Frauenbilder

Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts wandelte sich das Frauen­bild: Auf das Ideal der burschikosen, fast androgynen Frau folgte das der eleganten Dame. Eine Ausstellung im Georg-Kolbe-Museum spürt dieser Wand­lung in Mode, Fotografie und Gesellschaft nach.

Wenn ein Stilelement für das Frauenbild der Goldenen Zwanziger typisch war, so war es der Bubikopf. Mit dieser praktischen Kurzhaarfrisur demonstrierte die Frau der Weimarer Republik ihre Unabhängigkeit und ihren Willen, sich in der Großstadt selbstbestimmt zu bewegen. Die neue Frau, wie das Schlagwort der damaligen Zeit hieß, war berufstätig, suchte sich ihre Liebhaber selbst aus und emanzipierte sich auch sonst von überlieferten Wert­vorstellungen. Als angemessene Mode empfand dieser besonders in Berlin verbreitete Frauentyp kurze Kleider mit weiten Taillen, welche die freie Bewegung nicht hemmten.
Doch gegen Ende der Weimarer Republik, etwa ab 1928, veränderte sich das Bild. Mit dieser Wandlung beschäftigt sich die Ausstellung: Frauen­dar­stel­lun­­gen in der späten Weimarer Republik. Im Gegensatz zu den frühen zwan­ziger Jahren wurden die Kleider wieder länger und körperbetonter, die Frisuren ­femininer. Das Girl, so die The­se der Ausstellungsmacher, wurde Dame.

„Die Dame“ war auch der Titel einer­ Modezeitschrift, die – wie ihr Kon­kurrenzblatt „Elegante Welt“ – diesen ­Paradigmenwechsel entscheidend mit­bestimmte. Modezeichnungen und -fotografien­ vermittelten, orientiert an der Pariser Haute Couture, den Leserinnen das Bild der neuen Eleganz. Prägend war dabei das Vorbild der Schauspielstars. Allen voran Marlene Dietrich und Greta Garbo hatten mit der Art, sich zu kleiden, zu frisieren und zu schminken, einen enormen Einfluss auf die Damenwelt.

Davon nicht unbeeinflusst blieb die Kunst. Ernesto de Fiori porträtierte Mar­lene Dietrich mit einer Büste, die in der Ausstellung im Georg-Kolbe-Museum genauso zu sehen ist wie Leo von Königs Gemälde der Filmdiva Lil Dagover. Auch die Bilder, die im Rahmen des seit 1928 jährlich von der Kosmetikfirma Elida ausgeschriebenen „Georg-Schicht-Preises für das schönste deutsche Frauenporträt“ aus­gezeich­net wurden, veranschaulichen den Wandel des Frauenbildes. Exem­plarisch auf den Punkt bringt dieses Tamara de Lempicka in ihrem Ölgemälde „Das Telefon II“ von 1930.

Warum sich das Frauenbild fast zeitgleich mit dem Einbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 veränderte und ob diese Entwicklung bereits einen Vorgriff auf das weibliche Ideal des Dritten Reiches bedeutete, sind interessante Fragen, die den Rahmen der Ausstellung allerdings sprengen.

Paul Munzinger

 

 

Ausstellung  

„Glamour! Das Girl wird feine Dame –
Frauendarstellungen­ in der späten Weimarer Republik.“

Bis 12. Mai 2008

Georg-Kolbe-Museum, Sens­burger ­Allee 25, 14055 Berlin
Di bis So 10–17 Uhr

 

34 - Frühjahr 2008