In November jährt sich der Geburtstag des legendären Tierparkgründers Prof. Heinrich Dathe zum 100. Mal
Sie waren die populärsten Tierexperten im Deutschen Fernsehen: Bernhard Grzimek für den Hessischen und Heinrich Dathe für den DDR-Rundfunk. Ihre Sendungen hatten in Ost und West über Jahrzehnte ihren festen Platz. Nicht nur, weil Tiere darin die Hauptrolle spielten. Vor allem haben es beide Protagonisten verstanden, die Zuschauer in unterhaltsamer Weise für die Tierwelt zu begeistern, ohne zu vergessen, auf deren Schutz hinzuweisen. Grzimek war Tierarzt, Verhaltensforscher, Autor, Tierfilmer und langjähriger Direktor des Frankfurter Zoos; sein Pendant Dathe Zoologe, Botaniker, Wissenschaftler und Gründer des Tierparks Berlin. In diesem Jahr, am 7. November, wäre Professor Dr. Dr. Dathe, wie er in Berlin genannt wurde, hundert Jahre alt geworden. Ihm ist zu verdanken, dass 1955 in Berlin-Friedrichsfelde der heute vielleicht schönste Landschaftstiergarten Europas gegründet wurde. Von Beginn an bis zu seinem Tode im Jahr 1991 war Dathe dessen Direktor. So ist es nicht verwunderlich, dass der Tierpark Berlin untrennbar mit seiner Person verbunden war und heute ein Spiegel seines Lebenswerks ist.
Dabei hat Heinrich Dathe die Anlage bewusst im damals noch verwilderten Schlosspark Friedrichsfelde angelegt, denn dort sah er die Möglichkeit, seiner Vision einer „vollkommenen Harmonie von Landschaft und Tier“ Gestalt zu geben. Auf einer Fläche von 160 Hektar entstand in den folgenden Jahren ein einzigartiges Tierparadies. Die Tiergehege sind so geschickt in die gestaltete Parklandschaft eingefügt, dass die Besucher zum Teil den Eindruck haben, die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen.
Auch das berühmte Alfred-Brehm-Haus, ein Raubtierhaus mit beeindruckender Tropenhalle, wäre ohne das Engagement Heinrich Dathes in dieser Form nicht entstanden. Benannt nach dem gleichnamigen Zoologen, lag es Dathe wohl besonders am Herzen. Dass der Tierpark auch Heimat für vom Aussterben bedrohte Tierarten wurde, entsprach indes seinem Verständnis für aktiven Artenschutz.
In Reichenbach im Vogtland geboren, begeisterte sich Heinrich Dathe sehr früh in seinem Leben für die Welt der Tiere. Nach folgerichtigem Studium der Zoologie, Botanik und Geologie sowie Promotion 1936 kam zunächst für ihn eine Lebenszäsur durch Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft, und es dauerte noch Jahre, bis er tatsächlich seine beruflichen Ambitionen verwirklichen konnte. Erst 1950 begann er als Assistent im Leipziger Zoo, erhielt nach und nach Lehraufträge an der Universität, bis er 1954 mit dem Aufbau des Berliner Tierparks betraut wurde, dem er nach Eröffnung als Direktor vorstand. Daneben galt er als anerkannter Wissenschaftler, der es allerdings verstand, sein Fachgebiet auch populärwissenschaftlich und unterhaltsam zu präsentieren. Das bewies er in zahlreichen Rundfunk- und Fernsehbeiträgen, die jahrzehntelang ihren festen Sendeplatz hatten.
Darin wollte er weniger als prominenter Tierpark-Direktor auftreten, sondern vor allem als engagierter und leidenschaftlicher Tierliebhaber überzeugen, als ein Freund der Tiere. Das machte ihn so sympathisch wie glaubwürdig und trug letztlich mit dazu bei, dass der Berliner Tierpark, der in diesem Jahr seinen 55. Geburtstag feiert, zu einem beliebten Ausflugsziel für die Berliner wurde. Aus Anlass seines Jubiläums sind seine „Lebenserinnerungen eines leidenschaftlichen Tiergärtners“ neu erschienen.
Reinhard Wahren