Jäger mit Knopfaugen

Viele Gegenden sind von Eulen verlassen, entweder weil sie keine Bruthöhlen finden oder das Nahrungsangebot nicht mehr ausreicht. Stellvertretend für alle Eulenarten hat der Naturschutzbund Deutschland für 2017 den Waldkauz zum Vogel des Jahres gewählt.

Kauz heißt er nur in Deutschland, keine andere Sprache unterscheidet zwischen den Eulen und den Käuzen. Dabei sind Käuze auch Eulenvögel. Nur eben mit rundem Kopf und ohne Federohren. Stellvertretend für alle Eulenarten hat der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) für 2017 den Waldkauz zum Vogel des Jahres gewählt. „Mit ihm wollen wir für den Erhalt alter Bäume mit Höhlen im Wald oder in Parks werben und eine breite Öffentlichkeit für die Bedürfnisse höhlenbewohnender Tiere sensibilisieren“, so Nabu-Präsidiumsmitglied Heinz Kowalski.

In Brandenburg zählten Ornithologen 2 700 bis 4 100 Brutpaare. Allein in Berlin sollen es 60 bis 80 Paare sein. Eine ziemlich weite Spanne, denn es ist nicht leicht, die Zahl der nachtaktiven Vögel exakt zu beziffern. Waldkäuze sind Meister der Tarnung. Sie passen sich mit ihrem grau-braunen Gefieder perfekt der jeweiligen Umgebung an. Sehen kann man sie deshalb schlecht. Um sie zahlenmäßig erfassen zu können, arbeiten Fachleute deshalb gern mit sogenannten Klangattrappen, mittels derer der Ruf der Waldkäuze nachgeahmt wird. Wer antwortet, wird gezählt. 

In der letzten Zeit dürften es durch die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft nicht mehr Waldkäuze geworden sein. „Das Fällen alter Höhlenbäume, eintönige Wälder und ausgeräumte Agrarlandschaften ohne Nahrung sind damit die größten Gefahren für einen gesunden Waldkauzbestand“, so Bernd Elsner vom Nabu Calau. Vom Aussterben bedroht sind diese etwa 40 Zentimeter großen Eulenvögel allerdings nicht. Weil es zu wenig natürliche Brutmöglichkeiten gibt, haben Naturschützer vielerorts spezielle Waldkauznistkästen aufgehängt.

Der Waldkauz ist in ganz Brandenburg verbreitet, mit Ausnahme vielleicht des Oderbruchs. Hier fehlt es einfach an entsprechenden Bäumen und damit Bruthöhlen für den Waldkauz. Er ist standorttreu. Das ganze Jahr über hält er sich in seinem Revier auf. Gern in Laub- und Mischwäldern, aber auch in alten Parkanlagen. Deshalb gibt es den Waldkauz auch in Städten wie etwa Frankfurt (Oder) oder Cottbus. Die Wälder allerdings sollten Höhlenbäume bieten und kleinere Lichtungen zum Jagen.

Zwischen Mitte Januar und Anfang März balzen die Waldkäuze. Das Weibchen antwortet auf das Heulen des Männchens mit einem zweisilbigen Ruf, der wie „Ku-witt“ klingt. Sie ernähren sich vorwiegend von Feldmäusen, aber auch kleinen Vögeln, Fröschen und Insekten. Besonders wählerisch sind sie nicht. Während der gesamten Brutzeit, also etwa einen Monat, wird das Weibchen vom Männchen mit Nahrung versorgt. Die Fütterung der Jungen stellt für die Waldkäuze eine große Herausforderung dar. Braucht eine Familie mit drei Jungen doch jede Nacht etwa 25 Mäuse. Wird das Nahrungsangebot knapp, überleben nur die größeren und stärkeren Tiere, die schwächeren kommen bei der Fütterung einfach zu kurz. Der Überlebenskampf beginnt also schon in der Bruthöhle. Die jungen Waldkäuze verlassen vier Wochen nach dem Schlüpfen das Nest, werden aber noch eine Zeit lang von den Eltern mit Nahrung versorgt. Im Alter von 50 Tagen fliegen sie ihre ersten Runden.

Der nachtaktive Waldkauz spürt problemlos in der Dunkelheit seine Beute auf. Denn Eulenvögel haben extrem große, lichtempfindliche Augen. Für die großen Augen benötigen sie den breiten Schädel. Außerdem sind sie Meister im räumlichen Sehen. Besonders im Weitbereich sehen sie vorzüglich, im Nahbereich ertasten sie die Beute mit dem Schnabel und den Zehen. Hinzu kommt die extreme Beweglichkeit des Kopfes. Den drehen sie schon mal bis zu 270 Grad. Bei totaler Dunkelheit sind jedoch auch Eulen nahezu blind und verlassen sich beim Jagen ausschließlich auf ihr Gehör.  

In der Antike noch als Symbol der Weisheit verehrt, hatte der nachaktive Vogel bei uns in früheren Zeiten nicht das beste Image. Für unsere Vorfahren kündete ihr Heulen von Unheil. Die nächtlichen „Ku-witt“-Rufe des Waldkauzes hörten sie als „Komm mit“. Abergläubisch interpretierten sie es als baldigen Tod eines Dorfbewohners. 

An Faszination hat der Vogel nicht eingebüßt. Vielerorts bietet der Nabu in diesem Jahr Wanderungen auf den Spuren des Kauzes an. Die Berliner Regionalgruppe bittet darüber hinaus, entsprechende Waldkauz-Beobachtungen zu melden, denn genauere Zahlen gibt es derzeit nur für bestimmte Gebiete wie den Grunewald oder den Spandauer Forst.

Karen Schröder 

 

70 - Frühjahr 2017
Stadt, Natur