Vor über 30 Jahren eröffnete Berlins erste Demeter Vollkornbäckerei
Im Sommer 2010 war die Siegessäule eingepackt. Auf der Plane ringelten sich überlebensgroße Berliner. Prominente Bürger dieser Stadt stellten ihren ganz persönlichen, verdienten Berliner vor. Berlinale-Chef Dieter Kosslick, selbst ein Gesicht dieser Stadt, hievt Mucke und Heinz Weichardt hoch oben über den Tiergarten. Seit 1977 backen die Weichardts Demeter Vollkornbrot für Berlin. Sie waren die ersten. „Aus Überzeugung verwenden wir als Rohstoff nur Getreide aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft. In dieser Form biologischer Landwirtschaft ist ein respektvolles Verhältnis zu Natur und Mensch mit einem umfassenden Verständnis von Boden, Jahreszeiten und Umwelt vereint. Der Anbau folgt den Zyklen der Natur und den strengsten Regeln aller Bio-Anbauverbände.“ Beim Lesen der Firmengeschichte wird’s einem warm ums Herz, das passt zur Backstube. Erste Brote, gebacken nach Feierabend, wurden vor Waldorfkindergärten aus dem Renault 4 raus verkauft.
Ganzheitliches, unermüdliches Engagement ist der rote Faden von Bäcker Weichardt und seiner Frau. Von Anfang an machen sie sich stark für Schwache, schaffen und unterstützen Wege in der Hilfe für Suchtkranke mit Ausbildungsplätzen, Beschäftigung und großzügigen Spenden für entsprechende Projekte. Und sie setzen sich konsequent für gesunde Ernährung ein. Tag für Tag, jedes Backwerk, das über den Ladentisch geht, ist ein echtes Qualitätserzeugnis. Heinz Weichardt und seine Mitarbeiter pflegen das Bäckerhandwerk und die uralte Tradition der Müllerkunst. Auf den drei eigenen Natursteinmühlen wird täglich frisch und schonend gemahlen. So bleiben alle Vitamine, Nähr- und Mineralstoffe des guten Demetergetreides erhalten. Langsamkeit ist hier erwünscht und der nächste Schritt zum richtig guten Brot. Zum hundertprozentigen Vollkornmehl und -schrot gesellt sich selbstgezogener Sauerteig, Vollmeersalz, bei Bedarf Demeterbutter und Blütenhonig aus kontrolliert biologischem Anbau. Das Wasser strömt vor der Verarbeitung durch eine spezielle Vorrichtung aus Halbedelsteinen, die ihm eine ursprüngliche Vitalität, ähnlich der von Quellwasser, verleiht. Chemische Zusätze finden hier keinen Einlass. Das Roggenbrot entfaltet, ganz so wie es sein soll, seine Köstlichkeit nach zwei Tagen, und Weichardts Spezial hat noch nach dieser Zeit seine knusprige Kruste.
„Weichardt Brot“-Niederlassungen findet man in Zehlendorf und Charlottenburg. Mit einem Hofladen und der Cafeteria ist die Bäckerei auf dem Gelände des anthroposophischen Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe vertreten.
All diese Köstlichkeiten haben ihren Preis. Man muss gar nicht biodynamisch ticken, Rudolf Steiner nicht kennen, Waldorfkindergärten nicht besonders schätzen und eigentlich auch kein Körneresser sein. Hier kommt ein phantastisches, lebendiges Selbstverständnis daher: Ich backe gutes Brot und ich bin ein guter Mensch. Essen ist ein Problem geworden. In Zeiten der Verunsicherung, der Anonymität unseres Essens, des Klagens über unbezahlbares Handwerk, Globalisierung etc. arbeiten im Betrieb Weichardt 30 Handwerker, und die Mühlen mahlen langsam. Und der Verbraucher sollte sich fragen: Was bin ich mir wert? Und wenn er dann noch über den Tellerrand hinaus denkt, dann ist es vom Hefezopf bis zum wogenden Getreidefeld mit Mohn- und Kornblumenrain und Weißdornhecke nur ein Schritt.
Brit Hartmann
Informationen
www.weichardt.de