Der Duft von wildem Thymian

Ob neues Naturbewusstsein oder neue Alternative: Das Kräutersammeln erfreut sich wachsender Beliebtheit. Ab April geht es los.

Unbemerkt am Wegesrand oder liebevoll auf dem Balkon gezogen: Im Frühling sprießen die Kräuter. Viele von ihnen schmecken jung am besten. Ohne dass wir lange suchen müssen, wachsen sie uns zu.

Wie wäre es zum Beispiel mit einem Frühlingssalat aus Gänseblümchen, Breitwegerich und Vogelmiere?

Bekömmlicher als ein auf gedüngtem Substrat gezogener Salat ist er allemal. Manche Kulturpflanze lässt sich auch mit Wildpflanzen mischen. Ein Spinatgericht beispielsweise kann man zur Hälfte mit Brennnesselblättern auffüllen.
Kristin Peters ist promovierte Agrarwissenschaftlerin und organisiert von April bis Oktober Kräuterwanderungen.

„Aber im Frühjahr haben die Kräuter eine besonders entschlackende und erfrischende Wirkung“, erzählt die Pflanzenheilkundlerin und zählt die essbaren Wildkräuter auf, die häufig zu finden sind: Löwenzahn, Schafgarbe, Sauerampfer, Gänseblümchen, Brennnessel und Giersch. Vielen von uns als Unkräuter bekannt, das aber sei ein Missverständnis. Ungefähr 20 essbare Kräuter ließen sich im Berliner Umland finden. Darunter sind viele Pflanzen, die noch gar nicht genutzt werden.

Gern werden beim Griechen gefüllte Weinblätter bestellt, doch auch junge Huflattichblätter können eine gute Alternative sein, wenn man Rouladen selbst zubereiten möchte.

Mit dem würzigen Wiesenbärenklau lassen sich Gemüse- und Kartoffelgerichte zaubern. Bärenklau-Kartof­felpüree wäre so eine Idee.

„Wer auf Wildkräutersuche gehen will, sollte aber einiges beachten“, sagt die Kräuterexpertin. Am besten solle man ein Pflanzenbestimmungsbuch dabeihaben und nur die Pflanzen nehmen, bei denen man sich sicher sei. Der essbare Wiesenkerbel und der hoch giftige Wasserschierling zum Beispiel sehen sich zum Verwechseln ähnlich, weshalb man sicherheitshalber auch auf ersteren verzichten sollte.

Zwei andere ähnlich gelagerte Fälle sind das Maiglöckchen und der Bärlauch. Reibt man allerdings ein Bärlauch-Blatt zwischen den Fingern, dann ist der Geruch ein untrügliches Unterscheidungsmerkmal. Überhaupt kann man der Nase fast immer vertrauen.

Es gibt eigentlich kein genießbares Wildkraut, das dem Geruchssinn total zuwider ist. Hier kann man lernen, sich wieder von seiner Nase leiten zu lassen. Eine Freude für den Geruchssinn ist beispielsweise der wilde Thymian, auch als Quendel bekannt. In Brandenburg findet man ihn auf vielen trockenen Standorten. „Überhaupt ist das der Vorteil unserer Gegend“, sagt Kristin Peters, „dass es so viele ungenutzte Flächen gibt.“ Das sei anderswo bei weitem nicht so häufig.

Wichtig ist nämlich, die Kräuter möglichst an unbelasteten Stellen zu pflücken. Also nicht unbedingt neben einer viel befahrenen Landstraße oder einem stark gedüngten Feld.

Sind Insekten und Schmetterlinge zahlreich auf den Blüten unterwegs, dann ist das Ökosystem mit hoher Wahrscheinlichkeit intakt. Möglichst sollten Sie die Pflanzen in einem Korb sammeln. Plastiktüten sind ungeeignet.

Nur Brunnenkresse, die allerdings mittlerweile selten ist, braucht das Wasser auch beim Transport, um frisch zu bleiben.

Gesammelt werden die jungen Triebe zwischen März und Mai. An klaren Quellen, langsam fließenden Gewässern und in Gräben. Ideal geeignet ist die Brunnenkresse für einen gesunden würzigen Quark-Aufstrich.

Von der Brennnessel hat man schon wahre Wundergeschichten gehört, die wenigsten allerdings wissen, dass auch die weiße und rote Taubnessel bestens für viele Rezepte geeignet ist.

Wildkräuter können unserem Körper geben, was er gerade im Frühjahr braucht: wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Deshalb sind die Wald- und Wiesenpflanzen auch für „Frühjahrskuren“ bestens geeignet.


Karen Schröder
 

50 - Frühjahr 2012