In wenigen Wochen wird der neue Flughafen Berlin-Brandenburg als modernster Airport Europas eröffnen. Bevor von dort aus am 3. Juni die ersten Linienmaschinen starten können, laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.
Im Flughafengebäude herrscht reger Betrieb. Reisende geben ihr Gepäck ab, stehen am Bordkartendrucker oder checken ein. Auf den Anzeigetafeln flimmern die Destinationen. Es herrscht Flughafenatmosphäre. Doch alles erinnert eher an eine seltsame Inszenierung. Die Passagiere haben einheitliche Westen an und agieren merkwürdig ferngesteuert. Und wer nach draußen schaut, stellt fest, dass kein einziges Flugzeug startet oder landet. So erlebt man den neuen Flughafen Berlin-Brandenburg im Probebetrieb wenige Wochen vor seiner Eröffnung am 3. Juni. Nach dem sogenannten 17-tägigen Basis-Probebetrieb spielen seit Februar zusätzlich zehntausend Berliner und Brandenburger als Komparsen täglich zweimal die Rolle der zukünftigen Passagiere, vom Check-in über die Sicherheitskontrollen bis zum Boarding. Bis Mitte Mai sind die Tests vorgesehen. Neben den klassischen Betriebsabläufen werden auch Störfälle simuliert, um dem realistischen Flugbetrieb so nahe wie möglich zu kommen.
Im April beginnt bereits das Umzugsszenario. Das heißt, damit die Flughäfen Tegel und Schönefeld zum BER verschmelzen können, ist ein groß angelegtes Logistikprogramm zu absolvieren. Zunächst koordiniert die Umzugsleitstelle rund 190 Flughafennutzer: Räume werden eingerichtet, Büros bezogen, Läden ausstaffiert und erste Geräte und Anlagen transportiert. Bis in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni eine gigantische Umzugslawine von Tegel aus in Form von Feuerwehrfahrzeugen, Schleppern und Spezialfahrzeugen in Richtung BER rollt. Dafür werden sechshundert Lkw-Transporte über die Stadtautobahn geleitet, die dann für Stunden für den normalen Verkehr einseitig gesperrt sein wird.
Die Erwartungen an den neuen Flughafen sind groß. „Mit der Eröffnung des Flughafens Berlin-Brandenburg beginnt für die Hauptstadtregion eine neue Ära“, so Flughafen-Chef Prof. Rainer Schwarz. Bereits 2011 stieg die Zahl der Passagiere in Tegel und Schönefeld über die 24-Millionen-Marke. Damit verzeichneten die beiden Airports das stärkste Wachstum aller deutschen Flughäfen. Lediglich die Umsteigeverbindungen liegen noch hinter denen von Frankfurt und München. Mit den neuen Langstrecken werde sich das ändern, ist sich Schwarz sicher. Denn die Fluggesellschaften wollen ihr Streckenangebot mit Eröffnung des BER deutlich ausbauen: 172 Ziele in 50 Ländern werden mit 75 Airlines angeflogen.
Für einen kontinuierlichen Ausbau des Streckennetzes wird vor allem auch Air Berlin sorgen. Seit 20. März Mitglied in der Luftverkehrsallianz oneworld, werden beispielsweise im Mai Erstflüge nach Los Angeles und Windhoek starten. Insgesamt rechnet Air Berlin mit 720 Abflügen pro Woche. Auch die Lufthansa wird 32 neue Ziele ab BER anfliegen und ihre Berlin-Flotte vergrößern. Damit wachsen ihre Abflüge um fünfzig Prozent. So setzen allein die Berliner Marktführer Air Berlin, Lufthansa und EasyJet, die etwa achtzig Prozent des Flugverkehrs ausmachen, ganz klar auf Wachstum. Ebenso werden aber auch weitere Airlines wie Condor, die ihr gesamtes Flugprogramm aus Leipzig nach Berlin verlagert, Norwegian und Turkish Airlines ihre Flugangebote erweitern. „Nicht nur das Angebot der Strecken wird erhöht, zahlreiche Airlines erhöhen auch ihre Flugfrequenzen“, so Schwarz, der darin die Voraussetzung für den weiteren Aufbau von Drehkreuz-Strukturen sieht. Zudem biete der neue Flughafen das Potential, als einziger europäischer Airport seine Luftverkehrskapazitäten fast verdoppeln zu können.
Für alle Berliner und Brandenburger wird es am 12. und 13. Mai ein Publikumswochenende geben. Die letzte Gelegenheit für einen Spaziergang rund um das neue Terminal. Am 24. Mai ist offizielle Eröffnung des Flughafens, der den Namen „Willy Brandt“ trägt, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit und dem Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg Matthias Platzeck.
R.W.
Countdown Clock
Noch ... Tage bis zum Start von BER [Foto: Berlin vis-à-vis]
Wenn am 3. Juni morgens um 5.30 Uhr der Riesen-Airbus A380 „Berlin“ der Lufthansa als erstes Flugzeug von der Südbahn des neuen Hauptstadt-Airports abhebt, wird die Uhr im Berliner Botschaftsviertel auf „0“ heruntergelaufen sein. Bisher war die „Countdown Clock“ im Botschaftsgarten ein reines Erinnerungsstück an die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent. „Ich freue mich, dass Lufthansa die Idee hatte, ihr für ein wirklich würdiges Projekt neues Leben einzuhauchen“, betont Südafrikas Botschafter Makhenkesi Arnold Stofile. Aus Lufthansa-Sicht hatte die ungewöhnliche „Countdown-Allianz“ mit der Botschaft der Republik Südafrika ganz pragmatische, aber auch ideelle Gründe, wie Thomas Kropp, Bevollmächtigter des Lufthansa-Vorstands für Berlin, unterstreicht: Tagtäglich passieren tausende Berufspendler, aber auch zahllose Linien- und Touristenbusse das Botschaftsviertel am Rande des Tiergartens im Zentrum Berlins. „Einen besseren Platz für eine Countdown-Uhr kann man kaum finden“, so Kropp.