Der neue Mann

Friedrich W. Niemann ist Generaldirektor des Waldorf Astoria, das demnächst im neuen Zoofenster in der einstigen Schmuddelecke der Stadt ein neues Glanzlicht setzen soll. Im Interview spricht er über Disziplin und Leidenschaft.

Was für ein Jahr für Friedrich W. Niemann! Im Januar hat er seinen 50. Geburtstag gefeiert, und noch im Frühjahr wird er als neu berufener Generaldirektor das Luxushotel „Waldorf Astoria Berlin“ eröffnen.

Niemanns steile Karriere nahm im Bristol Kempinski in Berlin ihren Lauf. Danach leitete er das Dresdener Taschenberg-Palais und den Leipziger Fürstenhof. Anschließend wechselte er von der Kempinski-Gruppe zu Hilton, führte in Bulgarien das Hilton Sofia und fünf Jahre lang in Rumänien das Bukarest Hilton. Nun also Rückkehr in die deutsche Hauptstadt. Ist es eine Heimkehr? „Nein. Ich bin in Köln geboren, in Westfalen aufgewachsen, fand Berlin aber immer faszinierend“, sagt Niemann. Er sieht blendend aus und wirkt mit seinen zwei Metern wie der Prototyp eines preußischen Gardeoffiziers. Das lacht er weg, bekennt aber: „Wir sind schon eine sehr preußische Familie. Mein Vater war Offizier.“ Disziplin ist ihm sozusagen angeboren. Sehr hilfreich in seiner Position, die keine geregelten Arbeitszeiten kennt. Dieser Beruf kann einen Menschen auffressen. Niemann sieht das gelassen. Er sagt: „Man muss den Beruf lieben, und man muss seine Zeit entsprechend einteilen.“ Auf die Frage, ob er verheiratet sei, flachst er: „Nein. Keine Zeit, kein Geld! Ich bin meine eigene Familie. Es ist für mich keine Verpflichtung, ledig zu bleiben, doch es macht vieles leichter.“

Körperlich fit hält er sich im Sport-Studio, das er zwei- bis dreimaln wöchentlich besucht. Niemann spricht gerne Klartext und erläutert: „Im Studio sagt mir mein Fitness-Trainer, was richtig oder falsch ist. Nicht nur an den Geräten und bei der Ernährung, sondern auch in Bezug auf Getränke. Beim ‚Diensttrinken‘, wie ich das nenne, muss man ja nicht zwingend zum Alkoholiker werden. Man muss eben achtgeben. Im Urlaub fahre ich gerne in die Berge, laufe Ski und wandere. Als ich in Rumänien war, habe ich fast jeden Karpaten-Gipfel erklommen.“

An Rumänien hängt noch heute sein Herz. „Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt und viele Freunde gefunden“, sagt er. „Aber ich habe dort auch erkannt, wie dringend das arme Land Hilfe braucht. Seit meiner Zeit in Bukarest unterstütze ich eine Organisation, die sich darum kümmert, dass jedes Kind eine Schulausbildung bekommt.“

Bei aller beruflichen Belastung sorgt er dafür, nicht zum „Fachidioten“ zu werden. „Ich habe mir vorgenommen, wenn ich am Wochenende in Berlin bin, auf alle Fälle eine der vielen kulturellen Einrichtungen zu nutzen, die sich hier bieten. Das kann ein Museum sein, ein Theater, eine Oper, eine Ausstellung oder einfach auch ein Kino. Außerdem lese ich viel und schreibe selbst auch gerne. Schon seit meiner Studienzeit verfasse ich Fachpublikationen und Reiseberichte. In Bukarest habe ich die Arbeit an zwei Büchern begonnen. Das eine ist ein Roman, das andere eine Art Reiseführer. Momentan befinde ich mich jedoch in einer kreativen Pause, weil mich ein anderes Projekt, die große Eröffnung des ‚Waldorf Astoria Berlin‘, total mit Beschlag belegt.“

Auf dem Karrieregipfel im Rampenlicht: Kommen da Hochgefühle auf? „Ich bin zufrieden, wie‘s ist“, antwortet er. Niemann legt großen Wert auf Bodenhaftung.

Gudrun Gloth

 

50 - Frühjahr 2012