In einer Dreierkonstellation zeigt die Helmut Newton Stiftung in ihrer neusten Ausstellung neben Originalabzügen aus der Dauerleihgabe des Namensgebers außergewöhnliche Foto-installationen von Mario Testino und Jean Pigozzi
Dass Helmut Newton sich selbst durchaus neben und nicht über andere Fotografen seines Genres stellte, kommt in seinem Vermächtnis anlässlich der Gründung seiner Stiftung zum Ausdruck. Danach sollten Monografien und Projekte bedeutender Kollegen von Zeit zu Zeit im Ausstellungskonzept Berücksichtigung finden. Aktuell sind es Mario Testino und Jean Pigozzi. Beide ebenfalls bedeutende und einflussreiche Mode- und Porträtfotografen, thematisch Helmut Newton verwandt, doch haben sie ihre jeweiligen Präsentationen speziell und exklusiv für die Helmut Newton Stiftung konzipiert und in besonderer Weise installiert. Das zeigt sich vor allem bei Testinos „Undressed“. Seine Ausstellungsräume umfassen fünfzig überlebensgroße Bildmotive, direkt auf die Wände geklebt, und bis unter die Decke reichend. Sie zeigen schöne Männer und Frauen, nur leicht, teils extravagant bekleidet, großflächig tätowiert oder nackt, sodass sich der Betrachter in einem dreidimensionalen Erotikmagazin wähnt. Dabei ist allerding immer eine bestimmte Balance zwischen exhibitionistischer Darstellung und Voyeurismus des Betrachters eingehalten, denn Testino ist ein Meister der Andeutung – und, wie die außergewöhnliche Installation zeigt, großer Experimentierfreude. Das war bereits in der Ausstellung „In Your Face“ augenscheinlich, die 2015 im Kulturforum und erstmals in Berlin die Vielfalt im fotografischen Schaffen dieses sehr kreativen Mode- und Lifestyle-Fotografen zeigte. Testino hatte seinen Durchbruch als Fotograf in den 1990er Jahren. Er arbeitete für die wichtigsten Modemagazine, fotografierte Hollywood- und Popstars und war für die großen Modelabels tätig. Als Kreativdirektor leitet der in Lima geborene Testino seine eigene Agentur.
Eine ganz andere Installation in der Dreierkonstellation präsentiert die Helmut Newton Stiftung in June’s Room mit Jean Pigozzis „Pool Party“. Dort zeigen schnappschussartige Aufnahmen ein ausgelassenes Treiben von Berühmtheiten aus Film und Pop um Pigozzis eigenen Swimmingpool am Cap d’Antibes, der als eine Art Bühne mit international prominenter Besetzung fungiert. Doch scheint alles ungezwungen, fast privat, nicht etwa einstudiert. Der Reiz entsteht durch das Uninszenierte, als seien die berühmten Zeitgenossen unter sich und kümmerten sich kaum um den Fotografen.
Pigozzis Poolpartys während des Filmfestivals von Cannes sind legendär. Dass er dabei stets seine kleine Leica zur Hand hat, stört niemanden, denn Kompromittierendes liegt ihm fern. Vielmehr hat seine schillernde Persönlichkeit offenbar ihre ganz eigene Anziehungskraft. Als Kunstsammler und international tätiger Geschäftsmann, beispielsweise im Silicon Valley und in der Meeresforschung, genießt der erfolgreiche Unternehmer das uneingeschränkte Vertrauen seiner Gäste und ist mit zahlreichen internationalen Stars freundschaftlich verbunden. Bereits 1974 hatte er seine erste Einzelausstellung in Paris. Erstmals in Berlin waren seine Bilder in der Paparazzi-Ausstellung der Helmut Newton Stiftung 2008 zu sehen, entstanden auf seinen Reisen und bei Begegnungen in Restaurants, auf Yachten, Modeschauen und Filmpremieren.
Die Welt der Schönen und Reichen als Inszenierung aus Erotik, Mode, Exhibitionismus, Exzentrik und genüsslichem Happening auf Bilder zu bannen, dafür steht natürlich an erster Stelle Helmut Newton, der in dieser Gruppenausstellung mit Originalabzügen aus dem Stiftungsarchiv unter dem Titel „Unseen“ vertreten ist. Die meisten wurden noch nie gezeigt, darunter Porträts, Mode- und Aktbilder, neben klein- und mittelformatigen Abzügen seiner berühmten Bildikonen.
Information
Mario Testino. Undressed Helmut Newton. Unseen Jean Pigozzi. Pool Party.
Bis 19. November 2017 im Museum für Fotografie, Jebenstraße 2, 10623 Berlin