Mit dem Aufstieg von Hertha BSC ist Berlins Fußball wieder in der Bundesliga. Andere Sportarten bestimmen die deutsche Spitze.
Die feucht-fröhliche Feier hatte es in sich. In der Kneipe „Bierkönig“ auf der Party-Szene El Arenal von Mallorca ließen es die Hertha-Profis so richtig krachen. Und hatten im Rausch der Fete Mitte Mai nichts mehr entgegenzusetzen, als Paparazzi fleißig Bilder von den trüben Blicken auf überlange Strohhalmen in den Sangria-Eimern schossen. Ohne Trainer Markus Babbel, der in der Heimat den gebrochenen Arm von Tochter Sienna pflegte, kannten die Fußballer kein Halten mehr. Man muss allerdings erst einmal tief fallen, um sich gegenseitig so hochleben zu lassen. Begossen wurde schließlich kein Meistertitel und auch kein Einzug in den Europacup. Grund für die Ausgelassenheit war lediglich die Rückkehr zur Normalität. Mit dem Abstieg aus der Bundesliga hatte Hertha BSC wieder einmal für das Novum gesorgt, dass Berlin in der vergangenen Saison die einzige Hauptstadt Europas war, die keinen erstklassigen Fußball zu bieten hatte. Deshalb waren die Fußballer bis auf ihren merkwürdig ausschauenden Pokal als bester Zweitligist außen vor, als sich die hochdekorierten Berliner Sportler am 18. Mai zur sogenannten „Champions-Feier“ im noblen Maritim trafen. Die Versammelten hatten schließlich zum großen Teil geschafft, wovon Hertha seit mehr als 70 Jahren träumt: Nummer 1 in Deutschland zu sein. Zumindest die Eisbären, die mit Titel Nummer 5 die Hand im Eishockey-Handschuh voll machten. Auch die Wasserfreunde Spandau als Dauer-Meister im Wasserball. Und die Volleyballer des SC Charlottenburg, die dem Liga-Krösus VfB Friedrichshafen in der Endspiel-Serie einen heißen Kampf lieferten und nur knapp unterlagen. Aber auch andere große Berliner Vereine stehen schon da, wo Herthas Fußballer trotz der Zuschauer-Rekorde in der unteren Ball-Etage erst einmal wieder anklopfen müssen.
[Foto links: © Füchse Berlin. Foto rechts:© Hertha BSC]
Schon im fünften Jahr der Erstliga-Zugehörigkeit haben die Handball-Füchse die nationale Spitzengruppe aufgemischt und klopfen an das Tor zur Champions League. „Das ist fast unwirklich. Wir wollten Schritt für Schritt nach vorn kommen. Nun haben wir schon einen riesigen Sprung gemacht“, freut sich Mannschaftskapitän Torsten Laen. Mit drei hochkarätigen Neuzugängen haben sich die aus den Reinickendorfer Füchsen hervorgegangenen Handballer weiter verstärkt. „Dabei werden wir nie das Berliner Element vernachlässigen“, verspricht Manager Bob Hanning als „Vater“ des Handball-Wunders. Mit Johannes Sellin und Colja Löffler spielen zwei Talente im Profi-Aufgebot, die selbst durch die Jugend-Schule von Trainer Hanning gegangen sind und sich im Team etabliert haben. „Die Mannschaft hat das Zeug, auf internationalem Parkett mitzumischen. Ich bin auch nicht so überrascht vom Erfolg wie viele andere. Es ist einfach gelungen, dass die Jungs von ihrem Können überzeugt sind und das auch in jedem Spiel wieder demonstrieren wollen“, sagt Erfolgstrainer Dagur Sigurdsson, der auf Grund des Füchse-Höhenflugens sogar vom Verband umworben wird und als Nachfolger von Bundestrainer-Ikone Heiner Brand an der Spitze der Nationalmannschaft installiert werden soll. Internationale Höhenluft sind die Basketballer von Alba Berlin seit fast zwei Jahrzehnten gewohnt. Doch vor 16 Jahren hatte man zuletzt den Gipfel in einem Europapokal erklommen. Und nach der Vorsaison war das Erreichen des Cup-Finals in Spanien schlechtes Omen: National galt es danach erst einmal wieder Fuß zu fassen. Im Playoff der Bundesliga folgte dem europäischen Höhenflug die deutsche Bauchlandung: Aus in Runde 1 trotz stolzer Brust nach dem Durchmarsch über den Kontinent. In der aktuellen Vorrunde ist die Rehabilitation während der laufenden Saison noch nicht so richtig gelungen. Doch mit dem Beispiel der Eisbären im Bewusstsein, dass nicht immer die beste Mannschaft der Punkterunde aus den Playoffs als Meister hervorgeht, sind die Albatrosse die Ausscheidungsspiele auf dem Weg zum Gipfel angegangen. „Wir haben gar keine andere Möglichkeit. Alba stellt sich immer höchste Ziele und damit den Gewinn der Deutschen Meisterschaft“, nimmt Manager und Vizepräsident Marco Baldi kein Blatt vor den Mund. Wie auch immer das Ende der Saison im Handball und im Basketball ausgehen sollte: Die Füchse und die Albatrosse haben ihre Zugehörigkeit zu Deutschlands Spitze im Handball und im Basketball bestätigt. Wenn das Hertha BSC im Fußball auch eines Tages wieder gelingen sollte, dann kann man die voreilige Feier der Profis am Ballermann nach dem fragwürdigen Triumph als Deutschlands bester Zweitligist nachträglich abnicken.
Hans-Christian Moritz