Der Berliner Mietendeckel ist juristisch und politisch krachend gescheitert. Nun ist es an der Zeit, dass sich die Berliner Landespolitik aufrafft und die Immobilienwirtschaft endlich als Partner und nicht als Gegner ansieht.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Mietendeckel endlich gestoppt. Mit diesem Urteil haben – da bin ich ganz sicher – auch die politischen Erfinder und Umsetzer des Berliner Mietendeckels gerechnet, allen voran die ehemalige Bausenatorin Katrin Lompscher. Kein Verfassungsrechtler, der nicht von Rot-Rot-Grün oder den Mietervereinen beauftragt und bezahlt wurde, hat diesem Gesetz eine Verfassungskonformität bescheinigt. Das Urteil in Karlsruhe wurde mit 8:0 Stimmen der höchsten deutschen Richter einstimmig getroffen. Was für eine schallende Ohrfeige für den Berliner Senat. Unverantwortlich, was die Politik den Mietern und Vermietern eingebrockt hat. Es war glasklar: Das Land hat keine Gesetzgebungskompetenz, mietrechtliche Vorschriften zu erlassen. Hierfür ist allein der Bund zuständig. Die Berliner Landespolitik hat ihre Bürger sehenden Auges mit ihrem populistischen Prestige-Projekt ins Chaos gestürzt und vorsätzlich eine Spaltung zwischen Vermietern und Mietern in Kauf genommen.
Auch politisch war das Gesetz ein kompletter Irrsinn. Das sehen wir an vielen Kennzahlen. Infolge des Mietendeckels gab es Ende 2020 fast 60 Prozent weniger verfügbare Wohnungen auf den Immobilienportalen als vor Inkrafttreten des Gesetzes. Während sich das Angebot verringert hat, stieg gleichzeitig die Nachfrage nach Mietwohnungen um rund 70 Prozent, wie die IHK Berlin errechnet hat.
Haben sich bundesweit die Warteschlangen vor den angebotenen Wohnungen verkürzt, so sind sie dagegen in der Hauptstadt immer länger geworden. Und keine Frage: Der Neubau hat durch das Gesetz immensen Schaden genommen. Denn während in ganz Deutschland die Zahl der Baugenehmigungen weiter steigt, sinkt sie in Berlin im vierten Jahr rot-rot-grüner Regierungszeit infolge, allein 2020 um fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Markt für Grundstücke, die für den Neubau von Mehrfamilienhäusern genutzt werden können, ist laut Gutachterausschuss Berlin im Jahr 2020 gar um etwa 60 Prozent eingebrochen.
Aus all diesen Kennziffern ergibt sich ein klares Bild: Mit dem Mietendeckel hat die rot-rot-grüne Landespolitik der Hauptstadt einen Bärendienst erwiesen. Und nur wenige Stunden nach der Urteilsverkündung fordern Linke, Grüne und SPD nun, einen bundesweiten Mietendeckel einzuführen, anstatt sich erst einmal bei den Berlinerinnen und Berlinern für ihre fatale politische Irrfahrt zu entschuldigen. Es hilft nur eine Angebotsausweitung, um die Lage zu entspannen. Schneller, mehr und günstiger bauen ist das Gebot der Stunde. So entstehen Wohnungen für alle Einkommensschichten. Und das kann nur der freie Markt stemmen, nicht die Politik. Auf Bundesebene zeigt der verstärkte Neubau gerade seine Wirkung. Laut des Marktforschungsunternehmens F+B, das auch den Berliner Mietspiegel erstellt, flacht die Kurve der Mietensteigerung in vielen Städten weiter ab. In 27 der 50 teuersten deutschen Städten sinken die Mieten bereits. Auch die Analysen des IVD Research beweisen diesen bundesweiten Trend.
Was muss nun passieren? Die politischen Parteien müssen auf Lösungen in der Sache statt auf Wahlkampfgetöse und Regulierungspolitik setzen. Wohnungsneubau muss in ganz Deutschland und insbesondere in Berlin schneller und günstiger funktionieren. Wenn die Berliner Politik sich nach dem Scheitern des Mietendeckels jetzt endlich bereit zeigen würde, mit allen Akteuren am Wohnungsmarkt offen über Lösungen zu diskutieren, wäre viel gewonnen. In anderen Städten und im Bund funktioniert das. In Berlin muss man skeptisch sein.
Dirk Wohltorf
Dirk Wohltorf ist seit 1997 Immobilienmakler in Frohnau. Der studierte Immobilienökonom (ebs) war von 2001 bis 2018 Vorstandsvorsitzender des Immobilienverband Deutschland (IVD) Berlin-Brandenburg. Seit Juni 2019 ist Vizepräsident
des IVD Bundesverbandes