Barockes Lebensgefühl

Die 4. brandenburgische Landesgartenschau ist eng mit der Kurfürstin Louise Henriette verbunden, der wichtigsten Frau in Oranienburgs Geschichte. Gartenkunst in historischem Ambiente zu bewundern, bietet sich derzeit in Oranienburg und verspricht besonderes Vergnügen. Denn das vollständig restaurierte Schlossplatzensemble, der behutsam neu gestaltete Schlosspark sowie der neue Hafen bilden dabei die prachtvolle Kulisse für die bis zum Herbst 2009 stattfindende 4. brandenburgische Landesgartenschau. Und die steht ganz im Zeichen der Namenspatronin von Stadt und Schloss Oranienburg: Prinzessin Louise Henriette von Oranien-Nassau. In Anlehnung an ihr Engagement für die Stadt und das noch vom Dreißigjährigen Krieg zerrüttete Land sind die „Traumlandschaften einer Kurfürstin" zugleich eine Reise ins 17. Jahrhundert. Einer Zeit, in der mit ihr niederländische Kultur nach Brandenburg kam. Damals stieg Holland zur wichtigsten Handelsnation der Welt auf. Niederländische Wissenschaftler, Handwerker und Künstler in ihre Dienste zu nehmen oder selbst das kleine Land an der Nordsee zu studieren, war für den europäischen Adel ein „Muss". So erging es auch dem Großen Kurfürsten. Als junger Mann studierte er an der berühmten Universität in Leiden. Beeindruckend fand er auch die holländische Seemacht, so dass er sogar später eine Kurbrandenburgische Flotte ins Leben rief. Im neu angelegten Hafen der Landesgartenschau liegt der Nachbau eines Segelschiffs aus dieser Zeit vor Anker. Doch seine Liebe zu den Oraniern ging eben noch sehr viel weiter. Er vermählte sich mit der ältesten Tochter Friedrich Heinrichs von Oranien, Louise Henriette. Ihr schenkte er 1650 das Anwesen Bötzow, zwei Jahre später erhielt es ihr zu Ehren den Namen Oranienburg. Im gleichen Jahr wurde vom holländischen Baumeister Johann Gregor Memhardt das Schloss erbaut. Es ist der früheste barocke Schlossbau in der Mark Brandenburg und galt damals als der schönste in Norddeutschland. Im Eintrittspreis ist der Besuch des Schlossmuseums mit seiner großartigen Kunstsammlung enthalten! Die ausgestellten Gemälde gehören zu den wertvollsten im Besitz der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Mit Louise Henriette hatte der Große Kurfürst aber nicht nur eine Prinzessin erobert, mit ihr zog auch ein neuer Geist in die rückständige Mark Brandenburg ein. Die junge, sehr verantwortungsvolle Frau, mit Augenmaß und praktischem Geschick, erwies sich als ideale Mittlerin zwischen ihrer alten holländischen und neuen brandenburgischen Heimat. Sie verpflichtete holländische Baumeister, Handwerker, Gärtner, Künstler und holte Siedler ins Land. Sie führte bis dahin unbekannte Pflanzen und Früchte ein, Kaffee und Tee, förderte den Anbau von Kartoffeln, Spargel und experimentierte mit Ananas. Sie ließ einerseits das erste europäische Porzellankabinett errichten, andererseits Molkereien und Milchwirtschaften aufbauen sowie Musterhöfe und Nutzgärten anlegen - und sie gründete das erste Waisenhaus Deutschlands. Sie begleitete ihren Mann auf Reisen und Feldzügen, und sogar auf ihren Rat in Regierungsangelegenheiten wollte der Große Kurfürst nicht verzichten. Auf dem fantasievoll gestalteten Gartenschaugelände bietet sich dem Besucher in vielfältiger Weise Gelegenheit, dem Leben und Träumen dieser außergewöhnlichen Frau näherzukommen. Ihre „Traumlandschaften" finden Ausdruck in sechzehn Gartenzimmern und sechs barocken Lustwäldchen. Dazu wurde neben dem barocken Schlossgarten ein neues Areal erschlossen mit geometrischer, typisch holländischer Gartenstruktur, in dem auch die Grachten nicht fehlen. Die alle vierzehn Tage wechselnden Blumenschauen sowie die Ausstellungen und Veranstaltungen über die gesamte Zeit stehen ganz im Zeichen des barocken Lebensgefühls. Orangen, als orangenfarbene Kugeln im gesamten Schlosspark verteilt sowie schwimmend als Kugellichter im Hafenbecken, sind schließlich die symbolische Reverenz an die Stadtgründerin und Kurfürstin Louise Henriette und an das einst für Brandenburg so wichtige niederländische Königshaus Oranien.

Reinhard Wahren

 

 

Informationen:
Bis zum 18.10.2009 täglich ab 9 Uhr
www.laga-oranienburg2009.de
Telefon: 0331/29873-18/-21

39 - Sommer 2009