DalÍ,  Da Vinci und die Weltzeituhr

Der Kultur-Unternehmer Carsten Kollmeier leitet seit zehn Jahren mit „Dalí- Die Ausstellung am Potsdamer Platz“ das erste privatwirtschaftliche Kunstmuseum Deutschlands. Maßgeblich war er an der Entstehung des Spionagemuseums in Berlin beteiligt, zur Zeit entwickelt er ein Museum über Leonardo da Vinci – und ist noch auf der Suche nach einer passenden Immobilie. Als privater Museumsmacher engagiert sich Kollmeier aber auch mit Leidenschaft für den Berliner Tourismus. Sein neuester Coup ist die Weltzeituhr am Alexanderplatz. Berlin vis-à-vis sprach mit Carsten Kollmeier.

Was fasziniert Sie so sehr an der Weltzeituhr?

Die Weltzeituhr ist ein zeitgeschichtliches Denkmal von Weltrang, eine einzigartige Design-Ikone und steht als bedeutendes Symbol Berlins für Freiheit. In der DDR war sie für viele Menschen eine Art Sehnsuchtsort, da die meisten der abgebildeten Städte für DDR-Bürger damals nicht zu bereisen waren. Aber sie steht für weit mehr als nur für ihre Geschichte. Sie ist bis heute Treffpunkt für Menschen aus der ganzen Welt, seit dem Mauerfall Symbol für Weltoffenheit und in der Gegenwart Sinnbild für multikulturelles Zusammenleben. Sie zeigt für alle Zeitzonen und die 144 aufgeführten Städte und Regionen gleichzeitig die richtige Zeit an und veranschaulicht, dass es nur eine Zeit gibt, die aus dem Weltall bestimmt wird.

Sie haben die Vermarktungsrechte für die Weltzeituhr erworben. Was haben Sie vor?

Wir haben nicht nur die Vermarktungsrechte übertragen bekommen, sondern uns damit auch einer verantwortungsvollen Aufgabe angenommen. Denn bislang durfte sie nicht in Form von Reproduktionen bzw. Souvenirs vermarktet werden. Da die Weltzeituhr 2019 ihren 50. Geburtstag feiert, hat ihr Schöpfer, der Formgestalter Prof. Erich John, sie uns anvertraut. Er hat gesehen, wie sorgsam wir als Museumsmacher mit Kulturgut umgehen. Unser Konzept, die Weltzeituhr als hochwertige Sammlerstücke und Designobjekte weltweit zu vermarkten, hat ihm schließlich gefallen. Die auf dieser Grundlage entwickelten Produkte werden mit Lizenzpartnern aus Berlin und Deutschland realisiert. So dass wir, wie beim Original, stets von „Made in Germany“ und wenn möglich sogar „in Berlin“ sprechen können.

Vor zehn Jahren haben Sie Dalí nach Berlin geholt. Die Ausstellung ist immer gut besucht, vor allem von Touristen. Können Sie mit den großen Museen in der Stadt mithalten?

Wir zählen als von Senat, Deutschem Museumsbund und ICOM (Anm. d. Red.: Internationaler Museumsrat) anerkanntes Haus bei der Besucherfrequenz zu den führenden 10 Prozent aller Museen in Deutschland. Das haben wir insbesondere dem florierenden Tourismus in Berlin zu verdanken. Aber auch die Berliner sind gern gesehene Gäste. Allein bei der letzten „Langen Nacht der Museen“ waren es wieder ca. 3 000 Besucher. Als das erste und wohl immer noch einzige privatwirtschaftliche Kunstmuseum in Deutschland, das sich, ohne öffentliche Förderung in Anspruch zu nehmen, alleine trägt, liegt uns das Erlebnis der Besucher sehr am Herzen. So bieten wir zum Beispiel stündlich die Teilnahme an öffentlichen Führungen an. In der geförderten Kulturwelt ist es durchaus nichts Ungewöhnliches, dass gut besuchte Ausstellungen oder Vorstellungen gerne als Erfolg gefeiert werden, obwohl sie rein wirtschaftlich gesehen ein Verlust waren. Oder der Deckungsbeitrag durch eigene Einnahmen nicht selten bei gerade einmal 20 Prozent liegt. Das können sich private Museen nicht erlauben.

Was macht das Dalí-Museum so beliebt?

Dalí ist eine Ikone der Kunstwelt. Er polarisiert wie kaum ein anderer. Man kann ihn und seine Kunst nur hassen oder lieben. Aber in jedem Fall ruft er Emotionen hervor. Die Vielfalt und Vielschichtigkeit seines Werkes, die wir im Museum versuchen abzubilden, sprechen jeden an. Er war seiner Zeit voraus und wusste schon damals die Medien als wichtigen Faktor für sich zu gewinnen. Er hätte heute sicherlich eine Milliarde Follower in den Sozialen Medien, wie zum Beispiel auf Facebook. Das ist es, was die Menschen bis heute an diesem Ausnahmekünstler und Vorreiter für ganze Künstlergenerationen fasziniert.

Was haben Dalí und Berlin gemeinsam?

Er ist 1989 gestorben, in dem Jahr, als die Mauer fiel. Ich glaube, Berlin ist die Stadt, in der er heute leben würde. Eine weltoffene und multikulturelle Kunstmetropole, modern und exzentrisch.

Jetzt planen Sie die Eröffnung eines weiteren Privat-Museums, das Da Vinci Berlin. Was erwartet den Besucher?

Das Da Vinci Museum Berlin wird ein Museum 4.0. Dabei wird es von der Zeit der Renaissance, die von der Innovationskraft durchaus mit der Entwicklung von heute zu vergleichen ist, über die weltweit berühmte Kunst von da Vinci bis hin zu den bahnbrechenden Erfindungen und Innovationen des Ausnahmegenies gehen, die bis heute unsere Welt nachhaltig beeinflussen. Originale Zeichnungen, gepaart mit digitalen Erlebniswelten, werden den Besuchern zeigen, was uns bis heute bewegt. Denn vom Traum des Menschen vom Fliegen bis hin zur Mobilität durch das Kugellager, ohne das sich auch eine Weltzeituhr nicht bereits 49 Jahre drehen würde und die Industrialisierung nicht denkbar gewesen wäre, verdanken wir vieles bis heute Leonardo da Vinci. Auch in der Medizin, Botanik, Schifffahrt etc. Parallel planen wir weitere Museen und würden natürlich auch der Weltzeituhr am Alex gerne eine Dauerausstellung widmen. Um den Menschen aus aller Welt dieses Symbol nachhaltig näherzubringen.

Danke für das Gespräch.

Ina Hegenberger

 

76 – Herbst 2018