Wenngleich sie schon ab Dezember im Handel zu haben sind, erreichte sie doch erst jetzt ihren Höhepunkt, die Tulpenzeit. Haben Sie sich in dem Zusammenhang eigentlich schon mal die Frage gestellt, welcher Tulpentyp Sie sind? Einmal vorausgesetzt, Sie sind überhaupt einer und mögen diese Blumen?
Grundsätzlich wäre da zu klären, ob Sie eher ungefüllte oder gefüllte Vertreterinnen bevorzugen. Im ersten Fall sind Sie dem Anschein nach ein konservativer Mensch des klassischen Stils. Schnörkellos, mit Sinn für das Wesentliche. Nach dem Motto: keine Experimente. Im letzteren wahrscheinlich ein sinnenfroher Zeitgenosse, um nicht zu sagen ein umtriebiges Luxusgeschöpf, das das Leben in vollen Zügen genießt. Noch dazu dann, wenn Sie spontan zu den Rottönen greifen. Einige dieser Schönheiten duften zu allem Überfluss betörend, darunter die rote „Viking“ und die rosafarbene „Angelique“.
Vornehmes Understatement signalisiert die Vorliebe für weiß und violett bis schwarz. In diesen Fällen sind Sie vermutlich ein geschmackssicherer Ästhet, eher distanziert, mit einem gewissen Hang zur Extravaganz. Nennen Sie dagegen eine fröhlich unbekümmerte Wesensart ihr Eigen, dann ist gelb Ihre Farbe. Sie sagen, Sie sind nichts von alledem oder alles ein bisschen, ganz einfach, dann greifen Sie gern zu einem bunten Tulpenstrauß. Den gibt es ja an jeder Ecke. Auch geflammte Sorten können übrigens erfolgreich zur Lösung des Problems beitragen. Wenn Sie dann noch einwenden, dass das bei Ihnen stimmungsabhängig sei, dann ist auch das nur allzu menschlich. Unsere Vorlieben haben es gelegentlich an sich, temporärer Natur zu sein.
Nachdem die Farben der Blüten zur Sprache gekommen sind, soll es jetzt um die Form der Stängel gehen. Hierzu eine weitere Testfrage: Wollen Sie, dass die Tulpen immer schön gerade und aufrecht in der Vase stehen oder dürfen sie schon mal die Hälse rekeln und den Kopf gegebenenfalls auf die Tischplatte fallen lassen? Unabhängig von der gezielten Suche nach der richtigen Vase, soll es besonders preußisch veranlagte Menschen geben, die Tulpen des Nachts in Zeitungspapier hüllen. Nur damit sie sich nicht zur Seite neigen, sondern die Köpfe unablässig zur Wohnzimmerdecke recken, wenngleich es dort rein gar nichts zu sehen gibt.
Soweit das Tulpen-Einmaleins. Die höhere Mathematik der Tulpenzucht sind die Sorten, bei denen man gelegentlich zweimal hinsehen muss, um zu identifizieren, dass es sich überhaupt um eine Tulpe handelt. Sie bekommt man seltener zu Gesicht. Die Fortgeschrittenen unter Ihnen kennen sie aber längst: die eleganten lilienblütigen Sorten, dann die Papagei-Tulpen mit ihren ausgefransten Blütenblättern und die Ochsen-Tulpen mit den großen Kelchen. Sie alle fallen aus dem Rahmen. Etwas kapriziös nennen sie sich dann auch „Aladdin“ und „Ballerina“ oder „Apricot Parrot“. Märchenfiguren, die am liebsten durch unsere Wohnzimmer und Gärten tanzen würden, säßen sie nicht in der Vase oder der Erde fest. Sie sind die Prinzessinnen und die Königinnen unter den Tulpen. Nur den Narzissen gelänge es vielleicht, ihnen die Show zu stehlen. Wie Sie es mit den Narzissen halten, wäre die nächste Gretchenfrage.
Karen Schröder