Die große Erfindung der Frau Bentz

Die Espressomaschine scheint heutzutage der Goldstandard in Sachen Kaffeezubereitung zu sein. Jeder, der auf sich hält, nennt einen derartigen Apparat sein eigen. Doch sind die Gäste aus dem Haus, halten viele der guten alten Filtertüte die Treue. „Es geht einfach schneller und schmeckt“, so die Meinung der Filterkaffeefreunde.

Melitta Bentz entwickelte vor über 100 Jahren den Kaffeefilter [Foto: © Melitta]

Kaum einer weiß, dass der Kaffeefilter einst im sächsischen Dresden erfunden worden war. Melitta Bentz war es, die 1908 mit ihrer revolutionären Idee in die Kaffeegeschichte einging. Die Tochter eines Buchhändlers durchbohrte einen Messingtopf und legte ein Löschblatt aus dem Schulheft ihres Sohnes ein, so dass der Kaffeesatz im Filter hängen blieb. Das Löschpapier erwies sich auf die Dauer als wenig geeignet, da die Durchlaufgeschwindigkeit zu wünschen übrig ließ. Die Hausfrau tüftelte weiter und ließ einen 13 Zentimeter hohen Zylinder zusammen schweißen, in den ein Rundfilterpapier einzulegen war. Dabei kam ihr zugute, dass ihr Mann Hugo Bentz ein Haushaltswarengeschäft betrieb und den Wert der Erfindung sofort erkannte. Stolz meldete sie ihre Erfindung beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin an. Diese wurde schließlich am 8. Juli 1908 auf Seite 1145 der Patentblätter registriert. Melitta Bentz bekam somit Gebrauchsmusterschutz für ihren „Kaffeefilter mit auf der Unterseite gewölbtem und mit Vertiefung versehenen Boden sowie mit schräg gerichteten Durchflusslöchern“ und dazugehörigem „Filtrierpapier“.
Damit war die Grundlage für eine überaus erfolgreiche Unternehmensgründung gelegt. Schon im Dezember 1908 war die Firma im Dresdner Handelsregister eingetragen. Ort der Filter-Fabrikation, die anfangs in Handarbeit erfolgte, war erst einmal ein großes Zimmer in ihrer Wohnung.

Geht schneller und schmeckt, finden die Filter-Kaffee-Freunde. Melitta war geradezu eine revolutionäre Erfindung [Fotos: © Melitta]


Der Melitta-Filtrierapparat sollte zur Erfolgsgeschichte werden. Zwei Jahre nach der Anmeldung beim Patentamt bekam die Geschäftsfrau Melitta Bentz für ihre Innovation auf der Internationalen Hygieneausstellung goldene und silberne Medaillen. Der Bedarf an Kaffeefiltern stieg kontinuierlich, so dass die Firma immer wieder expandieren musste. 1915 wurde ein Produktionsgebäude mit 200 Quadratmetern Fläche bezogen. 15 Mitarbeiter fanden hier Arbeit. Schon fünf Jahre später wurde jedoch auch diese Produktionsstätte zu klein, und man zog um in eine Fabrik der vierfachen Größe. Doch auch hier musste bald wieder angebaut werden.
Waren die Filter anfangs preisgünstig aus Aluminium gefertigt, kamen für den gehobenen Anspruch später solche aus Porzellan beziehungsweise Keramik dazu. Diese stellte man allerdings nicht selbst her, sondern gab sie in Auftrag. Bis Mitte der 1920er Jahre war das Unternehmen schon so erfolgreich, dass man sich vor Nachahmern schützen musste. Das Original erkannte man von da ab an der rot-grünen Verpackung, die noch heute bei Melitta üblich ist.
1927 wurde das Dresdner Betriebsgelände endgültig zu klein. In der Elbmetropole fand man nichts Passendes mehr und entschied sich 1929 für einen Umzug ins westfälische Minden. Warum gerade Minden? Als das Ehepaar Bentz von Dresden zu seinem Papierlieferanten ins Rheinland reiste, übernachtete es immer in der ostwestfälischen Stadt. Bei einem ihrer Aufenthalte haben sie von der leerstehenden Fabrik erfahren. Begünstigend kam hinzu, dass im kleinen Minden die Gewerbesteuer nicht so zu Buche schlug wie in Dresden.
1937 gelang der Firma Melitta noch einmal eine wegweisende Erfindung. Die Filtertüte, wie wir sie heute noch benutzen, wurde geboren. Ein Klassiker, der internationale Verbreitung fand und heute so selbstverständlich ist, als hätte es ihn schon immer gegeben. Melitta Bentz, mit der alles angefangen hatte, starb am 29. Juni 1950 im Alter von 77 Jahren in Niedersachsen. Der Name „Melitta“ ist zu einem bedeutenden Markenzeichen rund um den Kaffee geworden. Heute hat die weltweit agierende Unternehmensgruppe etwa 3000 Beschäftigte und hat sich darüber hinaus noch andere Geschäftsfelder erschlossen.

Karen Schröder

49 - Winter 2011/12