Wolkenhain und Wuhletal

Marzahn will hoch hinaus. Auf einem über 100 Hektar großen Areal entstand in Marzahn-Hellersdorf eine neue beeindruckende Parklandschaft. Ein Glücksfall für den östlichen Berliner Plattenbau-Bezirk war die Entscheidung des damaligen Stadtentwicklungssenators und heutigen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller, die IGA nicht an Tempelhof, sondern an Marzahn-Hellersdorf zu vergeben. 

So blüht und grünt es derzeit in den erweiterten Gärten der Welt und am Kienberg. Ein Motto: „Natur in der Stadt“. An der Peripherie Berlins sollen die Großsiedlungen in grünem Licht erscheinen. Kienberg und Wuhletal deutschlandweit bekannt gemacht werden. Imagepflege, wie sie besser nicht geht. Die Berliner IGA könne Gelegenheit sein, „neu über angrenzende Stadträume von Metropolen und die Nutzung und Qualifizierung dieser Zonen zwischen innerer Stadt und Umland nachzudenken“, heißt es bei der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft etwas sperrig. Ganz bewusst wollen die Macher deshalb hinausgehen an die verschiedensten Plätze in Berlin und Brandenburg und sie zu „Gartennachbarn“ machen.

Zentrum bilden aber die allseits bekannten Gärten der Welt in Marzahn. Am Eingang Blumberger Damm befindet sich denn auch das Besucherzentrum. Zur Eröffnung im April wird in den asiatischen Gärten zwei Tage lang das traditionelle Kirschblütenfest gefeiert. Ergänzt wurden die Gärten der Welt um einen klassischen englischen Cottage-Garden. Es ist der insgesamt zehnte Themengarten. Auf knapp 6 000 Quadratmetern ist ein englischer Landschaftsgarten mit reetgedeckten Gebäuden, Rosen- und Staudenbeeten und einer Obstwiese geschaffen worden. Wem England zu kalt ist, der wandert nach Bali weiter. Der Balinesische Garten wurde um einiges erweitert. Anlässlich der IGA entstand eine energieeffiziente Tropenhalle. Großgehölze, darunter Palmen, verschiedene Sträucher und Orchideen lassen sich unter dem Glasdach bestaunen. Das balinesische Dorf, einst im Rahmen der Städtepartnerschaft Berlin-Jakarta entstanden, bildet das Zentrum des Ganzen. Angrenzend an den Italienischen Renaissancegarten, zwischen dem neuen Besucherzentrum und den Wasserwelten im Süden der Gärten der Welt, sind zehn zeitgenössische internationale Gartenkabinette entstanden. Renommierte Landschaftsarchitekten aus- fünf Kontinenten haben sich beteiligt. Wasser und Feuer werden dabei zu stilbildenden Elementen. Im Garten des Brasilianers Alex Hanazaki ergießen sich aus in Wasser gebauten Steinwänden Fontänen. Der chinesische Landschaftsgestalter Zhu Yufan interpretiert den traditionellen chinesischen „Dule Yuan“ (etwa: Garten des abgeschiedenen Vergnügens) neu. Seine geometrische Grundanlage überrascht anfangs, hat man das traditionell doch eher japanischen Gärten zugeschrieben. Die Chilenin Teresa Moller lässt in Marzahn Anden-Scheinbuchen pflanzen und platziert dazwischen scheinbar wahllos Rohmarmorplatten und -bänke. Es gibt keine vorgezeichneten Wege.

All diesen Entwürfen ist eine besondere landesspezifische Poesie eigen. Diese modern interpretierten Gärten aus aller Welt sind eine kongeniale Ergänzung zu den eher traditionell angelegten Gärten der Welt. „Man wird lange suchen müssen, um in Europa eine ähnliche Gruppe von Gärten zu finden“, so IGA-Geschäftsführer Chris-toph Schmidt. 

Das kulturelle Programm der Schau, das von klassischen Konzerten bis zur Comedy reicht, wird in der neu errichteten Arena zu sehen sein. Die 5 000 Zuschauer fassende Freilichtbühne mit ihren Rasenstufen erscheint als Teil der neuen Landschaft. Entstanden in einer Senke und mit einem Gründach versehen, duckt sie sich ein wenig weg. Ein weiterer Vorteil der Anlage ist die gedämpfte Akustik. Eine im Rund gepflanzte Lindenallee gibt dem geschwungenen Amphitheater zusätzlich einen natürlichen Rahmen. Ein Höhepunkt wird zweifelsohne im September die Aufführung der „Carmina Burana“ unter der Regie von Christoph Hagel mit Jugendlichen aus Marzahn-Hellersdorf.

Neben den Gärten der Welt und den internationalen Garten-Kabinetten ist der Kienberg der zentrale Publikumsmagnet. Wolkenhain und Berg-Café ziehen die Besucher an. Von einer riesigen Aussichtsplattform in Form einer Wolke lassen sich nicht nur Gartenschau und Wuhletal überschauen. Der Blick reicht bis ins Stadtzentrum und ins Brandenburgische hinein. An den Hängen des Kienbergs sind Terrassen mit Streuobstwiesen angelegt worden. Wer den etwa 120 Meter hohen Berg nicht selbst erklimmen möchte, kann von den beiden IGA-Haupteingängen mit der gläsernen Seilbahn fahren. Österreichische Seilbahnexperten haben sie eigens errichtet. Die Panoramafahrt führt über insgesamt anderthalb Kilometer einmal quer durch die Gartenwelt.

Karen Schröder 

 

 

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69 - Winter 2017
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