Mallorca. Immer wieder Mallorca. Kein anderes Urlaubsziel ist bei den Deutschen so beliebt wie die größte der Balearen-Inseln. Viele spötteln sogar, Mallorca sei das „17. deutsche Bundesland“ – und wissen gar nicht, wie recht sie haben. Zumindest wenn‘s ums Golfen geht.
Mal ganz nüchtern und rein wirtschaftlich betrachtet ist das, was Heiner Tamsen da im Südwesten Mallorcas gerade tut, blanker Unsinn. Im Grunde widerspricht es allen Prinzipien, denen der Hamburger in seinem bisherigen Berufsleben als mega-erfolgreicher Businessman stets instinktsicher gefolgt ist. Und das weiß er auch. „Mit Golf“, sagt er, cool analysierend, wie es eigenlich seinem untrüglichen Geschäftssinn entspricht, „ist auf Mallorca kein Geld zu verdienen. Dafür sind die Investitions- und Betriebskosten zu hoch.“ Mit anderen Worten: Finger weg von Golfplätzen!
Mit unfehlbarer Spürnase fand Tamsen jahrzehntelang immer wieder die absoluten Sahnestücke unter den gewinnbringendsten Geschäftsfeldern: Luxusautos, Superyachten, Windkraftanlagen, Edel-Immobilien. Der mit seinen 54 Jahren immer noch jugendlich wirkende ehemalige Sunnyboy verkörpert geradezu den Prototyp des aus kleinen Verhältnissen mit viel Geschäftssinn, Fleiß und Cleverness raketenartig nach ganz oben gekommenen Selfmade-Multimillionärs.
Trotz alledem hat Heiner Tamsen jetzt auf Mallorca einen Golfplatz gekauft. Gegen alle wirtschaftliche Vernunft. Gut 15 Autominuten südlich von Palma. Ein riesiges, 150 Hektar großes Anwesen, günstig gelegen zwar, nahe der Inselhauptstadt und den Edel-Yachthäfen Puerto Portals und Port Adriano, schön hügelig, mit viel Wald und tollen Ausblicken ins nahe, wildromantische Tramuntana-Gebirge. Aber ein Golfplatz mit einem ziemlich angekratzten Ruf, bisher eher in der zweiten Liga spielend, mit oft beklagtem, eher grenzwertigem Pflegezustand und ein bisschen bespöttelt wegen der vielen auf den Fairways herumrennenden und -scharrenden wilden Hühner.
Warum Heiner Tamsen den Golfplatz gekauft hat? Weil er´s konnte. Weil er ihn wollte. Und weil er auf dem Poniente-Platz, unweit seiner Privatyacht in der Bucht von Puerto Portals, 2007 seine Platzreife gemacht und sich seither – zielstrebig wie bei allem, was er anfasst – auf das sehr respektable Handicap 7,4 runtergespielt hat. Eigentlich wollte der spanische Vorbesitzer gar nicht verkaufen. Vier volle Jahre widerstand er Tamsens steigenden Kaufofferten. Doch im letzten Herbst machte der ihm ein Angebot, das er nicht mehr ablehnen konnte. Und er unterschrieb.
Schon jetzt, nur wenige Monate später, ist Poniente kaum noch wiederzuerkennen. Denn Heiner Tamsen, erst Automechaniker, anschließend Berufspilot, dann dem Vernehmen nach größter Luxusauto-Händler der Welt und jetzt – unter anderem – Besitzer einer vor allem auf Seenotrettungsboote und Luxusyachten sowie die Wartung von Marineschiffen spezialisierten Schiffswerft in Rostock (Tamsen Maritim), hat Großes vor mit dem einstigen Schmuddelkind unter Mallorcas Golfplätzen, dem Platz mit den wilden Hühnern: „Ich will den T-Club schnell unter die Top-3 auf Mallorca bringen – und das schaffe ich auch!“
Schon mit dem Namen ging´s los. In „T-Golf & Country Club Poniente“ hat Tamsen seinen neuen Besitz umbe-nannt. Oder kurz „T-Club“. Ähnlichkeiten mit dem berühmten K-Klub in Irland sind nicht ganz zufällig und durchaus erwünscht. Wer den Platz jetzt spielt, merkt: Da macht einer Ernst, da wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Überall sind Waldarbeiter mit Motorsägen, Räumfahrzeuge und Lastwagen unterwegs. Da wird allzu dichtes Buschwerk und Unterholz gelichtet, werden Oliven- und Feigenbäume, Palmen und Pinien beschnitten und gepflegt, so dass sich auf einmal ganz neue, jahrzehntelang zugewucherte Sichtachsen auftun. Da wurde auf mehreren Bahnen an strategisch günstigen Stellen viel Erde ausgehoben zur Schaffung großer Wasserhindernisse, die den Platz entscheidend verändern und spannender machen werden.
Die mit den Jahren teilweise arg geschrumpften Grüns werden rundum erneuert und erhalten wieder die alte „englische“ Originalgröße, wie vom Platz-Designer John Harris Anfang der Achtzigerjahre vorgesehen. Die noch vor Jahresfrist recht unansehnlichen und steinigen Bunker wirken jetzt geradezu verlockend mit ihrem neuen weißen Marmorsand. Auch das gemütliche, aber in die Jahre gekommene Clubhaus erhält ein gründliches Facelifting mit neuem hellen Anstrich und edlerem Mobiliar innen wie außen.
Ob der Golfplatz die für Kauf und Generalüberholung investierten Millionen durch sicherlich bald erhöhte Greenfees und Mitgliedsbeiträge jemals wieder einspielen wird? Heiner Tamsen hat da selbst größte Zweifel. Zumal er noch mal ganz tief in die Tasche greifen will für den Bau einer platzeigenen Osmose--An-lage, zur Verbesserung der Qualität des arg salzigen Brauchwassers, mit dem der Golfplatz bewässert wird. Nur dann werden die Fairways und Greens des T-Club Poniente sommers wie winters mithalten können mit den Königsklasse-Plätzen der Insel wie Alcanada oder Son Gual, die bereits eigene Kläranlagen besitzen.
Und genau da liegt für Heiner Tamsen die Messlatte. Wenn das radikale Face- und Body-Lifting, das er seinem Platz gerade verpasst, vollendet ist, soll sich der T-Club mit den bes-ten Golfplätzen Mallorcas und ganz Spaniens messen können. Mit den Plätzen, die in der golferischen Champions League spielen und unter Beweis stellen, dass beim Spiel mit dem kleinen weißen Ball exakt dasselbe Grundprinzip gilt wie im Fußball: Dort schießt Geld bekanntlich Tore; hier entscheidet ein möglichst prall gefülltes Konto über Qualität, Image und Zugkraft der Spielstätte.
Beispiel Club de Golf Alcanada. Der von Robert Trent Jones jr. entworfene Platz mit spektakulären Ausblicken auf die kleine gleichnamige Leuchtturminsel in der Bucht von Alcudia, gilt seit seiner Eröffnung 2003 als absolutes Muss in jedem Greenfee-Package auf Mallorca. Und er sammelt fleißig Ehrentitel ein als „bester Golfplatz Spaniens“ (World Golf Awards 2014) und sogar ganz Europas (2015 zum 5. Mal in Folge gekürt durch die Besucher der Website www.1golf.eu).
Garanten des langjährigen Erfolgs sind die Golfverrücktheit, der Besitzerstolz und die Finanzkraft von Hans-Peter Porsche. Der hauptsächlich in Salzburg lebende Enkel von Sportwagen-Erfinder Erwin Porsche gilt als detailversessener Perfektionist, wenn es um seinen Golfplatz geht. „Er verlangt“, sagt sein Golfdirektor Kristoff Both, „bei der Platzpflege höchste Qualität bis ins kleinste Detail – wie bei einem Porsche.“
Auch Adam Pamer, der fränkische Fen-s-ter-Fabrikant (HAPA-Fenster), ist solch ein Golfbesessener, der sich ein raumgreifendes, 156 Hektar großes Hobby leisten kann. Jahrelang hatte sich der passionierte Amateurgolfer und bekennende Mallorca-Fan über nervige Staus durch zu viele Flights auf für seine Ansprüche mittelmäßigen Plätzen geärgert. Irgendwann riss ihm der Geduldsfaden, und er beschloss, einen eigenen Golfplatz bauen zu lassen. Selbstredend den besten von ganz Mallorca. Nicht wenige in der Fachwelt sind der Meinung, dass ihm das mit Bravour gelungen ist. Golf Son Gual, an der Straße von Palma nach Manacor unweit des Flughafens gelegen, gilt als das Meisterstück des Münchner Golfplatzarchitekten Thomas Himmel, der sich auf dem riesigen, nach Westen hin abfallenden Gelände nach Herzenslust austoben durfte.
Wer Son Gual spielt, spürt schnell: Dieser Platz ist ein Gesamtkunstwerk mit einer DNA aus lauter Superlativen.
Hier ist alles üppig, die mit 800 Quadratmetern wahnsinnige Durchschnittsgröße der Grüns, der komfortable Flight-Abstand von 15 Minuten, ebenso wie das Green-fee von 135 Euro. Das alles hatte seinen Preis, zeitlich und finanziell: Statt geplanter drei dauerte der Bau des Son Gual-Platzes fast neun Jahre, und als Adam Pamer Ende 2007 endlich die erste Runde auf seinem Traumplatz spielen konnte, hatte dieser statt der veranschlagten 20 Millionen Euro nahezu das Doppelte verschlungen. Dafür darf sich das Familienunternehmen – Senior Adam, Eigentümer, Tochter Sabine, Präsidentin, Sohn Andreas, Manager – als zweiter Golfplatz Mallorcas (nach Alcanada) zu den Leading Golf Courses of Europe zählen; Son Gual wurde schon als „bester Golfplatz des Jahres in Europa“ geadelt.
Wer ist die wahre Nummer 1 unter den zwei Dutzend Golfplätzen auf Europas beliebtester Urlaubsinsel? Das bizarre Match-Play der Superreichen aus Alemania um den Platz an der Sonne ist offener denn je. „Rund die Hälfte aller Insel-Fairways“, meldete die deutschsprachige „Mallorca-Zeitung“ kurz nach dem Poniente-Deal von Heiner Tamsen, „befindet sich mittlerweile in den Händen deutscher Top-Unternehmer und Multi-Millionäre.“
Seit zwei Jahrzehnten in deutschem Besitz – dem der Münchner Unternehmerfamilie Schörghuber – ist Spaniens größtes Edel-Golfresort Arabella, hoch über Palma gelegen. Dort nahm Mallorcas Karriere als Golfdes-tination ihren Anfang, als Fürst Rainier von Monaco 1964 mit dem ers-ten Abschlag den Son Vida-Platz einweihte. Längst bildet der vom mondänen Castillo Hotel Son Vida überragte Veteran zusammen mit seinen kaum drei Minuten im Golfbuggy entfernten jüngeren Brüdern Son Muntaner und Son Quint ein formidables Trio, das am ganzen Mittelmeer seinesgleichen sucht.
Allen Eignern gemeinsam ist das finanziell bestens unterfütterte Streben nach höheren Weihen. Das ist auch dem Münchner Erwin Franz Müller nicht fremd. Der steinreiche Inhaber einer internationalen Drogeriemarkt-Kette ist seit vergangenem Jahr alleiniger Besitzer von Golf Canyamel im Nordosten der Insel. Und wie sagte dessen neuer Golfdirektor, der Österreicher Clemens Prader, kurz nach seinem Amtsantritt? „Canyamel soll ein ‚Must Play‘ werden. Wir wollen in der Liga von Alcanada und Son Gual mitspielen.“ Willkommen im Club!
Wolfgang Weber