Grüne Energie aus der Region

Mit ihrer zweiten Bio-Erdgasanlage im brandenburgischen Schwedt setzt das Berliner Unternehmen Gasag auf heimische erneuerbare Energieträger und dezentrale Energieversorgung.

 Dass der Einsatz von erneuerbaren Energien schon per se bedenkenlos akzeptiert wird, erweist sich oftmals als Trugschluss, wie die kontroversen Diskussionen um den neuen Kraftstoff E10 als jüngstes Beispiel zeigen. Allein die Verlautbarung, der neue Biokraftstoff sei nicht für alle Fahrzeuge geeignet, genügte, um ihn abzulehnen oder gar mit dem Etikett einer Mogelpackung zu versehen. Dabei können Biokraftstoffe, wie das im E10 enthaltene Bioethanol, eine wichtige Rolle beim Klimaschutz spielen: Mehr Biokraftstoffe bedeutet nichts anderes als weniger Erdöl. Die Kombination mit bisherigen Ottokraftstoffen kann freilich besonders bei bestimmten Kraftfahrzeugen auf technische Probleme stoßen. Nahezu optimal dagegen lässt sich Erdgas mit erneuerbaren Energien kombinieren. Für die Gasag ein erfolgversprechender Weg, ihre Technologien noch umweltfreundlicher und sparsamer zu machen und damit ihrem eigenen Ziel, bis 2020 den Ausstoß von Kohlendioxid in Berlin um zwei Millionen Tonnen gegenüber 1998 zu senken, ein Stück näher zu kommen.


Auf Erdgas-Qualität aufbereitetes und eingespeistes Bio-Erdgas weist eine nahezu CO2-neutrale Bilanz auf und bietet viele Nutzungsmöglichkeiten – von der Strom- und Wärmeerzeugung bis zum Einsatz als Kraftstoff [Foto: Gasag]

 

Erdgas mit Biosiegel

Eine besonders effektive Methode, erneuerbare Energien zu nutzen, ist die Beimischung von Bio-Erdgas in das fossile Erdgas. Von Bio-Erdgas spricht man, wenn das Biogas nach einer Aufbereitung die gleichen Eigenschaften wie normales Erdgas hat, nur eben ,regenerativen’ Ursprungs. Dazu wird das Biogas entschwefelt und getrocknet, anschließend wird das Kohlendioxid abgetrennt. Das entstandene Biomethan oder auch Bio-Erdgas hat nun die gleiche Qualität wie herkömmliches Erdgas und kann in das Erdgasnetz eingespeist und somit direkt zum Verbraucher transportiert werden. Dadurch dass dem fossilen Erdgas Biomethan beigemischt werden kann – wird nach der offiziellen Definition durch den regenerativ erzeugten Anteil aus dem normalen Erdgas im weitesten Sinne Erdgas mit Biosiegel. Eine Technologie, die den Rohstoff Erdgas zumindest noch klimaschonender macht, als er ohnehin schon ist, zudem aber auch regional neue Wirtschaftskreisläufe schafft. Das beweist die bereits vor zwei Jahren von der Gasag-Gruppe im brandenburgischen Rathenow errichtete erste Bio-Erdgasanlage. Denn die für die Erzeugung des Rohbiogases erforderliche Biomasse stammt von Landwirten aus der unmittelbaren Region und trägt dort zur dauerhaften Wertschöpfung bei.
So entsteht das Rohbiogas beispielsweise aus Roggen, Mais oder Grasschnitt, der sogenannten Pflanzensilage, zunächst mit einem Methangehalt von ca. 52 Prozent. In der Bio-Erdgasanlage wird es so aufbereitet, dass der Methangehalt schließlich mindestens 96 Prozent beträgt. Erst dann hat es Erdgasqualität, ist es gewissermaßen erdgaskompatibel, und kann ins öffentliche Erdgasnetz eingespeist werden. Die Rathenower Bio-Erdgasanlage erzeugt jährlich Bio-Erdgas mit einem Energiegehalt von rund 45 Millionen Kilowattstunden. Damit können rund zweitausend Einfamilienhäuser mit Heizwärme und Warmwasser versorgt werden. Für die beteiligten Landwirte sind damit zugleich stabile Abnahmebedingungen verbunden, gleichwohl die Düngung und auch der Transport der Biomasse mit Emissionen verbunden ist.

Grünpflanzensilage [Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien]


Berlin verpflichtet

Für heimische Energieträger sprechen aber nicht nur Umweltaspekte. Ebenso kann mit der Produktion von Biogas steigenden Importpreisen von Erdgas entgegengewirkt werden. Denn zunehmend müssen die Förderländer weltweit auch schwieriger zugängliche Vorkommen erschließen. Ein Grund mehr für die Gasag, weiterhin und verstärkt auf grüne Energie aus der Region zu setzen. Denn mit ihrem Umweltprogramm „Berlin verpflichtet“ will das Berliner Unternehmen nach eigenen Angaben „einen wesentlichen Beitrag zum hauptstädtischen Klimaschutz“ beitragen.
So ging im vergangenen Monat ihre zweite Bio-Erdgasanlage im Neuen Hafen in Schwedt an der Oder in Betrieb. Sie wird Bio-Erdgas mit einem Energiegehalt von 60 Millionen Kilowattstunden pro Jahr produzieren. Das bedeutet, dass 700 Kubikmeter Bio-Erdgas pro Stunde in das öffentliche Erdgasnetz eingespeist werden. Ausreichend, um den Heizwärme- und Warmwasserbedarf von rund dreitausend Einfamilienhäusern zu befriedigen. Für die Landwirte der Region erwuchs mit der neuen Anlage die Möglichkeit, etwa 65 000 Tonnen Biomasse pro Jahr liefern zu können. Mit dem in Rathenow und Schwedt erzeugten Bio-Erdgas bedient die Gasag sowohl Kunden in der Berliner Wohnungswirtschaft als auch Privatkunden mit GASAG-Bio 10 und Erdgas-Tankstellen mit GASAG-Bio 20.

Bio-Erdgasanlage Schwedt [Foto: Gasag]

Was nützt aber die beste Energiegewinnung, wenn die Energie nicht direkt zum Verbraucher gelangt und effizient eingesetzt wird. Im Rahmen ihres Umweltprogramms ist deshalb auch die dezentrale Energieversorgung mittels Kraft-Wärme-Kopplung für den Gasag-Konzern ein vielversprechender Weg. Im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energien lässt sich Bio-Erdgas nämlich gut speichern und so bedarfsgerecht einsetzen, das heißt, das Klimakraftwerk im eigenen Heizungskeller betreiben. Darunter sind Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zu verstehen, die Wärme, Warmwasser und Strom gleichzeitig produzieren. Mikro-KWK-Anlagen sind nicht größer als eine Waschmaschine, und geeignet für Ein- und Zweifamilienhäuser. Diese stromerzeugenden Heizungen werden bereits serienmäßig von verschiedenen Herstellern produziert. Ihr Wirkungsgrad liegt bei neunzig Prozent. Dabei wird der im eigenen Haus nicht benötigte Strom ins öffentliche Netz eingespeist und ebenso vergütet wie der selbst verbrauchte. Auf diese Weise arbeiten die kleinen Kraftwerke kostensparend und umweltschonend. Und die Energieerzeugung geschieht dort, wo sie auch gebraucht wird, also ohne größere Leistungsverluste.
So spielt die Technik der Kraft-Wärme-Kopplung bei der dezentralen Energieversorgung in der Unternehmensstrategie der Gasag eine wichtige Rolle. KWK-Technologie wird in Verbindung mit der Nutzung des regenerativen Bio-Erdgases noch umweltschonender. Aber auch nur mit GASAG-Bio10 kann jeder auf einfache Weise zum Klimaschützer werden.

Reinhard Wahren

49 - Winter 2011/12