Wer Ende Oktober die Gelegenheit hatte, die Baustelle des neuen Großflughafens zu besichtigen, hat sich mit Sicherheit die Frage gestellt, ob der Termin der geplanten Eröffnung am 3. Juni nächsten Jahres zu halten ist. Nicht so der Regierende Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende der Berliner Flughäfen, Klaus Wowereit, und die Vertreter von Air Berlin. „Am 2. Juni wird noch in Tegel und Schönefeld geflogen, am 3. Juni bereits vom neuen BER“, so ihr neuer CEO Hartmut Mehdorn.
Das Umzugsszenario ist kaum vorstellbar: Über Nacht werden alle mobilen Geräte, Maschinen und Anlagen zum neuen Hauptstadt-Airport gebracht, 17 500 Arbeitsplätze umziehen und 2500 neue Mitarbeiter ihre Tätigkeit aufnehmen. Damit keine größeren Probleme auftreten, läuft seit November ein sechsmonatiger Probebetrieb, bei dem alle Abläufe geübt und simuliert werden, so dass am Morgen des 3. Juni die erste Maschine vom Berlin Brandenburg Airport BER starten kann. Der neue Hauptstadtflughafen trägt den Namen von Willy Brandt und das Kürzel BER, sein neues Markenzeichen. Mit ihm entsteht der modernste Flughafen Europas. Er verfügt über 85 Flugzeug-Abstellpositionen und 25 Fluggastbrücken. Das Terminal liegt zwischen den beiden parallel angelegten Start- und Landebahnen. Diese können unabhängig voneinander betrieben werden.
Blick von Südwesten auf den Flughafen. Im Vordergrund rechts die neue Start- und Landebahn [Foto: Dirk Laubner]
Terminal, Gate-Positionen und Parkplätze liegen zwischen den Runways. Mit einer Startkapazität von 27 Millionen Passagieren wird er nach Frankfurt am Main und München der drittgrößte deutsche Flughafen sein. Sein sechsgeschossiges Terminal ist mit acht Check-in-Inseln ausgestattet nebst etlichen Check-in-Automaten. Und es ist ein Flughafen der kurzen Wege und minimalen Umsteigezeiten für die Fluggäste sowohl im internationalen Umsteigeverkehr als auch zum und vom Flughafen selbst mit sechsgleisigem, ICE-tauglichen Bahnhof direkt unter dem Terminal sowie eigenem Autobahnanschluss.
Mit der Konzentration des gesamten Flugverkehrs im Südosten Berlins entsteht ein Drehkreuz, das Passagierströme bündelt und überproportionales Wachstum fördert. Das setzt auch für die Airlines neue Maßstäbe, zumal der Ausbau des BER auf 45 Millionen Passagiere bereits genehmigt ist. Um 1500 Destinationen erweitert beispielsweise Air Berlin mit Beginn des Sommerflugplans 2012 seine Destinationen. Neue Strecken nach Los Angeles, New York, Danzig, Krakau, Stockholm, Kopenhagen und Oslo vergrößern das gesamte Flugangebot von Air Berlin auf 70 Direktverbindungen und insgesamt 10 500 Anschlussverbindungen pro Woche. Mit dem geplanten Eintritt in die One-World-Allianz, dem Zusammenschluss mehrerer internationaler Airlines, wird Air Berlin zukünftig zudem noch mehr Langstrecken bedienen können.
Als größte deutsche Fluggesellschaft setzt natürlich auch die Lufthansa auf Berlin, ihre Geburtsstadt, und wird die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg verstärkt anfliegen. Sie wird am Hauptpier des neuen Flughafens beheimatet sein. Mit der Stationierung neuer Flugzeuge, Investitionen in erheblichem Umfang, neuen Arbeitsplätzen und einem spektakulären Billigflugangebot will sie 30 Ziele mehr anfliegen als bisher.
links: Flughafen-Chef Prof. Dr. Rainer Schwarz, CEO von Air Berlin, Hartmut Mehdorn, und der Regierende Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende der Berliner Flughäfen, Klaus Wowereit, bei der Vorstellung der Air-Berlin-Pläne am neuen Großflughafen [Foto: Günter Wicker], rechts: Seit Mitte September montieren Bauarbeiter die ersten Verkehrsschilder am neuen Flughafen Berlin-Brandenburg „Willy Brandt“ [Foto: Ludwig]
Der Ausbau der Streckennetze, verbunden mit der Vergrößerung des Umsteigeverkehrs und der damit verbundenen immer besseren weltweiten Vernetzung Berlins, werde auch der Berliner Wirtschaft eine größere Bedeutung verleihen, ist sich Flughafen-Chef Prof. Dr. Rainer Schwarz sicher. Experten gehen davon aus, dass der neue Flughafen diesbezüglich Auswirkungen auf weite Teile der Hauptstadt und besonders des unmittelbaren Umfeldes haben wird. Wichtiger Bestandteil der Umfeldentwicklung ist beispielsweise der neue Business Park, das nunmehr größte Gewerbegebiet Berlins. Und „obwohl der neue Flughafen noch nicht einmal in Betrieb ist, ist in und um Schönefeld schon eine unglaubliche Dynamik zu sehen“, so Schwarz. Tatsächlich wächst seit Monaten die Nachfrage nach Gewerbeflächen, auch von internationalen Investoren. Geschuldet freilich der Tatsache, dass der BER von den Unternehmen als das wahrgenommen wird, was er ist: ein Großflughafen mit dem Potential, ein bedeutendes internationales Luftverkehrs-Drehkreuz zwischen Ost und West zu werden. So bezeichnete der Regierende Bürgermeister denn auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig zu den Randzeiten als „essentiell“. Das Nachtflugverbot nicht auszuweiten, also auch zwischen 22 und 24 Uhr sowie zwischen 5 und 6 Uhr zu fliegen, habe Klarheit geschaffen. Andernfalls hätten die Airlines ihre Expansionspläne in dem Maße kaum umgesetzt, und die starke Sogwirkung auf inländische und ausländische Investoren wäre ausgeblieben.
R.W.