Gut zu Fuß

Was einst mit einer guten Marketingidee des ersten Herstellers für Schrittzähler Yamasa vor fast 55 Jahren in Japan begann, gilt heute weltweit als Faustregel für den gesunden Menschen: 10 000 Schritte soll man pro Tag gehen, um gesund und fit zu bleiben. Aber was tun, wenn man nicht mehr ganz so gut zu Fuß ist?

10 000 Schritte, das sind bei einer Schrittlänge von 60 cm rund sechs Kilometer am Tag und 2 190 Kilometer im Jahr. Bei 40 Laufjahren ist man dann theoretisch mehr als zweimal um die Erde gelaufen, immer am Äquator entlang. Eine schöne Reise wäre das. 10 000 Schritte sind eigentlich auch ein Klacks, wenn man bedenkt, dass unsere Vorfahren noch bis zu 40 Kilometer täglich zu Fuß unterwegs waren. Und doch sind 10 000 Schritte heute für unseren modernen, von Bürostühlen und Rolltreppen geprägten Alltag nicht für jeden zu schaffen. Bewegung ist alles.

Die Laufbewegung in Deutschland ist groß. In Berlin sind zwar täglich Jogger und Walker jeden Alters auf den Straßen und in den Parks unterwegs. Doch für viele ist sportliches Gehen oder Laufen auf Grund von Fußproblemen gar nicht möglich. Die Probleme reichen vom Knickfuß bis hin zum Fersensporn und sind teilweise mit erheblichen und teilweise stechenden Schmerzen bei jedem Schritt verbunden. Die Ursachen sind so vielfältig wie die Beschwerden. Einer der Gründe ist, neben der Vererbung von Bindegewebsschwäche, das Fehlen von Flexibilität und Natürlichkeit in unserem Leben. Oder anders ausgedrückt: Wir bewegen uns eingezwängt in den falschen Schuhen durch eine platte Stadt.

Dabei kommen wir perfekt auf die Welt und haben neben den Augen und dem süßen Lächeln noch etwas, was uns als Babys unwiderstehlich macht. Es sind die kleinen Füße, ein Wunderwerk der Natur. Sie sind mit der Fähigkeit ausgestattet, uns ein Leben lang zu tragen und uns im Gleichgewicht zu halten. Sie lassen uns laufen und springen, um uns dann wieder abzufangen und abzufedern. 26 Knochen hat im Normalfall jeder Fuß. Er ist gewölbeartig und spiralförmig verdreht aufgebaut und mit einem hervorragenden Tastsinn ausgestattet. Die Füße sind mit unserem ganzen Körper verbunden, mit unseren Gedanken, mit unserem Tun und unseren Bewegungen. Ein relativ junges, auf unserer Anatomie aufbauendes spannendes Bewegungs- und Therapiekonzept ist die Spiraldynamik, das von dem Schweizer Arzt und Therapeuten Christian Larsen und der französischen Physiotherapeutin Yolande Deswarte entwickelt wurde. „Spiralen und Wellen sind universale Prinzipien in der Natur“, heißt es bei der Spiraldynamik. Licht und Ton, Wind und Wasser folgen diesem Prinzip. Und der Mensch auch, wie bei vielen Sportarten zu beobachten ist, beim Speerwerfen beispielsweise, beim Tanzen oder beim Tai-Chi. Es geht um die Bewegungsvielfalt. Die Spiraldynamik geht deshalb bei Schwierigkeiten im Fußbereich auch vom ganzen Körper aus. „Als erstes wird eine Gang-Analyse gemacht, um Probleme sichtbar und verständlich zu machen“, sagt der Sportwissenschaftler Oliver Hartelt, „und dann wird gearbeitet, erst zusammen und anschließend in Eigenverantwortung zu Hause. Denn es sind die Füße der Klienten.“ Oliver Hartelt arbeitet als Dozent und Therapeut und hat jahrelang an der Weiterentwicklung des Spiraldynamik-Konzeptes mitgewirkt. „Bei Fußproblemen sollte man keine Zeit vergehen lassen, sondern einen Profi-Check machen“, rät er.

Orthopäden, Fußtherapeuten, Medizinische Fußpfleger, Physiotherapeuten können helfen, die Freude am Gehen wiederzufinden. Wer dauerhaft zu starke Schmerzen beim Gehen hat, kann stattdessen schwimmen gehen oder Radfahren. Es gibt viele Wege, um wieder mit Freude in Bewegung zu kommen und seinen Füßen Gutes zu tun.

Barbara Sommerer

 

Barfuß gehen so oft es geht und zu jeder Jahreszeit –
kleines Einmaleins für die Fußgesundheit.

Abwechslung: Schuhe jeden Tag wechseln, auch die Absatzhöhe.

Reine Formsache: Nicht in Schuhen laufen, die den Füßen die Form vorgeben. Das macht die Füße schlapp und krumm. Das gilt auch für Einlagen. Einlagen helfen in der Akut-Phase, danach ist wieder Fuß-Training gefragt.

Der Trend geht zum Zweitschuh: Mit Lauf-, Sport- oder Barfußschuhen ins Büro und dort die Schuhe wechseln. Das machen die Promis auf dem Roten Teppich im Übrigen auch. Befreien: Frischluft und wieder Sinneseindrücke für die Füße schaffen – barfuß gehen so oft es geht und zu jeder Jahreszeit! Ob am Sandstrand oder über eine Wiese, im Hinterhof, im Park und auf Waldboden. Es werden zu diesem Zweck auch Heil-Steine und Barfußpfade angeboten (www.barfusspark.info).

Fuß-Stand-Variationen: Auf Zehenspitzen ins Bad gehen. Auf den Fersen zurück. Auf einem Bein stehend Zähne putzen. In Wartezeiten mit den Füßen wippen. Fuß-Übungen am Abend: Beine hochlegen und dann mit den Füßen die Zahlen 0 bis 9 in die Luft schreiben.

Wechselduschen: Kneipp hat es herausgefunden und wir haben es schon fast wieder vergessen. Wechselduschen sind nicht nur für die Füße wohltuend, sondern sorgen für die Durchblutung der Beine und trainiert das Venensystem, dass wiederum dafür sorgt, dass das Blut entgegen der Schwerkraft zum Herzen zurücktransportiert wird.

Flaschenrollen: Eine Getränkedose ins Eisfach legen und kurz kühlen. Eingewickelt in einem Tuch unter den Füßen hin und her rollen.

Abnehmen bei Übergewicht: Weniger Gewicht ist besser für die Gelenke und Beweglichkeit sowie fürs Herz-Kreislauf-System.

Stützstrümpfe: Stützstrümpfe von heute sind wahre Alleskönner. Es gibt sie in unterschiedlichen Kompressionsklassen; als Socke, Strümpfe, Leggings und Strumpfhosen. Sie machen schöne schlanke Beine und dienen neben der Therapie auch zur Vorsorge. Man trägt sie in sitzenden und stehenden Berufen, auf Langstreckenflügen, beim Lauftraining und bei einem Stehempfang.

Tanzen: Beim Tanzen tut der Fuß nicht weh.

Laufen: Eine der wichtigsten Fragen überhaupt ist, wenn man seine Schritte vom Tag zusammenzählt, wie man überhaupt gelaufen ist. Eile von einem Termin zum anderen? Das zählt leider nicht. Ein richtig guter Lauf ist wie eine Meditation, ist Zeit für sich, ist die Lösung aller Dinge.

B.S.

 

81 - Winter 2020