Märchenschloss und Mühlengeister

Boitzenburg am Rand der Uckermark bietet eine grandiose Natur und architektonische Schätze. Es sieht aus wie im Märchen: das Arnim-Schloss in Boitzenburg mit seinen Zinnen, Erkern und Türmchen und seiner Lage an einem beschaulichen See. Das „Neuschwanstein des Nordens“ so heißt es. Ein Ort zum Heiraten, Kinder dürfen auf Klassenreise Prinz und Prinzessin spielen. Das mit staatlichen Fördermitteln aufwendig restaurierte Schloss ist die größte märkische Schlossanlage, sieht man einmal von den Hohenzollern-Schlössern ab. Das Arnim-Schloss ist heute ein Kinder- und Familienhotel. 

Das Gut Boitzenburg, zu dem ausgedehnte Ländereien gehörten, war bis 1945 Sitz der Grafen von Arnim. Sie zählen zum märkischen Uradel und waren seit dem 15. Jahrhundert ansässig. Das Schloss bildet zweifellos das Herz des kleinen uckermärkischen Ortes. Umgeben ist es von einem weitläufigen, teils verwilderten Lennéschen Landschaftspark, in dem sich architektonische Preziosen verstecken. Ebenfalls zum Schlossbezirk gehören einige Fachwerkhäuser und der historische Marstall. In ihm ist ein Café samt Schokoladenmanufaktur eingerichtet. (Trotz des etwas spröden DDR-Charmes schmeckt der Kuchen sehr gut). 

Schloss Boitzenburg ist Ausgangspunkt für kürzere Spaziergänge und ausgedehnte Wanderungen. Gut ausgeschilderte Wanderwege tragen Namen wie „großer“ und „kleiner Boitzenburger“. Empfehlenswert ist unbedingt der Rundgang um die Schlossinsel.

Oberhalb des Schlossparks befindet sich der klassizistische Apollotempel, errichtet von Friedrich August Stüler. Von diesem gibt es eine eindrucksvolle Sichtachse hinab zum Schloss. 

Im Carolinenhain befindet sich ein weiterer sehr bemerkenswerter Bau. Der schlicht-elegante Schlangentempel wurde 1805 vom Berliner Architekten Carl Gotthard Langhans geschaffen, dessen bekanntestes Werk das Brandenburger Tor in Berlin ist. Auftraggeberin war Freda Antoinette von Arnim. Sie ließ ihn für ihren verstorbenen Gatten Friedrich Wilhelm Graf von Arnim bauen. Einst befand sich in seinem Innern eine von Gottfried Schadow geschaffene trauernde Frauenskulptur, den Hund zu Füßen, einen Kranz in Händen. Heute steht diese bedeutende frühklassizistische Plastik in der Friedrichswerderschen Kirche in Berlin.

Eine andere lohnenswerte Wanderung führt durch den 1775 erstmals erwähnten Boitzenburger Tiergarten, der vor allem mit Stieleichen und Buchen bewachsen ist. Das eiszeitlich überformte Gebiet ist Teil des Naturparks Uckermärkische Seen, zu dem insgesamt 15 Naturschutzgebiete gehören. Das geschützte Areal befindet sich in ehemaligen mittelalterlichen Hutewäldern. In ihnen taten sich einst Hausschweine an Eicheln und Bucheckern gütlich. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden Waldweiden gepflanzt, um zu verhindern, dass sich Unterholz zu sehr ausbreitete. So konnten sich die großen Bäume noch besser entwickeln. Von 1921 bis 1945 gab es darüber hinaus im Boitzenburger Tiergarten ein überregional bekanntes Wisentgehege. Es trug seinerzeit maßgeblich dazu bei, dass die stark gefährdeten Wisente in Deutschland nicht gänzlich ausstarben. Auch die raren Schreiadler sollen zu Arnims Zeiten beheimatet gewesen sein. 

Bemerkenswert sind vor allem die uralten knorrigen Eichen. Die ältesten unter ihnen sind über 700 Jahre alt. Ihr hoher Totholzanteil hat einen besonderen ökologischen Wert und ist Lebensraum für Insekten und Vögel. Ein Abstecher führt zum Verlobungsstein, einem großen Granit aus der Eiszeit, dem magische Kräfte zugeschrieben werden. Weiter dem naturnahen Weg folgend, der später auch an einsamen Waldseen vorbeiführt, erreicht man zum Schluss die pittoresken Überreste eines mittelalterlichen Zisterzienserklosters. Boitzenburg ist tatsächlich ein Ort für Romantiker. Als wäre das noch nicht genug, klappert gleich neben der
Klosterruine ein Mühlrad. Im Mühlenmuseum wird die Arbeit einer traditionellen Wassermühle vorgeführt. Im Wirtshaus „Zur Klostermühle“ kann man sich nach der Zeit an der frischen Luft aufwärmen. Das Laientheater „Die Mühlengeister“ tritt ab Pfingsten wieder auf in Boitzenburg.

Karen Schröder 

 

73 - Winter 2018