten Bereich der teuren Wohnungen. „Eine Erklärung hierfür“, sagt Adami, „ist der Zuzug einer finanzkräftigen Elite aus Botschaftsangehörigen, Geschäftsleuten und Kulturschaffenden – vielfach mit internationalem Hintergrund.“
Dass luxuriöses Wohnen mittlerweile nicht mehr zwingend mit der Villa im Grunewald oder der großzügigen Geschosswohnung am Wannsee gleichgesetzt wird, sondern auch in der dicht bebauten Innenstadt auf Nachfrage stößt, belegen weitere Projekte. Besonders aktiv ist das Kölner Unternehmen Vivacon, das in Berlin derzeit mehrere Bauvorhaben vorantreibt, darunter auch solche im Luxussegment. Bereits begonnen haben die Bauarbeiten auf dem Grundstück Am Zirkus. Hier, am Standort des alten Friedrichstadtpalasts neben dem Berliner Ensemble, entstehen nach Plänen des Architekten Eike Becker knapp hundert Wohnungen. Sie sind Teil eines größeren Neubauvorhabens, das die Deutsche Immobilien AG verantwortet und das auch Büros und ein Hotel umfasst.
Gestaltet sind die unter dem Namen yoo vermarkteten Wohnungen vom Designer Philippe Starck. Nach Angaben von Vivacon-Vorstand Michael Ries müssen die Käufer im Durchschnitt 6.000 Euro pro Quadratmeter bezahlen, wobei es bei den Penthouses auch deutlich über 8.000 Euro sein können. Vergleichbare Preise sind in Berlin bisher höchst selten aufgerufen worden; als bislang teuerste Apartments galten diejenigen über dem Hotel Ritz-Carlton am Potsdamer Platz, deren Preise dem Vernehmen nach bei rund 9.500 Euro lagen.
Nicht ganz so hochpreisig, aber mit bis zu 4.000 Euro pro Quadratmeter für Berliner Verhältnisse immer noch sehr teuer sind die gut 300 Wohnungen, welche die Vivacon in der ehemaligen AOK-Zentrale am Köllnischen Park schaffen will. Geplant wird die Umgestaltung des denkmalgeschützten Gebäudes von der Architektin Annette Axthelm. Unterschiedliche Typen wie Etagenwohnungen, Maisonetten und Serviced Apartments – also Wohnungen mit besonderen Dienstleistungen – sollen verschiedene Zielgruppen für das Projekt Luisenstadt begeistern.
Kleiner und feiner dürfte der Diplomatenpark werden. Zwei Investoren, die Groth-Gruppe sowie Diamona & Harnisch, wollen am Rande des Tiergartens zehn Stadtvillen mit insgesamt 99 hochwertigen Geschosswohnungen errichten. Alexander Harnisch, Geschäftsführer von Diamona & Harnisch, ist vom Erfolg überzeugt. „Nicht nur die kreativen Branchen und der Tourismus boomen in Berlin“, argumentiert er, „auch internationale Konzerne haben hier ihre Hauptstadtrepräsentanzen. Damit einher steigt die Nachfrage nach zeitgemäßem Wohnen mit großzügigen Grundrissen und neuesten Gebäudetechnologien.“
Allerdings weisen Fachleute darauf hin, dass luxuriöses Wohnen ein Nischenprodukt bleiben wird. „Die Nachfrage nach Luxusgütern ist auf eine kleine Zielgruppe begrenzt“, räumt Vivacon-Vorstand Ries ein. Wie sich zudem die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf die Nachfrage auswirken werden, bleibt nach Ansicht von Marktbeobachtern abzuwarten.
Dass man die Aussichten all dieser Projekte besser mit Vorsicht beurteilt, beweist der Misserfolg des wohl spektakulärsten aller Berliner Luxuswohnungsbauvorhaben: Das Unternehmen Orco musste für rund 150 Wohnungen auf einem ehemaligen Industrieareal an der Fehrbelliner Straße in Mitte einen Baustopp verkünden. Nur ein kleiner Teil der Luxuslogis fand Abnehmer – und das, obwohl Orco mit extrem hohem Aufwand vor allem reiche, kulturinteressierte Amerikaner dafür hatte gewinnen wollen.
Paul Munzinger