Sylts wilder Süden

Einst Fischerdorf, später Militärstandort mit sanftem Tourismus, abgelegen und beliebt bei Naturfreunden und Erholungssuchenden, erlebt der Ort Hörnum am südlichen Ende der Insel Sylt mit zwei Großprojekten einen enormen Aufschwung. Wer von Westerland aus den südlichen Teil von Sylt besuchen möchte, fährt gut 20 Kilometer entlang der Hauptstraße zwischen einer endlos scheinenden einzigartigen Heide- und Dünenlandschaft, die ein markantes Beispiel für den besonderen Charakter der Nordseeinsel ist. Die typischen Sylt-Klischees wie Austern und Champagner findet man in Hörnum nicht. Das Küstendorf bietet dafür Strand nach drei Seiten: nach Osten zum Wattenmeer, um die Odde herum und nach Westen zur offenen See. Dieser Hauptstrand verbindet Hörnum mit den populäreren Insel-Bädern Wenningstedt, Westerland und Kampen. An der Südspitze wirkt das Meer besonders gewaltig, vor allem im Hinblick auf die Gefährdung der Küste, von der es allmählich weite Landstücke wegspült. Die Umwanderung dieses Inselabschnitts dauerte früher etwa dreieinhalb Stunden. Heute schafft man es in der Hälfte der Zeit, so viel Land ist durch Stürme und Sturmfluten einverleibt worden. Um den dramatischen Landverlust aufzuhalten, werden alljährliche Sandvorspülungen durchgeführt. Dabei entnehmen Saugbagger dem Meeresgrund fünf bis zehn Kilometer vor der Küste riesige Sandmassen, die dann an wechselnden Abschnitten an den Strand gespült werden. Seit etwa 150 Jahren betreibt die Insel intensiven Küstenschutz, angefangen mit der Anpflanzung von Strandhafer zum Festlegen der Dünen sowie der Errichtung von Eichenholzbuhnen. Um die kostspieligen und aufwendigen Sicherungsmaßnahmen zu unterstützen, wurde vor zwei Jahren eigens die Stiftung Küstenschutz Sylt gegründet. Hörnum hat mittlerweile neben seinen dramatischen Naturschauspielen und der herrlichen Landschaft noch weitere Attraktionen zu bieten. Fand das Dorf bislang kaum Erwähnung in den zahlreichen Medienberichten über Sylt, es sei denn, eine Sturmflut hat wieder einmal Land weggerissen, so rückt es aufgrund seiner neuesten Entwicklung mehr denn je ins Rampenlicht. Dazu tragen zwei große Projekte bei: Für die kürzliche Einweihung einer noblen Fünf-Sterne-Herberge mit Golfplatz und Meerblick knallten auch mal die Champagnerkorken in Hörnum, auf einem ehemaligen Militärgelände. Die visionäre Kauffrau und syltbegeisterte Claudia Ebert erwarb das Bundeswehrareal vor wenigen Jahren vom Staat. Das hat die Wella-Erbin indirekt dem früheren Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) zu verdanken, der 1993 aus Kostengründen anordnete, alte Bundeswehr-Immobilien zum Verkauf freizugeben. So entstehen aus einigen Filetstücken wahre Luxusanlagen. Schließlich steckte die Investorin rund 50 Millionen Euro in ihr Projekt Budersand - der Name geht auf eine alte Ortsbezeichnung zurück - und ließ einen 18-Loch-Golfplatz bauen sowie ein Seehotel mit Spa-Bereich errichten. Die neue noble Ferienoase zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie ökologisch gesehen die beste Lösung für die Entwicklung des Standorts ist. Der Golfplatz lässt sich gut mit dem Naturgedanken vereinbaren, und in der Tat bildet seine imposante Architektur ein landschaftliches Highlight. Etliche militärische Gebäude wurden an dieser Stelle abgerissen. Eine ehemalige Fernmeldestation konnte zum Clubhaus umgenutzt werden. Außerdem beherbergt sie das Restaurant Strönholt, das vor allem kulinarische Kreationen unter Verwendung regionaler Produkte auf der Speisekarte anbietet. Das zweite große Neubauprojekt ist das dritte Sylter Hapimag Resort auf dem Areal des ehemaligen Kurhauses. Das Unternehmen Hapimag, gegründet 1963 als Schweizer Aktiengesellschaft, hat ein Punktesystem entwickelt, mit dem Ferienwohnrechte in bis jetzt 58 Resorts in 18 Ländern erworben werden können. Das Hörnumer Feriendomizil fügt sich harmonisch in die Dünenlandschaft ein. Mit seinem vorherrschenden Material Holz weist es in Richtung Meer und mutet an einen Sylter Strandsteg an. Ein extravaganter Entwurf auf den zweiten Blick der viel beachteten Schweizer Architektin Pia Schmid, die mit einfallsreicher Architektur hauptsächlich im öffentlichen Gastronomiebereich schon für Aufmerksamkeit gesorgt hat. In den fünf Dünenhäusern, der Spa-Anlage und dem Torhaus sind die Apartments, ein öffentliches Bad und das Restaurant Bike untergebracht. Den Wellness- und Schwimmbadbereich allen zugänglich zu machen sowie den Hörnumern ein neues Kurhaus zu errichten, gehörte zum Rahmen des Projekts. Das Hotel besticht vor allem durch sein gelungenes Innenleben. Das Zusammenspiel von Materialien, Farbe und Licht macht es zu einem attraktiven urbanen Ort. Resort-Manager Marco Achilles legt großen Wert auf eine ungezwungene Atmosphäre in seinem Haus. Das alte Image des abgelegenen tristen Ortes Hörnum, den Karl Dall einst als „DDR von Sylt" betitelt hat, weicht einer neuen Aufbruchstimmung. Phantastische Natur gepaart mit auserlesenem Luxus und modernem Freizeitangebot charakterisiert das Küstendorf im Wandel. Vieles ist neu, einiges bleibt - so auch eine zutrauliche Kegelrobbe namens Willi, die Sommer für Sommer die Attraktion im Hafenbecken ist und sich von Touristen mit Heringen vom Hafenimbiss füttern lässt.

Ina Hegenberger

 

 

Tipps und Adressen:

Die Schutzstation Wattenmeer bietet interessante naturkundliche Führungen an
(Tel. 04651/88 10 93), Rantumer Str. 27 (nähe Hapimag Resort)

Den Hörnumer Leuchtturm kann man von innen besichtigen und an einer Führung teilnehmen

www.Hörnum.de
www.hapimag.com
www.budersand.de

39 - Sommer 2009