In Zukunft Fliegende Taxis

Mobilität und Infrastruktur für die Zukunft zu gestalten, sind große Herausforderungen. In manchen Großstädten sitzen Autofahrer jährlich hundert Stunden im Stau, in Deutschland etwa die Hälfte. Bis 2050 werden siebzig Prozent der Menschen in urbanen Räumen leben. Unser „Jahrhundert der Städte“ zwingt uns, vor allem Mobilität neu zu denken.

Über fliegenden Nahverkehr gab es immer schon Visionen, doch erst 2017 wurde in Dubai tatsächlich erstmals ein Flugtaxi getestet. Kürzlich hat nun ein Verbund von Audi, Airbus und Italdesign erstmals das Konzept für einen völlig neuartigen und effizienten Flugtaxi-Service für die Stadt vorgestellt. Er kombiniert ein Flugtaxi mit einem selbstfahrenden Elektroauto. Beim ersten öffentlichen Testflug hat die Drohne eine Passagierkapsel zielsicher auf dem Fahrzeug abgesetzt, das dann selbstständig vom Testgelände fuhr. Noch ist der Prototyp „Pop.Up Next“ ein Modell, doch ist man bei Audi überzeugt, dass derartige „Robotertaxis“ im nächsten Jahrzehnt zum Einsatz kommen werden.

Eine mobile Zukunftsvision mit innovativer Lösung und Services für die Mobilität der Zukunft präsentierte auch Bosch Anfang des Jahres auf der CES in Las Vegas: Das Konzeptfahrzeug eines fahrerlosen, elektrisch angetriebenen Shuttles, das mit seiner Umwelt vernetzt ist. Denn für die Zukunft des automatisierten Fahrens müssen Fahrzeuge sowohl untereinander als auch mit ihrem Umfeld reibungslos kommunizieren können. Bosch hat dafür eine universelle Vernetzungseinheit entwickelt. Das Technologieunternehmen will Hardware, Software und neue digitale Services bereitstellen, mit denen die zukünftigen Nutzer die Shuttles buchen können.

Mit den autonomen Fahrzeugflotten, Lufttaxen und einer wachsenden Zahl von Elektroautos wird sich schließlich auch das Tankstellengeschäft ändern. Zu diesem Schluss kommt die neue Aral-Studie „Tankstelle der Zukunft“. Sie zeigt das Modell einer Tankstelle mit vielfältigem Strom- und Kraftstoffangebot, Tankrobotern, die das Laden und die Betankung übernehmen,
Batteriewechselautomaten für E-Bikes und E-Scooter und einem Landeplatz für Lufttaxis. Außerdem können sich die Aral-Visionäre Meetingräume und mobile Büros für Geschäftsleute, Paketstationen und Lieferservices in den Tankstellen vorstellen. Die nahe Zukunft ist bescheidener: zunächst die Vision Realität werden zu lassen, überall Schnellladesäulen aufzustellen, mit denen E-Autos in fünf Minuten für eine Reichweite von 145 Kilometer aufgeladen werden können.

 

Die Tesla-Konkurrenten

1. Erster vollelektrischer Mercedes [Foto: © Daimler AG]
2. Der Audi e-tron quattro ist das erste Elektro-SUV des Ingolstädter Autobauers [Foto: AUDI AG]
3. BMW i4 soll 2021 auf den Markt kommen [Foto: BMW AG]

Im Rennsport wird die Pole-Position fast wie „die halbe Miete“ zum Sieg angesehen. Die Elektromarke Tesla hatte das frühzeitig erkannt und brachte sich dank des charismatischen Elon Musk und einem enormen Investitionsaufwand mit den Modellen Model S, X und 3 rechtzeitig in diese erfolgversprechende Ausgangsposition. Schließlich geht es, um im Bild zu bleiben, um den Sieg, d.h., die Dominanz in Sachen Elektromobilität. Mittlerweile wollen aber auch Mitstreiter und Konkurrenten in die erste Startreihe. Im Branchenjargon als „Tesla-Jäger“ gehandelt, sind es vor allem Mercedes mit dem ersten Modell seiner EQ-Serie, BMW mit dem i4 und Audi mit dem e-tron. Immerhin ist Tesla bereits seit Langem mit dem Model S auf dem Markt, weiteres Abwarten vonseiten der deutschen Hersteller offensichtlich keine Option mehr. Denn trotz Produktionsverzögerungen und einer teilweise schlechten Verarbeitungsqualität kommen an Teslas Model 3 im Augenblick die deutschen Premiumhersteller nicht vorbei. Was Wunder, wenn jetzt zum großen Angriff geblasen wird.

Das erste EQ-Modell von Mercedes, wie kann es anders sein, ist ein SUV mit dem Kürzel EQC. Bereits 2016 hatte Mercedes eine entsprechende Studie präsentiert. Es soll dem Tesla Model X Konkurrenz machen und Mitte 2019 in den Handel kommen. Der Strom des EQC kommt aus einem Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 80 Kilowattstunden und soll mit einer Akkuladung eine Reichweite bis zu 400 Kilometer garantieren. Die Beschleunigung von Null auf Tempo 100 wird mit 5,1 Sekunden angegeben, bei 180 Kilometer pro Stunde abgeregelter Höchstgeschwindigkeit. Als Schwachpunkt erscheint die Ladezeit: In ca. 40 Minuten ist der Akku zu 80 Prozent aufgeladen. Allerdings markiert der EQC erst den Beginn von Daimlers Elektrooffensive. Große Summen steckt der Konzern in den kommenden Jahren in neue Elektromodelle und entsprechende Batteriefertigung.

Auch in München wird sehr viel Geld in die Hand genommen, um einen echten Tesla-Jäger auf die Straße zu bringen. BMW investiert etwa 200 Millionen Euro in sein Stammwerk für den Bau des vollelektrischen Tesla-Konkurrenten BMW i4. 2021 soll dort die Serienproduktion dieses viertürigen Elektro-Coupés beginnen, ein echter Gegner für das Tesla Model 3 im Preis-Segment zwischen 40 000 und 60 000 Euro. Bereits 2019 will Tesla allerdings das Model 3 in Deutschland verkaufen. Das macht zusätzlichen Druck für die bayerische Konkurrenz. 

Bei Audi ist man offensichtlich etwas schneller. Bereits in diesem Jahr wird der E-Tron, ebenso ein SUV, ausgeliefert. Die Kapazität seines Akkus beträgt 95 Kilowattstunden, womit man mit einer Akkuladung wie mit dem EQC bis zu 400 Kilometer weit kommen soll. Den Spurt von Null auf Tempo 100 schafft er in 6,6 Sekunden bei abgeregelten 200 Kilometer pro Stunde. Während der Einstiegspreis des E-Trons nahe 80 000 Euro liegt, beginnen die Preise für den EQC bereits ab 70  000 Euro. Damit befinden sich diese beiden E-Modelle zwar mit in der ersten Startreihe der neuen E-Autos, aber echte Tesla-Konkurrenten sind sie noch nicht, betrachtet man die höheren Reichweiten beispielsweise von Model X oder die günstigeren Preise für Model 3.

Ähnliches gilt sicher auch für andere Marken, die sich als Tesla-Jäger verstehen. So will sich Jaguar mit dem iPace auch Marktanteile auf dem mobilen Elektromarkt sichern. Und nicht zu vergessen, die chinesischen Tesla-Jäger.

1. Der Nio ES8 ist ein SUV mit umfangreicher Ausstattung und E-Motor aus China [Foto: © NIO]
2. Mit dem Lucid Motors Air wurde 2017 ein weiteres Elektroauto vorgestellt, das Tesla gerne ein paar Kunden abjagen möchte [Foto: © Lucid Motors, Inc.]
3. Byton will 2020 ein Elektro-SUV für ca. 43 000 Euro nach Deutschland bringen [Foto: © BYTON]

Nio startete bereits die Serienproduktion des ES8, ein siebensitziges Elektro-SUV in China, angeblich nur halb so teuer wie Teslas Model X, aber ähnlich leistungsstark. Ab 2020 soll der ES8 auch in Europa verkauft werden. Lucid Motors will eine Limousine der oberen Mittelklasse 2020 in den USA auf den Markt bringen und Byton visiert lautstark den Massenmarkt an. Das erste Byton E-SUV wird Ende 2019 auf den chinesischen Straßen zu sehen sein, in Europa ein Jahr später. Technisch auf hohem Niveau sowie mit der Option, auch autonom fahren zu können, preislich unter 50 000 Dollar angesiedelt, könnte ein Byton der aussichtsreichste chinesische Tesla-Jäger sein.

 

Transformation bei Porsche 

Hybridtauglicher Porsche [Foto: Porsche AG]

Als der neue 911er angekündigt wurde, jubelten in der Porsche-Gemeinde die eingefleischten Puristen, denn die achte Generation seit 1963, die im Frühjahr mit dem Carrera S als Einstiegsmodell verkauft wird, pflegt weiter die Tradition des legendären Sportwagens: wiederum um 30 PS ein wenig stärker und mit 3,7 Sekunden von Null auf Tempo 100 ein wenig schneller als das jeweilige Vorgängermodell. Und auch der Sechszylinder-Boxermotor im Heck klingt genauso, wie von der speziellen Porsche-Klientel erwartet wird. Bewusst wolle man keine grundsätzlichen Veränderungen am Elfer, heißt es bei Porsche. Es gehe um das alte, faszinierende Fahrgefühl, den Fahrspaß. Deshalb könne der Fahrer auch jederzeit die technischen Helfer – es sind einige dazugekommen und auch zwei Gänge mehr als Spritsparstufen – ausschalten. 

Transformation in Richtung alternativer Antrieb also für den 911er ein No-Go? Nicht ganz. Zumindest der Platz für einen Elektromotor existiert schon, die Elfer-Plattform ist also hybridtauglich, ein mögliches Modell aber sicher so schnell nicht zu erwarten. 

Noch in diesem Jahr will dagegen Porsche sein erstes reines Batteriefahrzeug seinem PS-verwöhnten Kundenkreis anbieten. Die Neuentwicklung heißt Taycan und verspricht mit 600 PS deutlich gewohnte Antriebsstärke. In weniger als 12 Sekunden erreicht der Taycan Tempo 200. Ob allerdings ohne den porschetypischen Sound bei den potenziellen Käufern Begeisterung aufkommen wird, bleibt abzuwarten. Abzuwarten bleibt auch, inwieweit die Reichweite, die mit ca. 500 Kilometern angegeben wird, bei hohen Geschwindigkeiten schmilzt. Dem viertürigen Taycan-Coupé sollen weitere E-Modelle folgen. Daimler will sechs Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren in deren Entwicklung und den Aufbau entsprechender Ladeinfrastruktur investieren.

 

 

 

77 - Winter 2019