Kennedys Vermächtnis

Ist US-Präsident Barack Obama der neue Kennedy? Diese Frage bewegt die Menschen weltweit. Ein Besuch im Kennedy-Museum am Pariser Platz zeigt: In manchem sind sich die beiden Politiker tatsächlich ähnlich.

Ja, auch der Zettel ist da. Die Karteikarte, auf der John F. Kennedy „Ish bin ein Bearleener“ notiert hatte – die Vorlage für die berühmten Worte, mit denen er in seiner Rede vor dem Rathaus Schöneberg am 26. Juni 1963 Berlin und die Welt elektrisierte. Und auch die Filmaufnahmen von jenem denkwürdigen Tag sind im Museum am Pariser Platz 4a zu sehen, die einen lebhaften Eindruck geben von der Begeisterung, mit der die Berliner den US-Präsidenten empfingen.
„The Kennedys“ heißt das 2006 eröffnete Museum – doch in seinem Mittelpunkt steht ganz eindeutig der berühmteste Vertreter der legendären Familie: John F. Kennedy, der 1960 mit nur 43 Jahren zum 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt und drei Jahre später in Dallas ermordet wurde. Zahlreiche Fotografien und Originalgegenstände des Präsidenten sind in den von den Berliner Architekten Abcarius und Burns gestalteten Räumlichkeiten im Untergeschoss des Geschäftshauses am Pariser Platz, gleich neben der Französischen Botschaft, zu sehen: Kennedys Hermès-Aktentasche aus Krokodilleder etwa, Bandagen, mit denen er gegen seine quälenden Rückenschmerzen anzugehen versuchte, und ein Schlüsselanhänger mit einem Bild von Papst Pius XII.

Besonders erhellend sind jedoch die zum Teil weltberühmten Fotografien, welche die Initiatorin des Museums, die Berliner Galerie Camera Work, zusammengetragen hat. Sie zeigen auf faszinierende Weise, wie sich John F. Kennedy die Wirkung von Fotos und Filmaufnahmen zunutze machte. Bilder, so stellen die Ausstellungsmacher fest, wurden „als wichtiges Element der Inszenierung“ eingesetzt, „in der das Private und das Politische oftmals verschmolzen“. Aufnahmen des Präsidenten an Krücken oder mit Brille waren verpönt; verbreitet wurde von den Fotografen des Weißen Hauses das Bild eines dynamischen, jugendlichen Politikers, das nichts von dessen gesundheitlichen Problemen ahnen ließ. Eine zentrale Bedeutung kam dabei seiner Frau Jacqueline und den Kindern Caroline und John jr. zu – dass die Bilder von den spielenden Kindern im Oval Office ins kollektive Gedächtnis eingingen, zeigt, wie erfolgreich diese Strategie war.
Natürlich muss man dabei an die heutigen Aufnahmen von Präsident Obama als liebevoller Gatte und zärtlicher Vater denken. Weitere interessante Parallelen zwischen dem damaligen und dem jetzigen Präsidenten fallen ins Auge: Ein Foto zeigt beispielsweise die Kennedys bei einem der Bälle zur Amtseinführung, wobei Jacqueline ein atemberaubendes weißes Kleid trägt – es dürfte damals ebenso Tagesgespräch gewesen sein wie fast ein halbes Jahrhundert später die Kleiderwahl von Michelle Obama. Und sogar beim Umgang mit der Populärkultur gibt es Ähnlichkeiten: Präsident Kennedy kam in einem Superman-Comic vor – ganz ähnlich wie jetzt Präsident Obama in einem Spiderman-Comic.

Paul Munzinger

 

 

Ausstellung
Museum The Kennedys
Pariser Platz 4a, 10117 Berlin

Geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr

www.thekennedys.de

38 - Frühjahr 2009