Politiker, Unternehmer und Sportfunktionär Frank Steffel.
Die Ruhe selbst ist dieser Mann nicht während des Handballspiels. Gestikulierend sucht er Blickkontakt zu den Schiedsrichtern, wendet sich bei offensichtlichen Pfiffen gegen seine Mannschaft demonstrativ ab. Nach dem Sieg gratuliert er kurz dem Manager, dann verschwindet er aus dem Freudenknäuel und beobachtet die Szenen weiter aus sicherer Distanz. Kein Gedanke kommt dabei auf, dass Frank Steffel Auftritte in der Öffentlichkeit nie scheut und es durchaus gewohnt ist, im Mittelpunkt zu stehen. Doch der Vereinspräsident der Reinickendorfer Füchse legt keinen Wert auf die erste Reihe, wenn die Geschäfte laufen. Wo auch immer. Wenn er sich im Hintergrund hält und bei Erfolgen mit Beifall nicht spart, war er an den Anfängen beteiligt und zählte zu den Initiatoren. Er entscheidet. Auch bei dem Sportverein aus dem Norden Berlins, dessen Präsidentschaft der 42-Jährige allerdings mehr zufällig übernahm. Zwar ist der athletische Ur-Berliner sportlich vorbelastet. Der Großvater war Präsident des Frohnauer SC. Er hat selbst lange als defensiver Mittelfeldspieler auf dem Fußballplatz gestanden. Mit theoretischen Fragen ist er als Vorsitzender und Mitglied diverser Sportausschüsse der politischen Szene bestens vertraut. Doch nun wurden unter seiner Führung bei den Füchsen Nägel mit Köpfen gemacht. Der Verein wuchs auf mehr als 2600 Mitglieder. Mit Manager Bob Hanning hievte er die permanent kränkelnden Handballer nahezu in Perfektionismus in die Erstklassigkeit. „Wir haben zusammen gesessen und überlegt: Zweitklassigkeit interessiert in Berlin keinen. Also müssen wir hoch. Mittelfeld ist auch nicht so prickelnd. Deshalb möchten wir in absehbarer Zeit um die Spitze mitspielen.“
Doch weniger die Profis genießen die ganze Aufmerksamkeit des Präsidenten. Der Sportverein hat sich schon immer als Talente-Becken verstanden. Frank Steffel verweist nur auf die Fußballer. „Thomas Häßler, Andreas Neuendorf, die Boateng-Brüder – alles frühere Füchse.“
Das Sportareal der Füchse am Freiheitsweg befindet sich in der Umgestaltung. „Mir schwebt ein Zentrum für alle sportlichen Belange vor. Ich bin Präsident eines Breiten- und Jugendsportvereins. Da ist der Profisport, wie ihn unsere Spitzenhandballer darstellen, nur ein ganz kleiner Teil und soll als Vorbildwirkung für den Nachwuchs dienen. An der Mannschaft kann man aber sehen, wie Integration auf hoher Ebene funktioniert. Das streben wir auch im Breitensport an.“
Alles Sport in Frank Steffels Leben? „Das ist mein Feierabend-Job“, sagt er. Im Hauptberuf hat der Diplomkaufmann den vor knapp zwei Jahrzehnten vom Vater übernommenen Kleinstbetrieb zu einem in Europa führenden mittelständischen Unternehmen mit 700 Mitarbeitern entwickelt. Von der Qualität seiner Produkte muss der Firmen-Chef schon deswegen hundertprozentig überzeugt sein, weil er sein Haus in Frohnau nahezu ausschließlich mit Waren des eigenen Unternehmens ausgestattet hat. „Wir bieten Inneneinrichtungen für jeden Bedarf an. Bei uns findet der Mieter etwas, der nur eine überschaubare Zeit in Berlin bleiben will. Aber auch die Familie, die sich ein größeres Haus bauen will, gehört zu unserer Kundschaft“, verweist er auf die breite Palette der Steffel-Unternehmensgruppe, einer der Marktführer in Deutschland.
Im Betrieb legt der Geschäftsführer den gleichen Wert auf ein harmonisches Miteinander wie in seinem Sportverein: „Ein Betrieb läuft nur so gut, wie das Klima unter seinen Mitarbeitern ist.“ Als eiserner Verfechter der sozialen Marktwirtschaft legt Steffel höchsten Wert auf eine Solidargemeinschaft in seinem Unternehmen. „Das will ich keinesfalls mit einer Auffangstation oder sozialen Hängematte verwechselt wissen. Aber ich bin nicht nur bemüht, sondern fühle mich geradezu verpflichtet, auf die Chancengleichheit zu achten. Das betrifft nicht nur das Unternehmen, sondern alle Bereiche, in denen ich mich engagiere.“ Womit der Berliner auf die dritte Säule seiner Beschäftigung hindeutet, die ihn vor sieben Jahren in ganz Deutschland bekannt gemacht hat. „Ich hätte nach dem Wahltag gleich als Fraktionsvorsitzender zurücktreten sollen“, erinnert er an die Wahlen zum Abgeordnetenhaus. Die Niederlage um den Posten als Regierender Bürgermeister gegen Klaus Wowereit schmerzt noch, war damals aber folgerichtig und nicht dem Kandidaten anzulasten. Von Parteispenden-Affären und dem Bankenskandal schwer gezeichnet, hatte die CDU mit niemandem eine Chance. „Ich war damals 35 Jahre alt und habe mich leider von meinem festen Entschluss zum Rücktritt abbringen lassen. Aber die Erfahrungen aus diesem Wahlkampf kann mir keiner nehmen. Die waren prägend.“
Der Schock ist zwar noch in der Erinnerung, aber gleichzeitig Antrieb zu neuen Herausforderungen. Vor zwei Jahren holte Steffel bei der Abgeordnetenhauswahl seinen Nord-Kreis mit der höchsten Erststimmen-Zahl ganz Berlins. Im kommenden Jahr will er einen zweiten Anlauf in den Bundestag nehmen. Das Rote Rathaus scheint nicht mehr in vorderster Linie zu stehen. „Natürlich ist es für einen gebürtigen Berliner ein Traum, Regierender Bürgermeister zu werden. Jetzt setze ich aber erst einmal andere Prioritäten“, sagt er. Dabei verblüfft der stets äußerst korrekt gekleidete Steffel („Das ist eine Frage des Stils gegenüber Geschäfts- und Gesprächspartnern“) inzwischen durchaus mit Ansichten, die nicht allein der CDU zuzuschreiben sind. „Ich bemühe mich stets um eine gepflegte politische Diskussion und bin ein Verfechter der Parteienvielfalt, besonders natürlich der großen Volksparteien. Deswegen hoffe ich, dass sich die SPD aus ihrem gegenwärtigen Tief erholt“, begründet er. Standpunkte aus deren Lager, auch von den Grünen und sogar von den Linken, kann der CDU-Mann durchaus mitvertreten. Für Gemeinsamkeiten mit der FDP sieht Steffel allerdings den Drang der Liberalen zum Marktradikalismus seiner Vorliebe für die soziale Marktwirtschaft abträglich.
Die Verbindung von hauptamtlichem Unternehmer, politischer Betätigung und Ehrenamt im Sport sieht Frank Steffel als ideale Basis, in allen drei Bereichen befruchtend zu wirken. Dass bei der Vielfalt der Beschäftigung das Private leidet, muss er ab und zu schmerzhaft erfahren. „Die Freunde kommen zu kurz“. Am Familienleben allerdings werden keine Abstriche gemacht. „Unsere Beziehung ist sicher intensiver als bei anderen. Das geht aber nur, wenn die Ehefrau eine perfekte Organisatorin ist. Das klappt bei uns“, lobt er Katja Steffel, die er seit mehr als 20 Jahren kennt und mit der er seit elf Jahren verheiratet ist. Seit der Geburt von Katharina im Februar dieses Jahres ist das Familienglück der Steffels fast komplett. Allerdings tut es dem Vater sicher öfter als sonst leid, so viele Ämter zu bekleiden.
Hans-Christian Moritz