Berlin ist zwanglos

Interview mit Thierry Prévost, 45, Directeur International Europe Galeries Lafayette.

Wer sind Ihre Kunden?
„Die Hälfte der 100 000 Besucher pro Woche kommt aus Berlin selbst, 20 Prozent sind deutsche Touristen, 20 Prozent aus dem Osten, vor allem viele Russen und vermehrt auch Chinesen. Schließlich kommen 10 Prozent aus der EU, aus Frankreich und England, besonders aber aus Italien.“

Was ist typisch für Berlin?
„Das Leben hier ist günstig. Junge Leute, die hier studieren oder arbeiten wollen, können sich leichter etablieren, ein Atelier oder einen Laden eröffnen als in London oder Paris. Die Mieten und andere Kosten sind viel niedriger. Auch kommen immer mehr Touristen hierher, um die Stadt zu entdecken. Berlin bietet viel Kultur, aber auch Mode.“

Was ist der „Berliner Stil“ in der Mode?
„Vielleicht findet man den am ehesten in Prenzlauer Berg. Die Japaner sind ganz wild auf Berliner Kreationen. Ich glaube, dass immer mehr diejenigen, die etablierte Marken tragen, etwas Neues suchen. Das bietet die Berliner Szene. Außerdem kann man hier günstig kaufen.“

Was unterscheidet Berlin besonders von anderen Metropolen?
„Berlin ist insofern eine echte Weltstadt, als man hier trägt, was man will, ohne an andere zu denken. Die Stadt ist frei, hier gibt es keine Codes. Ich finde es toll, wenn Menschen das machen können, was sie wollen, ohne gesellschaftliche Zwänge.“

Und die „Modestadt Berlin“...?
„Die Fashion Week ist interessant und wichtig. Sie ist professioneller geworden, aber wenn Berlin internationale Modestadt werden will, sollte alles etwas komprimierter ablaufen. In Paris dauert es vier Tage. Aber man ist auf dem richtigen Weg. Wenn Paris für Haute Couture steht, so steht Berlin für die junge Szene. Das Wichtigste ist: Eine Show muss Emotion ausstrahlen. In unserem Beruf spielt die Emotion eine enorme Rolle.“  KG
 

35 - Sommer 2008