Stars altern nicht. Zumindest im Berliner Hotel Estrel. Seit 20 Jahren läuft im Haus die Doppelgänger-Show „Stars in Concert“, und ebenso lange tobt und schmachtet Elvis Presley über die Bühne. Michael Jackson lebt hier seine Glanzzeiten fort. Madonna und Tina Turner gehören zu den ganz Großen, die das Publikum auf der Bühne sehen möchte. Aber wie verdient sich ein Star einen Doppelgänger?
Ein außergewöhnliches und langes Künstlerleben, scheinbar ewige Präsenz in den Medien. Das Fehlen wirklicher Stars, die weltumspannend für Furore sorgen, begünstigt sicher die Ewigkeit für ein gutes Dutzend Künstler. Das Showgeschäft ist zu kurzlebig, zu hektisch, damit ein Stern wirklich aufgehen kann. Eine Melange dieser Gründe wird es sein. Bernhard Kurz, der Produzent und Erfinder von „Stars in Concert“ weiß es nicht so genau. Sein Bauch und der der Gäste entscheiden. Sicher ist, die Leute wollen die Alten sehen, die sie möglicherweise nie live erlebt haben, aber deren Musik schon immer zu ihrem Leben gehörte. Jüngst bekam auch Amy Winehouse eine Doppelgängerin. Wie lange wird sie sich halten? Elton John war gefragt, nachdem er auf der Trauerfeier von Lady Di gesungen hatte, dann klang das Interesse ab. Helene Fischer musste nach einem kurzen Doppelgänger-Dasein wieder allein für ihren Ruhm sorgen, was ihr gut gelingt. Könnten die Stars ausgehen, die sich einen Doppelgänger leisten können? Das glaubt Bernhard Kurz nicht – und ihm spielt dabei ausgerechnet das Bildungssystem in Hände. Seit Elvis im Musikunterricht behandelt wird kommen sogar ganze Schulklassen in die Show.
Die Künstler, die sich in die Stars verwandeln, sind allesamt Könner. Wichtig ist natürlich die Ähnlichkeit im Aussehen, die Stimme muss perfekt sein. Der Estrel-Elvis ist ein wenig kleiner als das Original, aber trotzdem ist Grahame Patrick Doyle als hüftschwingender King of Rock ’n’ Roll sehr erfolgreich und spielt die Rolle auch in Amerika und wo immer ein Elvis gebraucht wird. Dass die Doppelgänger der Stars so gut sind, liegt auch daran, dass Bernhard Kurz, ein sehr akribischer Produzent ist, der immer versucht, mit Leuten aus dem Umfeld der großen Künstler zusammenzuarbeiten. Sie geben den Doubles gewissermaßen das i-Tüpfelchen für ihre Darstellung mit. Mit dem Presley-Clan, von dem Kurz sagt, das seien tolle ehrliche Leute, hat er viel zusammengearbeitet. Der Choreograf von Sinatra oder der Kostümbildner von Michael Jackson waren große Hilfen. Und auch das macht die Show im Estrel so gefragt: die Musik machen hochkarätige Musiker, es wird nicht vom Band gespielt und die Tänzerinnen sind ein Ereignis.
Bernhard Kurz ist oft in Las Vegas unterwegs auf der Suche nach Doppelgänger-Talenten. Hier hat er auch viele Ehrungen erhalten, aber wirklich Fuß fassen, wie er es wollte, konnte er nicht. Noch nicht mal eine Handvoll Produzenten teilt sich das Geschäft dort – und diese lassen keine neuen zu und vor allem nicht, wenn sie gut sind und mit allen Wassern gewaschen, erzählt er.
Kurz ist eine Koryphäe des Entertainments. Die großen Lloyd-Webber-Musical-Erfolge „Cats“, „Das Phantom der Oper“ und „Starlight Express“ sind ihm mitzuverdanken. Er hat praktisch den Musical-Boom mit initiiert, von dem viele Veranstalter profitieren, aber weniger, gesteht er, die Künstler auf der Bühne. Zu viel fräßen der Apparat, die Urheber, das Marketing. Je mehr Geld im Spiel ist, desto unfairer wird es, ist er überzeugt. Er hat ein detailliertes Buch über die Hintergründe des Showbiz und seine Musical-Zeit geschrieben. Neben all den Musicals, die er auf den Weg gebracht hat, stehen internationale Shows in den USA, Australien und den Vereinigten Emiraten auf seiner Produktions-Vita und eben jene „Stars in Concert“, die auch dann und wann umjubelte Ausflüge von Neukölln aus in die Welt machen. Kurz ist ein bescheiden und ruhig wirkender Mann, der sagt, man sollte sich nicht so wichtig nehmen. Und er führt ein Leben, das für mehrere Biografien reichen dürfte. Eines für das Showbiz und ein anderes für den Sport. Er war Bundestrainer für die Leichtathleten und die Bobfahrer, hat Klinsmann und Hitzfeld ausgebildet. Dann kam die Sache mit dem Doping auf und es hieß: entweder mitmachen oder aussteigen. Da entschied er sich für das Einsteigen ins Showgeschäft bei seinem Bruder Friedrich Kurz. Und so ein krasser Wechsel sei das doch gar nicht, sagt er: Als Trainer, Regisseur oder Produzent muss man doch immer das Beste aus dem Sportler oder Künstler herausholen, Talente entdecken und sie vor allem immer wieder motivieren.
Martina Krüger