Kleine Gartenparadiese – Versteckte Oasen in Sanssouci entdecken

Im berühmten Park und Schloss Sanssouci verstecken sich hinter kunstvoll geschnittenen Hecken und Bäumen wahre kleine Gartenoasen, die nicht auf Anhieb zu finden sind. Verschont von den großen Touristenströmen finden sich hier selbst in der Haupsaison idyllische Plätze zum Entspannen.

Kommt man vom Luisenplatz und betritt den Park am Haupteingang Grünes Gitter, empfiehlt es sich, statt gleich in Richtung Hauptallee und Große Fontäne zu streben, sich Zeit zu nehmen für den nahen Marlygarten. Ohne diesen Garten hätte es vielleicht Sanssouci nicht gegeben. So jedenfalls die Legende. Im Jahr 1715 von Friedrich Wilhelm I. als Küchengarten des Stadtschlosses angelegt, soll hier der spätere König Friedrich II. Zeit mit der Familie verbracht haben. Dessen Blick schweifte schon damals hinüber zum Bornstedter Höhenzug, dorthin, wo heute das Schloss Sanssouci steht. „Mein Marly“ hatte Friedrich Wilhelm I. spöttisch seinen Küchengarten genannt, in Anspielung auf des „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV. Lustschloß Marly-le-Roi bei Versailles. Es heißt, der spartanisch lebende Soldatenkönig habe im Marlygarten zuweilen selbst den Salat zubereitet.


Der rund 300 Hektar große Park Sanssouci hat eine Ost-West-Ausdehnung von mehr als zwei Kilometern, für einen ausführlichen Rundgang sollten man sich Zeit einplanen [Abb.: Tschubby] -- Zum vergrößern klicken --

Da der Garten später in die Parkanlage mit einbezogen wurde, kann der ehemalige Küchengarten mit Fug und Recht als Grundstein des Parks Sanssouci betrachtet werden. Als in den 1840er-Jahren unter Friedrich Wilhelm IV. die Friedenskirche errichtet wurde, ist der Küchengarten durch Peter Joseph Lenné und Gustav Meyer in einen Landschaftsgarten umgestaltet worden. Von ihm schwärmten Generationen von Gärtnern und Architekten. Wie dieser Garten, so musste es ein Villengarten sein, hieß es in den verschiedensten Quellen. Seltene Gehölze, ein Goldfischteich und die Villa Illaire mit ihrem terrakottaverzierten Teepavillon machen den besonderen Zauber dieses kleinen Gartens aus. Wenn man es einrichten kann, sollte man im Frühling kommen. Dann stehen Judas- und Tulpenbaum in voller Blüte. „Manche Orte haben einfach so eine Ausstrahlung“, so Barbara Piplat von der Potsdamer Touristinformation. „Ich finde, dass dieser kleine Garten mit der großen Friedenskirche nebenan ein ganz zauberhafter Ort ist – besonders, wenn man empfänglich für Stimmungen ist. Man kommt hier zur Ruhe.“

Ist der Marlygarten von lauschiger Innigkeit erfüllt, so präsentiert sich der Sizilianische Garten offen festlich. Um zu diesem anderen besonderen Gartenkunstwerk im Park Sanssouci zu gelangen, folgen Sie von der Großen Fontäne dem Weg in Richtung Neue Kammern. Westlich von hier stoßen Sie auf ein kleines Stück Italien, den Sizilianischen Garten. Als Ausdruck der Italiensehnsucht entstand dieser Garten von 1856 an in mehreren Abschnitten. Anders als bei Lenné ist hier alles symmetrisch angelegt. Die Wege verlaufen in geraden Linien. Nur der runde Mittelteil wird durch zwei halbrunde Laubengänge begrenzt. Wasserbecken, mediterrane Gewächse und Repliken antiker Skulpturen verleihen diesem Garten das besondere italienische Flair. Die beiden bekannten antiken Vasen Medici und Borghese flankieren den Garten stilgerecht zu beiden Seiten. Damit das italienische Bild so stimmig wie möglich ist, werden die Kübelpflanzen königlicher Tradition folgend in die Erde eingelassen. Alles soll so natürlich wie möglich wirken.

Vom Sizilianischen Garten ist es nicht mehr weit zur nächsten Gartenentdeckung. Über die Maulbeerallee geht es westlich am etwas finsteren Nordischen Garten entlang und vorbei am eindrucksvollen Orangerieschloss. Dann erreicht man den von Pergolen eingefassten Paradiesgarten. Nicht zuletzt die terrassierte Lage am Hang macht den besonderen Reiz dieses zweieinhalb Hektar großen Gartens aus. Er ist Teil des Botanischen Gartens und wird von der Universität Potsdam betreut. Im als Lehr- und Schaugarten dienenden Paradiesgarten wachsen die vielfältigsten Pflanzen, aus über 90 botanischen Familien.

Mittelpunkt des Gartens ist das von Ludwig Persius 1845/46 unter Friedrich Wilhelms IV. errichtete Stibadium. Das atriumartige Gebäude mit dem zentralen Wasserbecken diente der königlichen Familie zur Erholung. Für die so fruchtbare und lebendige Anmutung des Paradiesgartens sorgen zusätzlich eine Wasserkaskade, ein längliches Wasserbecken sowie ein 1937 angelegter Teich mit verschiedenen Sumpf- und Wasserpflanzen. Ohne Wasser eben kein Paradies. Wer den Tag nach so viel Garten kulinarisch ausklingen lassen möchte, dem sei das benachbarte Drachenhaus empfohlen.

Karen Schröder

 

92 - Frühjahr 2023