Die Herzenskönigin

Zum 200. Todestag dürfen die Verehrer der einstigen Königin Luise von Preußen in Berlin-Brandenburger Veranstaltungen schwelgen.

Über alle Maßen. Geradezu kultisch. Auf jeden Fall maßlos wurde Königin Luise (1776 – 1810) zu ihrer Zeit verehrt und mit kosenden Namen versehen. Als Kind noch scherzhaft „Jungfer Husch“ und „unsre tolle Luise“ gerufen, wurde sie später zur Königin der Herzen. Sie nahm das Volk für sich ein. Luise galt nämlich als bürgernahe Königin. Sie war außerdem noch zum Bewundern schön, und die feine Auswahl ihrer Kleider bezauberte alle. Die siebenfache Mutter, der auch starker politischer Einfluss nachgesagt wird, war eine Medien-Ikone ihrer Zeit.
Auch 200 Jahre nach ihrem Tod ist Luises Ruhm nicht verblasst. Das kann erfahren, wer eines schönen Tages durch den Charlottenburger Schlosspark flaniert und über die kleine Holzbrücke auf die Luiseninsel tritt. Er findet neben den Bronzeabgüssen der Venus von Medici und einer Amorfigur auch eine Bronzebüste von Luise, die nach ihrem Tod ihr Gatte Friedrich Wilhelm III. ihr zu Ehren aufstellen ließ. Luises Kopf und Schultern sind immer mit Blumen geschmückt. Spaziergänger und Verehrer über die Jahrhunderte bekränzen sie im Frühling genauso wie im Sommer. Auch heute noch.
Die schöne Luise wurde gerade mal 34 Jahre alt. Alle Bilder, die jemals von ihr gemalt wurden, sind anmutig. Keines gleicht dem andern, so verschieden sind ihre Abbilder, dass man meinen möchte, schon die Maler seien verzaubert von ihr gewesen. Luise Auguste Wilhelmine Amalie wurde als Herzogin zu Mecklenburg in Hannover geboren. Als ihre Mutter nach der Geburt des zehnten Kindes starb, war Luise gerade mal sechs Jahre alt. Sie wuchs bei ihrer Darmstädtischen Großmutter auf. Eine herzhafte Person, die ihr allerlei durchgehen ließ.
Als 17-Jährige bezauberte sie den preußischen König Friedrich Wilhelm II., der sie alsbald mit seinem Ältes-ten verband. Seinen Jüngsten verlobte er mit Luises Schwester Friederike. Die beiden jungen Frauen in fließenden Gewändern hat der Bildhauer Gottfried Schadow als „Prinzessinnengruppe“ geformt. Sie sind heute in jedem Touristenshop zu kaufen. Friedrich Wilhelm und seine Luise flanierten Unter den Linden wie andere Menschen auch. Sie besuchten Volksfeste und Weihnachtsmärkte, mischten sich gern unters Volk. Und wurden dafür geliebt.  Luises kurzes Leben ist begleitet vom Aufstieg Napoleons, dem Ende des Heiligen Römischen Reiches und schließlich dem Zusammenbruch Preußens. Mit Liebreiz und Zuneigung setzte sich die vorbildliche Mutter von sieben Kindern an der Seite ihres Gatten Friedrich Wilhelm III. für politische Reformen ein und war standhaft gegen den Erzfeind Napoleon. Die Dichter ihrer Zeit huldigten ihr, allen voran Novalis, aber auch Kleist und Jean Paul. Nach dem Exil in Ostpreußen war Luises Gesundheit bei ihrer Rückkehr nach Berlin angegriffen. Im Sommer 1810 starb sie auf Hohenzieritz an einer Lungenentzündung.
Heute ist Luise kein Mythos mehr, aber sie gehört in die Riege der wichtigsten Frauen Deutschlands. Mit Sicherheit ist sie die populärste Frau der preußischen Geschichte. Und so wird sie auch gefeiert. Das Schloss Charlottenburg gibt ihr zu Ehren eine Ausstellung im Neuen Flügel, wo auch die Zimmerflucht zu besichtigen ist, in der sie hin und wieder wohnte, wenn sie Charlottenburg besuchte. Im Schlossgarten wurde das Mausoleum restauriert, in dessen Tiefe ein Grabmal steht, für das der Bildhauer Christian Daniel Rauch die schlafende Königin Luise darstellte.
So wie Friedrich Wilhelm, Luise und die Kinder manchen Sommer auf der Pfaueninsel – in der Havel zwischen Kladow und Zehlendorf gelegen – verbrachten, kann man dort anlässlich ihres Todestages und einer Ausstellung mit zeitgenössischen und kulturhistorischen Exponaten auf ihren Pfaden wandeln. Luise soll die Sommer allerdings lieber im abgelegenen brandenburgischen Schloss Paretz verbracht haben. Paretz wurde vor nicht allzu langer Zeit total restauriert und kann jetzt Luisen-Liebhabern „Die Kleider der Königin“ als Ausstellung im Zusammenspiel der Mode und der Schönheitsideale des 19. Jahrhunderts präsentieren.
Luise gilt auch nach zwei Jahrhunderten als moderne Frau. Und in ihr spiegelt sich die Sehnsucht der Menschen nach Verehrung, so wie das bei Prinzessin Diana Ausdruck fand, die als Unangepasste, Mutter und Liebende die Herzen der Bürger auf ihrer Seite hatte. Doch Diana perdu. Dies Jahr gehört Luise.
Inge Ahrens

Informationen 

  • SCHLOSS CHARLOTTENBURG
    6. März bis 30. Mai 2010 im Neuen Flügel des Schlosses
     
  • DIE PFAUENINSEL
     „Luise. Die Inselwelt der Königin“
    1. Mai bis 31. Oktober 2010 in Schloss und Meierei
     
  • SCHLOSS PARETZ
    14669 Ketzin
    „Luise. Die Kleider der Königin“
    31. Juli bis 31. Oktober 2010 in Schloss und Schlossremise
     
  • www.spsg.de/LUISE2010

 

42 - Frühjahr 2010