Schätzungen zufolge spielen nicht einmal die Hälfte der Golfer mit den richtigen Schlägern. Beim Golfschläger-Fitting geht es darum, vor dem Kauf die genauen Spezifikationen der richtigen Schläger zu bestimmen. Michael Zieseniss ist Clubfitting-Experte, und in seiner Tätigkeit als Jugendwart in einem Hamburger Golfclub kennt er die Problematik um die Frage nach geeigneten Kinder- und Jugendschlägern. Zu seinen Kunden zählen mittlerweile sowohl Anfänger als auch Spieler der European Tour. Berlin vis-à-vis spricht mit dem 46-jährigen Golfer und Fitting-Fachmann aus dem Norden in der Nähe von Lüneburg.
Herr Zieseniss, Sie spielen selbst erfolgreich Golf. Hätten Sie sich rückblickend als Anfänger angepasste Schläger gewünscht?
Als Anfänger nimmt man Unterschiede im Material kaum wahr. Ob meine ersten Schläger damals gut waren oder nicht, kann ich nicht mehr so genau sagen. Eines weiß ich aber heute sicher: Um mit Spaß erfolgreich Golf spielen zu können, sollte man seiner natürlichen Bewegung freien Lauf lassen können. Muss sich ein Spieler erst seinem Material anpassen, um wiederholbare Schläge hinzubekommen, ist das Material ungeeignet und macht die Sache unnötig kompliziert und schwierig. Insofern ist ein gefitteter Schläger, der den Ball einfacher in die Luft bringt, auch für Anfänger unwillkürlich eine Erleichterung und zugleich Motivation.
Aus welchen Handicap-Klassen kommen die Leute zu Ihnen?
Vom Anfänger mit Handicap 54 bis zum ambitionierten Mannschafts- oder Tour-Spieler. Die Herangehensweise dabei ist gleichermaßen professionell, allerdings gerade beim Eisensatz sehr unterschiedlich, ebenso sind die anschließend gefertigten Präzisionsgolfschläger völlig unterschiedlich. Tour-Spieler haben sich auf das zu bewegende, gefühlte Gewicht des Schlägers eingestellt. Hier sind Lie-Winkel, Loft- und Längenabstimmung, Schaftflexibilität, Balance des Schlägers und Griffstärke die wesentlichen Faktoren. Dabei muss auch der Schlägerkopf zum individuellen Schwung passen. Bei Neueinsteigern, aber auch bei einstelligen Spielern spielt das Trägheitsmoment des Schlägers – das gefühlte Gewicht – die wesentliche Rolle. Länge des Schlägers und Kopfgewicht müssen exakt abgestimmt werden.
Wie muss man sich den Weg zum individuell angepassten Schläger vorstellen?
Bevor die Schläger in unserer eigenen Präzisionswerkstatt gefertigt werden können, vereinbaren wir ein Fitting auf der Drivingrange, um das Fitting für einen Eisensatz zu klären. Zunächst schlägt unser Kunde einige Bälle mit seinem sechser oder siebener Eisen. Durch Messung mit einem Radargerät (Trackman/Flightscope) erhalten wir wichtige Informationen, um uns an ein optimal zum Schwung passendes Eisen durch systematisches Testen heranzuarbeiten. Auf Basis dieser Daten, der Körpergröße, Athletik und Beweglichkeit suchen wir dann zunächst ein Testeisen heraus.
Und was unterscheidet Sie von anderen Clubfittern?
Ob und wie ein Schläger performt, hängt an vielen Parametern; diese gilt es separat zu betrachten und zu verändern, um so aus den jeweils optimal passenden Parametern den passenden Schläger zu formen. Verändere ich mehrere Parameter gleichzeitig, kann ich nicht sagen, warum der Schläger besser oder schlechter funktioniert. Das Trägheitsmoment des Schlägers – gefühltes Gewicht – beeinflusst maßgeblich die Schwungebenen; dies zu ermitteln, ist daher unser zentraler Ansatz. Wir nennen es konstruktives Fitting, es soll den Schwung wiederholbarer und die Bewegung homogener machen.
Wie geht es weiter zum perfekten Eisensatz?
Durch das Testen unterschiedlicher Gewichte in Verbindung mit drei unterschiedlichen Schlägerlängen ermitteln wir das optimal passende Trägheitsmoment (MOI) des Schlägers. Nun heißt es, die optimale Kopfform und den Schaft zu finden, der das beste Feedback hinterlässt. Abschließend bieten wir außerdem noch die Möglichkeit, diesen Schläger mit dem idealen Griff zu testen, der passende Lie wird anschließend ermittelt. Nach Auswertung der Ergebnisse besprechen wir, welche Eisen erforderlich sind. Je geringer die Schwunggeschwindigkeit, desto weniger Eisen sind nötig.
Wie verhält es sich mit der Fertigung?
Die Masse der Industrie- und Markenschläger wird mittlerweile in China zusammengebaut. Gewichtsunterschiede von plus-minus 6 Gramm, Schlägerlängenunterschiede von plus-minus 5 mm sowie Loft- und Lie-Abweichungen von 2,5 Grad sind keine Seltenheit. Ein mit solchen Toleranzen gefertigter Schläger hat mit den Fitting-Ergebnissen natürlich nichts gemein und belegt eindrucksvoll, dass dies nur als Marketing-Instrument eingesetzt wird. Wir fertigen selbst in eigener Werkstatt und garantieren Präzisionsfertigung in Germany.
Wer kann sich Ihre Schläger leisten?
Wir betreiben einen hohen Aufwand, um wirklich passende Golfschläger zu fitten und zu fertigen. Natürlich hängt es von den eigenen Vorlieben und der Auswahl der Köpfe und Schäfte ab. Hier gibt es große preisliche Unterschiede, aber das hat der Kunde immer selbst in der Hand. Unsere hochwertigen Eisen beginnen bei 150 Euro, ein in Japan geschmiedetes Eisen bei 240 Euro. Unser High-End Eisen beginnt bei 320 Euro.
Wie groß ist die Nachfrage?
Die Idee ist am Golfmarkt angekommen. Unsere Kunden empfehlen uns weiter und ermöglichen uns dadurch wertvolle neue Kontakte. Es kommen mittlerweile Spieler von weither zum Fitting, die früher teilweise sogar Sponsoren-Schläger von durchaus bekannten Marken gespielt haben. Qualität setzt sich durch.
Danke für das Gespräch.
www.clubfactory.de