In zehn Ausstellungen präsentieren die Staatlichen Museen zu Berlin den Künstler als Kultfigur: Kult des Künstlers.
Kunst allgemein zu erklären, ist einigermaßen schwierig. Selbst Pablo Picasso war da eher zurückhaltend: „Wenn ich wüsste, was Kunst ist, würde ich es für mich behalten.“ Vielleicht kann ein philosophischer Ansatz helfen: Über die Schaffung einer Gegenwelt – also des Scheins –, wie es jeder Künstler anstrebt, gelangen wir zu dem, was Wahrheit sein könnte. In diesem Sinne ist für Friedrich Nietzsche der Schein weder gut noch schlecht, er ist vielmehr eine soziale Handlung, unentbehrliche Triebfeder und notwendig zur Selbsterhaltung und Selbstfindung. Oscar Wilde hat dieses „Mysterium der Kunst“, mit dem wir es hier zu tun haben, auf den Punkt gebracht: „Kein großer Künstler sieht die Dinge, wie sie wirklich sind. Täte er es, wäre er kein Künstler mehr.“ So hat letztlich diese Sicht der Dinge den Künstler zur mythischen Figur gemacht – ob seiner besonderen Eingebungen und Begabung seither grenzenlos bewundert und verehrt.
Dass die Staatlichen Museen zu Berlin den Künstlerkult mit dem Ausstellungszyklus „Kult des Künstlers“ im Herbst zum großen Thema machen, ist zweifellos eine Herausforderung und ein besonderes Kunstereignis.
Es beginnt mit zwei Ausstellungen in der Alten Nationalgalerie. Etwa 100 Gemälde, Skulpturen und Rötelzeichnungen von Hans von Marées, dessen Bilder zu seiner Zeit auf Unverständnis stießen, umfasst die Ausstellung „Kult der Gemeinschaft“. Im Zentrum steht das Gesamtkunstwerk „Zoologische Station“, das später Künstler wie Klee, Beuys und Picasso faszinierte. Die zweite Ausstellung „Künstlermythen. Das 19. Jahrhundert“ thematisiert die Künstlerexistenz, die gemeinsame Arbeit im Atelier oder auch die Schaffensweise in der Isolation, wie bei Caspar David Friedrich.
Etwas später folgt die Ausstellung „Karl Friedrich Schinkel und Clemens Brentano – Wettstreit der Künstlerfreunde“ mit etwa 60 Exponaten, die deren enge Freundschaft und originelle künstlerische Zusammenarbeit zum Thema hat.
Im Hamburger Bahnhof sind drei Ausstellungen zu sehen. „Celebrities. Andy Warhol und die Stars“ zeigt, wie der Pop-Art-Künstler Bilder von Kultstatus schuf und damit selbst zum Star wurde. Während „Beuys. Die Revolution sind wir“ dem Kunstpropheten Joseph Beuys gewidmet ist, der mit seinen Ideen, Entwürfen und Vorstellungen ein völlig neues Verhältnis von Kunst und Gesellschaft kreierte. Erstmals ist auch der gesamte Kontext der Beuys‘schen Kunstauffassung an Hand von Dokumenten und Filmen zu sehen. Die dritte Ausstellung beschäftigt sich mit der Hinterfragung und Dekonstruktion des Künstlermythos.
In der Kunstbibliothek am Kulturforum Potsdamer Platz machen 200 Meisterwerke deutlich, welche Macht und Bedeutung den Ideen des Künstlers zukommt. Bis heute gilt er mehr oder weniger als Auserwählter, Begnadeter, der seine Eingebungen aus einer höheren, nicht für jedermann zugänglichen Sphäre empfängt. Neben den klassischen europäischen Künstlervorstellungen beleuchtet die Ausstellung auch außereuropäische und vorchristliche Künstlerbilder.
Auch das Alte Museum schlägt mit der Ausstellung „Giacometti, der Ägypter“ eine Brücke zur außereuropäischen Kunst. Gezeigt wird, wie sich altägyptische Kunst im Werk Alberto Giacomettis widerspiegelt.
Schließlich präsentiert die Neue Nationalgalerie Großskulpturen von Jeff Koons, einem der populärsten Künstler der Gegenwart, dessen Bilder und Installationen seinen eigenen Kult mitinszenieren. Und mit 250 Meisterwerken Paul Klees ist wieder eine umfassende Retrospektive, „Das Universum Klee“, zu sehen.
Der groß angelegte Ausstellungszyklus bietet die einmalige Gelegenheit, über die Zeitläufte hinweg dem Geheimnis des Kultkünstlers sehr nahe zu kommen.
Reinhard Wahren
Ausstellungen zum „Kult des Künstlers“:
- Hans von Marées – Kult der Gemeinschaft
1.10.2008 – 4.1.2009
Alte Nationalgalerie
- Im Tempel der Kunst. Künstlermythen.
Das 19. Jahrhundert
1.10.2008 – 18.1.2009
Alte NationalgalerieAlte Nationalgalerie
- Celebrities. Andy Warhol und die Stars
3.10.2008 – 11.1.2009
Hamburger Bahnhof
- Dekonstruktionen des Künstlermythos.
3.10.2008 – 22.2.2009
Hamburger Bahnhof
- Beuys. Die Revolution sind wir
3.10.2008 – 25.1.2009
Hamburger Bahnhof
- Karl Friedrich Schinkel und Clemens Brentano –
Wettstreit der Künstlerfreunde
9.10.2008 – 11.2.2009
Alte Nationalgalerie
- Idea. Die Ausstellung zum
Kult des Künstlers
28.10.2008 – 15.2.2009
Kulturforum Potsdamer Platz
- Giacometti, der Ägypter
29.10.2008 – 31.12.2008
Altes Museum
- Jeff Koons
31.10.2008 – 8.2.2009
Neue Nationalgalerie
- Das Universum Klee
31.10.2008 – 8.2.2009
Neue Nationalgalerie