„Wer das beste Bild bietet, soll bauen!“

Zum Auftakt der Grabungen und des Baubeginns hat der Verein Forum Stadtbild Berlin e. V. im Oktober in der Parochialkirche in einer Ausstellung die Geschichte und Planungsgeschichte des Projektgebietes gezeigt. Sie war der Auftakt für eine öffentliche Debatte um die Reurbanisierung der Berliner Mitte. Wir sprachen mit Hans-Karl Krüger aus dem Vereinsvorstand.

Herr Krüger, wie wünschen Sie sich die Zukunft am Molkenmarkt?

Man sollte versuchen, ein möglichst lebendiges Quartier hinzukriegen. Da soll was passieren. Da soll Leben ins Erdgeschoss reinkommen. Wir plädieren dafür, dass der Molkenmarkt als Platz in irgendeiner Form wieder in Erscheinung tritt. Und dass die Fußgänger sich von einem Quartier in das andere bewegen können und nicht das Gefühl haben, sie gingen über eine Autobahn.
Was ist die Aufgabe Ihres Vereins?

Wir kommen mit Bildern und zeigen Visionen von Stadt, wie sie sein könnte. Wer das beste Bild bietet, soll auch bauen. Wir wollen weg von den Kuben und hin zu städtischen Parzellierungen. Sie sollen ihr eigenes Gepräge haben.

Wann ist Architektur gelungen?

Wenn sie Unterschiedlichkeiten herausstellt. Uns geht es darum, dass man die Rasterarchitektur mal ein bisschen auflöst und fragt, was kann man denn sonst noch machen? Die Leute suchen nach einem Zuhause, von dem sie nicht nur sagen können: Ich verschwinde in einem Loch. Sie wollen sagen können: Das ist mein Eingang. Das ist mein Haus.

Was beurteilen Sie den Neubau des Motel One an der Grunerstraße?

Man kann Hotels anders gestalten. Man muss nur den Mut haben und sagen: Lieber Bauherr, mach mal! Das ist der Ansatz, den wir geben wollen. Wir haben mit den Berliner Wohnungsbaugesellschaften am Molkenmarkt Gesprächspartner, mit denen man vielleicht besser reden kann als mit einem privaten Investor. Bauträger sagen oft: Ich muss bloß sehen, was beim Verkauf zu erzielen ist und die Fassade muss nur zweckmäßig sein, aber nicht schön, mehr nicht.

Es gibt einen Bebauungsplan. Wie verhalten sich Ihre Stadtbilder dazu?

Wir konterkarieren die Planung nicht. Wir nehmen die Grundstruktur bewusst auf und wollen die Möglichkeiten aufzeigen. Wir wollen eine offene, öffentliche Diskussion anstoßen.

An welche Möglichkeiten denken Sie dabei?

Wir versuchen, dem Senat Steuerungsanregungen zu geben für einen qualitätvolleren Umgang mit dem, was man hier bauen will. Dazu gehört auch das Gewerbe, nicht bloß das Wohnen, nicht bloß die Fassade. Man muss auch über sozialverträgliche Gewerbemieten reden, über Gewerbe, das mehr auf Kultur ausgerichtet ist. In die Alte Münze zieht das House of Jazz.

Das Gespräch führte André Franke.

 

76 – Herbst 2018